Zudem erhöht die Finanz- und Sozialpolitik ihre expansiven Impulse, nicht zuletzt aufgrund der im Zusammenhang mit der Flüchtlingsmigration deutlich steigenden staatlichen Konsumausgaben und Transfers. Während die Bauinvestitionen im Prognosezeitraum wieder stärker expandieren dürften, werden die Ausrüstungsinvestitionen ungeachtet der günstigen Finanzierungsbedingungen nur verhalten zulegen.
Da die Importe angesichts der erwarteten kräftigen Inlandsnachfrage stärker steigen werden als die Exporte, kommen vom Außenhandel nahezu keine Impulse.
Lage der deutschen Wirtschaft
In Deutschland ist die gesamtwirtschaftliche Produktion im bisherigen Jahresverlauf ohne größere Schwankungen moderat gestiegen. In den ersten drei Quartalen expandierte das reale Bruttoinlandsprodukt mit einer Jahresrate von 1,5%. Getragen wurde der moderate Konjunkturaufschwung von der Binnennachfrage und hier zum überwiegenden Teil vom Konsum. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte expandierten in den ersten neun Monaten in nahezu gleichem Tempo wie das reale Bruttoinlandsprodukt, befördert von höheren Realeinkommen sowie der Ausweitung der Beschäftigung. Zuletzt kamen Impulse vom Kaufkraftplus aufgrund der neuerlich sinkenden Rohölpreise und auch von der Flüchtlingsmigration. Der massive Zustrom von Asylsuchenden schlug sich im dritten Quartal außerdem in einem deutlichen Anstieg der Konsumausgaben des Staates nieder. Mehr aufgewendet werden musste etwa für die Bereitstellung von Unterkünften und für soziale Sachleistungen. Im Vergleich zum Konsum verlief die Investitionskonjunktur im Jahr 2015 im Großen und Ganzen enttäuschend, der im Winterhalbjahr scheinbar auf Touren gekommene Investitionsmotor kam wieder ins Stottern. Die Investitionen in Ausrüstungen waren, nach starkem Jahresauftakt, im Sommer rückläufig; angesichts der schwachen Auftragseingänge insbesondere auch aus dem außereuropäischen Ausland sahen die Unternehmen für Erweiterungsinvestitionen keinen Anlass. Die Bauinvestitionen rutschten sogar, nach witterungsbedingt gleichfalls gutem Start, bereits im Frühjahr ins Minus. Schließlich wurde auch vom Außenhandel die gesamtwirtschaftliche Entwicklung gebremst: Abgesehen von einem temporären Plus im zweiten Quartal war der Beitrag des Außenhandels zur Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 negativ, dies gilt vor allem für das dritte Quartal 2015. So haben die Exporte nicht zuletzt aufgrund der Schwäche wichtiger Schwellenländer nahezu stagniert, während die Importe von Waren und Energie im Gefolge der lebhaften Konsumkonjunktur
und niedrigerer Rohölpreise recht dynamisch gestiegen sind. Bei alledem blieb die Arbeitsnachfrage trotz der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns recht hoch, die Erwerbstätigenzahl lag saisonbereinigt im Oktober um 345 000 Personen über dem Stand von Dezember 2014. Zugleich hat die Arbeitslosigkeit weiter abgenommen. Die Flüchtlingsmigration ist erwartungsgemäß noch nicht in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt angekommen.
