Wirtschaft

Europa muss sich verändern!

Am 23. Juni diesen Jahres haben sich die Briten gegen den Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen und werden damit die erste Nation sein, für die sich das Hintertürchen der Europa-Bürokratie öffnet. Doch Verantwortung sucht man bei den Europa-Gegnern vergeblich:

24. Juni 2016
Noch bevor die Stimmenauszählung vollständig beendet war, teilte der bekennende Brexit-Sympathisant und Ukip-Chef Nigel Farage dem Hauptversprechen, 350 Mio. Pfund wöchentlich in das nationale Gesundheitssystem zu investieren, anstatt den Betrag nach Brüssel zu senden, eine Absage.

30. Juni 2016
Boris Johnson, Bürgermeister von London und designierter Vote-Leave Unterstützer, sagt seine Kandidatur um eine mögliche Cameron-Nachfolge ab und zieht sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurück.

14. Juli 2016
Theresa May wird Nachfolgerin des zurückgetretenen David Cameron. Das Amt des Aussenministers übernimmt – Boris Johnson. Trotz aller leeren Versprechen soll der Brexit, wenn auch mit etwas Geduld, um gesetzt werden.

Zu diesem Zeitpunkt ist der Vielzahl der Briten schon bewusst geworden, dass dieser Alleingang die Volkswirtschaft isoliert:

Wie groß dieser Schaden wäre, lässt sich nur ungefähr in Zahlen darstellen -Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft London First zum Beispiel geht in einer aktuellen Studie davon aus, dass die Kosten für den Export britischer Dienstleistungen nach Europa pro Jahr um rund 27 Milliarden Pfund steigen würden, wenn das Land nur noch nach WTO-Regeln mit dem Kontinent handelt.

Andersherum würden die Kosten für den Export europäischer Dienstleistungen nach Großbritannien um etwa umgerechnet 43,54 Milliarden Euro zulegen, prognostiziert London First. Gleichzeitig würden britische Warenexporte in die EU um 90,9 Milliarden Euro fallen, die Warenimporte aus der EU sogar um 161,3 Milliarden Euro pro Jahr zurückgehen.

Mit einem Anteil von ca. 10% an der Wirtschaftsleistung Großbritanniens ist insbesondere der Londoner Finanz- und Bankensektor von großer Bedeutung. Durch sogenannte Passporting Rights ist der europaweite Marktzutritt für Banken bisher sehr einfach gewesen, sofern sie eine Filiale in London besaßen. Dies dürfte sich mit dem EU-Austritt ändern. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere internationale Banken ihren Sitz verlagern werden, um weiterhin von dieser Freizügigkeit zu profitieren.

Vor diesem Hintergrund hat auch die US-Großbank Goldman Sachs bereits gewarnt. Ein Wegfall der Passporting Rights könnte eine Minderung des Bruttosozialprodukts von bis zu 10 Milliarden Pfund zur Folge haben.

Aber noch einmal zum US-Finanzdienstleister Goldman Sachs:

08. Juli 2016
Der frühere EU-Kommissionschef José Manuel Barroso gibt bekannt, künftig einen Manager-Posten bei der US-Investmentbank Goldman Sachs zu bekleiden. Der 60-jährige Portugiese, der von 2004 bis 2014 Präsident der Brüsseler Behörde war, soll Berater und Präsident ohne Geschäftsbereich bei Goldman Sachs werden sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Londoner Tochtergesellschaft Goldman Sachs International (GSI).

Dieser Wechsel ist kaum verwunderlich wenn man sich vor Augen führt, dass Barroso, einer der Verfechter des Euro-Rettungsschirms, doch schon den griechischen Banken zur Seite sprang, nachdem der griechische Staat Zahlungsschwierigkeiten meldete.

In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass sich die damalige griechische Regierung der Experten von Goldman Sachs bediente, bevor der Euro eingeführt wurde.

Die Investmentbanker konstruierten einen Währungs-Swap: Dieses Zins-Tausch-Geschäft erleichterte es der griechischen Regierung, die wahre Höhe der staatlichen Kreditaufnahme und des Haushaltsdefizits für einige Zeit zu verschleiern.

Da kann man sich als EU-Bürger glücklich schätzen, sich nicht mehr durch einen Politiker dieser Art vertreten lassen zu müssen. Und man kann sich glücklich schätzen, wenn die Manager von Goldman Sachs nicht mehr mit ihren Passporting Rights durch Europa reisen.

Fälle wie dieser verdeutlichen einmal mehr, warum die Bürger sich gegen die Europäische Union aussprechen. Berücksichtigt man mehr Fälle wie diesen, in denen Moral und Ethik ebenso wie die Grundwerte unserer Gesellschaft verkauft werden, ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Bürger das Vertrauen in die EU verlieren.

Nils Lennard Behrens

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