ETFs sind passive Produkte, bei denen die Titel des abgebildeten Index gekauft werden, ohne eine Analyse der Wachstumsaussichten, Bewertung oder Ertragskraft der einzelnen Papiere durchzuführen. Doch effiziente Wertpapiermärkte sollen alle den Investoren zur Verfügung stehenden Informationen widerspiegeln. Daher ist es fraglich, wie diese eingepreist werden sollen, wenn Investitionen ohne Analysen getätigt werden.
Allerdings gibt es neben den Anlegern, die mit Hilfe von börsengehandelten Indexfonds die Märkte passiv abbilden, auch Investoren, die einen hohen Analyseaufwand betreiben und extrem aktiv an den Märkten handeln. Diese aktiven Investoren wollen durch ihre Analysen Chancen identifizieren, die sie nutzen können, um die breiten Marktindizes zu schlagen. Diese aktiven Anleger stellen an den Märkten das Gegengewicht zu den passiven Anlegern.
Ein weiterer Punkt, den man bei der Diskussion um die Effizienz der Märkte beachten muß, ist das verwaltete Volumen. In ETFs sind weniger als zehn Prozent des Geldes, das in Investmentfonds verwaltetet wird, angelegt. Trotz des Siegeszuges der ETFs in den vergangenen Jahren wird auch künftig die Mehrheit der professionell gemanagten Vermögen aktiv verwaltet werden. Aus dieser Warte heraus bin ich mir sicher, das der Anteil der passiv verwalteten Gelder noch deutlich ansteigen muß, bevor sich hieraus eine Gefahr für die Effizienz der Märkte entwickeln kann.
Auf der anderen Seite glaube ich, dass sich gerade die sehr aktiven Manager in einem Umfeld, in dem ein hoher Prozentsatz des Geldes passiv investiert ist, beweisen könnten und entsprechend attraktive Mehrerträge erzielen würden. Die Verlierer einer solchen Entwicklung wären meiner Ansicht nach Fonds, die nach außen hin als aktiv gemanagt dargestellt werden, im Management aber nur geringe Abweichungen zu ihren Vergleichsmaßstäben zulassen. Somit würde sich die derzeitige Diskussion um die sogenannten Closet-Trackers in einem solchen Umfeld wahrscheinlich von selbst erledigen, da die Ertragsprofile der entsprechenden Fonds im Vergleich wahrscheinlich sehr unattraktiv wären. Die unterdurchschnittliche Wertentwicklung sollte in der Folge zu Mittelabflüssen führen sollte.
Ein Punkt, der bei der Diskussion von Markteffizienz und ETFs oft übersehen wird ist, dass börsennotierte Indexfonds die Märkte mit Liquidität versorgen. Denn das in diesen Fonds verwaltete Vermögen muss in die Märkte investiert werden. Dies geschieht entweder direkt durch die Fonds, falls diese die Indexpapiere im Portfolio halten. Oder es passiert – im Falle derivatebasierter ETFs – über die Kontrahenten der Anbieter, da diese ihre offenen Positionen absichern müssen. Die so bereitgestellte Liquidität in den Indextiteln erhöht, wenn auch nur bis zu einem gewissen Punkt, die Effizienz der Märkte. Hinzu kommt das ETFs mit Hilfe von faktorbasierten Indizes, die sogenannten Smat-Beta-Indizes, einige Marktineffizienzen systematisch ausbeuten und diese als sogenannte Arbitrageure verringern, beziehungsweise eliminieren.
Das die Märkte trotz steigender Volumen in passiven Anlageprodukten effizient sind, zeigt sich auch in der Tatsache, das zwar vergleichsweise viele aktive Manager in der Lage, sind ihre Vergleichsmaßstäbe in einzelnen Jahren zu schlagen, langfristig aber daran scheitern eine bessere Wertentwicklung als die Märkte zu erzielen. Die Gründe hierfür sind, neben den hohen Kosten für das aktive Management und den unterschiedlichen Managementstilen, insbesondere auch in der Effizienz der Märkte zu suchen.
Ich bin der Ansicht, dass aktives und passives Management zwei Seiten der gleichen Medaille sind und sich bis zu einem gewissen Punkt miteinander ergänzen. Hinzu kommt, dass ETFs immer häufiger von aktiven Portfoliomanagern eingesetzt werden, um Anlagemeinungen zu einzelnen Märkten oder Branchen schnell umzusetzen. Dadurch sind börsengehandelte Indexfonds mittlerweile selbst zu Anlageinstrumenten der aktiven Manager geworden und spiegeln deren Informationen in den Märkten wider. Deswegen stellen ETFs, meiner Meinung nach, auf absehbare Zeit keine Gefahr für die Effizienz der Kapitalmärkte dar.
Detlef Glow
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