Investmentfonds

Inflation – aber nicht so wirklich

Aktueller Blick auf die Märkte von Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock.

Finanzmärkte


Die erste Kalenderwoche des neuen Jahres könnte einen Vorgeschmack geliefert haben auf das, was uns an den Finanzmärkten in 2017 womöglich in größerem Stil erwartet: Ausgelöst durch positive Konjunkturdaten legten Aktien zu, während die Zinsen kletterten. Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes in den USA und China stiegen deutlich stärker als erwartet und erreichten ein Zwei- bzw. Vierjahreshoch. Auch der US-Arbeitsmarktbericht, der mit dem stärksten Lohnzuwachs seit der Finanzkrise aufwartete, fiel ordentlich aus. Somit bleiben die Chancen für eine globale Wachstumsbeschleunigung in diesem Jahr hoch und entsprechend auch die Hoffnung auf steigende Unternehmensgewinne. Zudem trug ein starker Anstieg der Inflationsrate in der Eurozone seinen Teil zum Zinsanstieg bei. Zugegeben: Eine höhere Preissteigerungsrate war aufgrund gestiegener Energiepreise erwartet worden und dürfte daher niemanden ernsthaft überrascht haben. In Deutschland ließ der Sprung der Inflationsrate von 0,8 auf 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr dennoch einige aufhorchen. Dank einer Eurozonen-Kerninflationsrate von unter einem Prozent verbleibt jedoch weiterhin ausreichend Argumentationsspielraum für die EZB, um an ihrem Ankaufvolumen von monatlich 60 Milliarden Euro festzuhalten.

Zu den Gewinnern am Aktienmarkt zählen dieser Tage vor allem japanische Werte. Diese profitieren vom schwachen Yen, aber auch davon, dass Gewinne japanischer Unternehmen äußerst sensibel auf die erwartete Beschleunigung der globalen Konjunktur reagieren dürften. In der Vergangenheit hat ein Anstieg des realen Weltwirtschaftswachstums um einen Prozentpunkt einen Anstieg japanischer Unternehmensgewinne um rund 21 Prozent zur Folge gehabt. Zum Vergleich: Bei US-Aktien lag dieser Wert bei nur knapp fünf Prozent. Aktien-ETF-Käufe durch die japanische Notenbank und Aktienrückkäufe seitens der Unternehmen runden das derzeit konstruktive Umfeld für Aktien aus Nippon ab. Wir rechnen bis auf weiteres mit einer Fortsetzung dieses Trends.

Für besondere Aufregung hat in den ersten Tagen des neuen Jahres die Entscheidung des US- Autobauers Ford gesorgt, der auf den Neubau eines Werks in Mexiko verzichten und stattdessen in den USA investieren will. Das Unternehmen gab sich Mühe, das Kassieren der Pläne auf die zu geringe Nachfrage in den USA nach den in Mexiko produzierten Kleinwagen zu schieben – der günstige Spritpreis macht es für Autofahrer derzeit kaum notwendig, auf kleinere Fahrzeuge umzusteigen. Obwohl dies tatsächlich das Hauptmotiv gewesen sein dürfte, könnte gleichzeitig die Versuchung groß gewesen sein, dem designierten US-Präsidenten Trump eine Steilvorlage für seinen protektionistischen „America-first“-Feldzug zu liefern (und sich so eventuell das Wohlwollen des zukünftigen Präsidenten zu sichern). Trump griff die Vorlage dankbar auf und brachte die strategische Entscheidung des Autobauers mit seiner in Aussicht gestellten Politik in Zusammenhang. Viele fragen sich nun, ob das, was zumindest vordergründig wie eine Produktionsverlagerung vom Ausland in die USA aussieht, Schule machen könnte?

Tatsächlich spricht kaum etwas für ein baldiges Ende der Verlagerung von Arbeitsplätzen aus den USA nach Mexiko. Im Gegenteil. Die großen US-amerikanischen Automobilkonzerne haben weiterhin Pläne in der Hinterhand, die eine um eine Million Autos höhere Produktion in Mexiko bis 2022 vorsehen – trotz Trump. Ford wird beispielsweise die Produktion des neuen „Focus“ von den USA nach Mexiko – in ein bestehendes Werk – verlagern, weil sich die Produktion von Kleinwagen in den USA schlichtweg nicht rechnet. Gleiches gilt für andere Autobauer. Langfristig würde Trumps Abschottungspolitik wohl gleich mehrfach schaden: Unternehmen könnten vorsichtiger werden, wenn sie in den USA investieren – einige Arbeitsplätze würden so erst gar nicht entstehen. Darüber hinaus schadet die Abschottung den Firmen, die etwa durch Zölle höheren Kosten gegenüberstehen. Darunter leiden am Ende auch die Aktionäre.

Was bedeutet das für Anleger?

Die Themen „Rückkehr der Inflation“ und „Beschleunigung des globalen Wachstums“ bleiben bis auf weiteres die marktbestimmenden. Beide fußen dabei allerdings zu einem Großteil auf Erwartungen – Erwartungen unter anderem an eine sehr wirtschaftsfreundliche Politik von Donald Trump. Der muss nun nach seiner Amtseinführung am 20. Januar Taten folgen lassen, um die Rallye an den Märkten am Leben zu erhalten. Mit dem republikanischen Kongress im Rücken sollte dies weitestgehend gelingen, so dass wir davon ausgehen, dass Aktienkurse im Großen und Ganzen genauso weiter klettern wie die Zinsen jenseits und auch diesseits des Atlantiks.

Der Euro, der sich nach den hohen Inflationszahlen aus der Eurozone noch einmal aufbäumte, dürfte aufgrund des nach wie vor beachtlichen Renditeabstands zwischen den USA und Deutschland – auch nach Berücksichtigung von Hedgingkosten – bald wieder mehr Gegenwind erfahren. Gut möglich, dass ein starker Start in die US-Berichtssaison in dieser Woche bereits wieder das Ruder zugunsten des Greenback herumreißt.

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