Ausblick für die deutsche Wirtschaft
Im weiteren Verlauf wird sich der Aufschwung fortsetzen. Maßgeblich hierfür sind die weiterhin günstigen Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft. Die Geldpolitik wirkt außergewöhnlich expansiv, und die Kapitalmarkt- sowie Kreditzinsen dürften im Prognosezeitraum niedrig bleiben. Die Finanzierungsbedingungen
für neue Unternehmens- und Bauinvestitionen sind damit äußerst vorteilhaft. Zudem erhöht die Finanz- und Sozialpolitik ihre expansiven Impulse, nicht zuletzt aufgrund der im Zusammenhang mit der Flüchtlingsmigration deutlich steigenden staatlichen Konsumausgaben und Transfers. Schließlich hat sich durch die erneut gesunkenen Rohölpreise der Ausgabenspielraum der Verbraucher erhöht. Auch deshalb dürfte der private Konsum weiterhin die
Stütze des Aufschwungs bleiben, der zudem durch steigende Arbeits- und Transfereinkommen und eine per Saldo sinkende Steuer- und Abgabenbelastung der Haushalte befördert wird. Die Bauinvestitionen dürften im Prognosezeitraum wieder stärker steigen. Hingegen werden die Ausrüstungsinvestitionen ungeachtet der günstigen Finanzierungsbedingungen nur verhalten zulegen. Zum einen bleiben die Kapazitäten weitgehend normal ausgelastet, zum anderen expandiert auch die Exportindustrie nur in moderatem Tempo. Zwar werden die Ausfuhren bis Mitte nächsten Jahres beschleunigt steigen, da die Konjunktur in den wichtigsten Handelspartnerländern, ebenfalls begünstigt durch die niedrigen Energiepreise, anzieht. Zudem dürften die Auswirkungen der starken Euro-Abwertung im Jahr 2015 bis ins kommende Jahr hinein zu spüren sein. Allerdings bleiben die weltwirtschaftliche Expansion und damit die durchschnittlichen Zuwachsraten deutscher Ausfuhren weit hinter denen früherer Aufschwünge zurück. Da die Importe angesichts der erwarteten kräftigen Inlandsnachfrage stärker zulegen werden als die Exporte, kommen die Impulse im Jahr 2016 vor allem von der Binnenwirtschaft und nicht vom Außenhandel.
Im übernächsten Jahr dürften sämtliche Impulse weitgehend ausgelaufen sein. Lediglich die realen Konsumausgaben des Staates werden wohl weiterhin überdurchschnittlich sein, da sich annahmegemäß die Zuwanderung Asylsuchender – wenn auch in abgeschwächtem Tempo – fortsetzen wird und sich die Auswirkungen der Flüchtlingsmigration erst mit großer Verzögerung am Arbeitsmarkt zeigen werden. Insgesamt dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2015 um 1,7% expandieren. Im kommenden Jahr steigt das Expansionstempo der gesamtwirtschaftlichen Produktion voraussichtlich auf 1,9%, wozu die flüchtlingsgetriebene
Mehrnachfrage maßgeblich beiträgt. Im Jahr 2017 dürfte die Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts im Jahresdurchschnitt wieder auf 1,7% zurückgehen. Die Verbraucherpreise dürften im laufenden Jahr um 0,3% steigen, dämpfend wirkt vor allem der Rückgang der Energiepreise. Im kommenden Jahr gehen von den Rohölnotierungen annahmegemäß keine preisdämpfenden Impulse mehr aus, zudem verstärkt sich allmählich der hausgemachte Preisauftrieb. Im Jahresdurchschnitt 2016 wird sich das Verbraucherpreisniveau voraussichtlich um 1,0% erhöhen, im Jahresdurchschnitt 2017 um 1,5%. Das gesamtstaatliche Budget dürfte im Jahr 2015 einen Überschuss in Höhe von rund 31 Mrd. Euro (1% des Bruttoinlandsprodukts) ausweisen. In den beiden kommenden Jahren dürfte sich der Finanzierungssaldo deutlich infolge der mit der Flüchtlingsmigration verbundenen Mehraufwendungen ermäßigen; im Jahr 2016 dürfte er auf 12 Mrd. Euro (0,4% des BIP) zurückgehen, bevor er im Jahr 2017 weitgehend ausgeglichen sein wird. Die staatliche Bruttoschuldenquote wird voraussichtlich von rund 71% Ende 2015 auf 66% Ende 2017 sinken.