Investmentfonds

Aktueller Blick auf die Märkte: „Die Angst vor dem R-Wort“

Nachdem die Aktienmärkte in der zweiten Januarhälfte einen Teil ihrer Verluste aufholen konnten, sind sie schwach in den Februar gestartet. Dies ist insofern bemerkenswert, als es von der chinesischen Konjunktur und vom Ölpreis, zwei der wesentlichen Ursachen für den ruppigen Jahresstart, zuletzt kaum mehr negative Nachrichten gab.

Dr. Martin Lück, BlackRock

Der Ölpreis hat sich sogar über den Verlauf der letzten Woche auf einem Niveau von rund 25% oberhalb des in der vorvergangenen Woche verzeichneten Tiefs gehalten, bei gut 34 US-Dollar für ein Fass der Sorte Brent. Was also war es diesmal, das den Märkten letzte Woche so gründlich die Stimmung verhagelt hat.

Beginnen wir mit einem Erklärungsversuch. Die Woche startete mit durchwachsenen Vorgaben aus China, wo der Einkaufsmanagerindex für die Industrie weiter unter die 50er-Schwelle absank und der stark beachtete Caixin-Index trotz minimaler Steigerung auch im Schrumpfungsbereich verharrte. In einer insgesamt verunsicherten Marktverfassung half es dann wenig, dass der ISM-Index für die US-Industrie kaum verändert bei schwachen 48,2 Punkten hereinkam. Ebenfalls ein Niveau, das auf milden Output-Rückgang im verarbeitenden Gewerbe der größten Volkswirtschaft der Welt hinweist. In diesem Umfeld wurde dann der eigentlich gar nicht spektakuläre Index für den Dienstleistungsbereich, der sich im Januar um einen halben Punkt abschwächte, als Signal dafür gewertet, dass die sich abzeichnende Industrierezession in den USA auf die Gesamtwirtschaft übergreife. Der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar von unter 1,10 im weiteren Wochenverlauf auf über 1,12 auf, die Aktienmärkte gingen auf Tauchstation.

Es ist offensichtlich, dass in der gegenwärtigen Marktverfassung auch kleine Enttäuschungen an der Datenfront gelegentlich scharfe Marktreaktionen zur Folge haben. Verständlich ist dies zudem, wenn es um die US-Volkswirtschaft geht, von der man bisher angenommen hatte, dass sie in diesem Jahr recht komfortabel – d.h. in einer Größenordnung von etwa 2,5% – wachsen und damit die erwartete Abschwächung in China zu einem Gutteil kompensieren würde. Nur ist natürlich ein Datenpunkt beim Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungsbereich viel zu wenig, um daraus Rezessionssorgen abzuleiten. Außerdem blieb der Index, nach seiner Abschwächung um 0,5 Punkte im Januar, mit einem Niveau von 53,2 klar im Wachstumsbereich – kaum Anlass für übermäßigen Pessimismus. Nichtsdestotrotz war die Marktreaktion bei Währung und Aktien einhellig.

Ob sich die USA wirklich auf dem Weg in die Rezession befinden (wovon wir nicht ausgehen), wird erst klarer an den Datenpunkten der nächsten Monate abzulesen sein. Zumindest hat am Freitag der Markt auf die Veröffentlichung der Beschäftigungszahlen trotz enttäuschend weniger neu geschaffener Jobs außerhalb der Landwirtschaft (151.000 statt erwarteter 190.000) nach anfänglichem Schreck entspannt reagiert. Der Dollar legte auf die Nachricht, dass die Arbeitslosenquote weiter auf nun 4.9% gefallen ist und sich die Löhne stärker als erwartet entwickelten (plus 0.5% statt wie erwartet 0.3%), gegenüber dem Euro innerhalb weniger Minuten um rund einen Cent zu.

Was bedeutet das für Anleger?

In der an Makrodaten eher armen Woche wird sich die Aufmerksamkeit vermutlich auf die amerikanischen Einzelhandelsumsätze am Freitag konzentrieren. Nach einem Rückgang um 0.1% im Dezember setzt der Marktkonsens auf einen Zuwachs von 0.2% im Januar. Kämen diese Daten tatsächlich so oder besser herein, wäre dies ein hoch willkommener Hinweis darauf, dass in der konsumgetriebenen US-Volkswirtschaft doch keine Rezession ins Haus steht. Eine vollständige Entwarnung wäre es selbstverständlich nicht.

Die Marktteilnehmer haben angesichts amerikanischer Schwächezeichen mittlerweile die Erwartung weiterer Zinsschritte der Fed in diesem Jahr vollständig ausgepreist. Dies steht in markanten Gegensatz zu den „Fed Dots“, den in eine Punktegrafik gegossenen Erwartungen der Fed-Gouverneure, aus denen sage und schreibe vier Zinsschritte hervorgehen. Eine Seite wird hier wohl nachgeben müssen, und das wird vermutlich nicht die Marktseite sein. Gut möglich also, dass die Fed im März noch einmal einen Zinsschritt wagt, um im gleichen Zuge anzukündigen, für den Rest des Jahres langsamer voranzuschreiten. Die Datenlage der nächsten Wochen und vor allem die Kommunikation der Fed-Offiziellen werden Aufschluss darüber geben, ob dies ein realistisches Szenario für die Strategie der US-Notenbank ist.

Von Dr. Martin Lück, Chief Investment Strategist für Deutschland, Österreich und Osteuropa, BlackRock

print

Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

25 Jahre Mein Geld
Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

-
Welche Neuerungen gibt es zum BAV-Geschäft?

Im bAV Geschäft gibt es immer wieder neue Trends und verbesserte Tarife. Was können Berater und Vermittler für 202472025 erwarten?

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 03 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben