Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Studie zu Überschussbeteiligungen und Garantien in der Lebensversicherung, welche Assekurata am 31. Januar veröffentlicht hat. Damit zeigt die ZZR beachtliche Wirkung auf die garantierte Verzinsung der Versichertenbestände. Allerdings wird bei einer unveränderten Berechnungsmethodik das Niedrigzinsumfeld in den kommenden Jahren weiter deutlich steigende Zuführungen nach sich ziehen. Somit scheint eine Neukalibrierung der ZZR aus Sicht von Assekurata zwingender denn je notwendig.
ZZR ist aktuell für rund zwei Drittel des Bestandes zu bilden
Nachdem der Referenzzinssatz zur Bildung der ZZR für 2016 auf 2,54 % gesunken ist, mussten die Versicherer nun erstmals auch für Tarife mit einem Rechnungszins von 2,75 % nachreservieren. In den Wirkungsbereich der ZZR fallen mittlerweile fünf Tarifgenerationen (4,00 %, 3,50 %, 3,25 %, 3,00 %, 2,75 %), deren Anteil an der konventionellen Deckungsrückstellung marktweit rund zwei Drittel beträgt. In der Spitze müssen einzelne Anbieter für etwa 85 % ihres Bestandes Zinszusatzreserven stellen.
Wirkung der ZZR zeigt sich in den Beständen
Mithilfe der Zinszusatzreserven haben die Lebensversicherer seit dem Bilanzjahr 2011 die Garantiezinsanforderung in ihren Beständen effektiv reduziert. Diese liegt Ende 2016 unter Berücksichtigung der ZZR bei durchschnittlich 2,32 %. Ohne ZZR lägen die Bestandsgarantien mit 2,89 % um 57 Basispunkte höher. „Dies zeigt, dass die Zinszusatzreserve ökonomisch wirkt und die bilanzielle Widerstandsfähigkeit der Anbieter messbar stärkt“, erläutert Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung der ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH.
Allerdings belasten die Zuführungen zur ZZR die Ertragslage der Lebensversicherer und damit deren finanziellen Spielraum für höhere Überschussbeteiligungen in beträchtlichem Maße. Ein Vergleich der Zuführungen zur ZZR mit dem hiernach verbleibenden Rohüberschuss aus dem Jahr 2015 zeigt, dass bereits zu diesem Zeitpunkt beide Komponenten durchschnittlich etwa gleich hoch ausgefallen waren. Für das Jahr 2016 wird sich dieses Verhältnis aufgrund der nochmals deutlich gestiegenen ZZR-Zuführungen weiter zu Lasten des Rohüberschusses verschieben.
ZZR-Bestand beläuft sich mittlerweile auf das Dreifache des Eigenkapitals
Die ZZR-Zuführung im Jahr 2016 summiert sich branchenweit auf einen neuen Höchstwert von 13 Milliarden Euro. „Insgesamt erreicht der Bestand der in der Zinszusatzreserve vorhandenen Mittel Ende 2016 damit ein Gesamtvolumen von rund 45 Milliarden Euro“, rechnet Lars Heermann vor. Im Vergleich dazu lag das gesamte bilanzielle Eigenkapital der Lebensversicherer Ende 2016 bei etwa 16 Milliarden Euro. „Damit haben die deutschen Lebensversicherer in den vergangenen sechs Bilanzjahren bereits knapp das Dreifache ihres bilanziellen Eigenkapitalbestands als zusätzliche Zinsvorsorge nachreserviert“, betont Lars Heermann und ergänzt eine weitere Relation: „Allein für die ZZR-Zuführung im Jahr 2016 mussten die Lebensversicherer rechnerisch 1,60 % Nettozins aus ihren Kapitalanlagen erwirtschaften, was in dem extremen Niedrigzinsumfeld keine Selbstverständlichkeit ist.“
Reservebedarf setzt sich in großen Schritten fort
Um die zukünftige Entwicklung der ZZR abzuschätzen, hat Assekurata in der Studie 2017 erneut Referenzzinssimulationen vorgenommen. In der folgenden Abbildung wurde der aktuell maßgebliche Zeitreihenwert des Bezugszinses auf Basis der gesetzlich verankerten Rechenmethodik als Konstante in die Zukunft fortgeschrieben.
Unter der Annahme gleichbleibender Zinskonditionen würde der Referenzzins 2017 auf 2,17 % sinken. Damit wären auch erstmals die Verträge mit einem Rechnungszins von 2,25 % von der Zinsnachreservierung betroffen, die mehr als 15 % der gesamten konventionellen Deckungsrückstellung ausmachen. Erholt sich das Zinsniveau auch in den Folgejahren nicht, so wären ab 2019 weitere zehn Prozent der Bilanzverpflichtungen mit einem Rechnungszins von 1,75 % erstmals reservepflichtig. Dabei weisen die Verträge der jüngeren Tarifgenerationen vergleichsweise hohe Durationen auf, weil es sich im Schwerpunkt um Rentenversicherungen mit noch langer Restlaufzeit handelt, die bei anhaltenden Niedrigzinsen auf lange Sicht von der ZZR betroffen sein werden.
„Um die langfristige Belastung der Branche durch die ZZR-Anforderungen genauer abschätzen zu können, haben unsere Analysten zusätzliche Szenarien mit einem Prognosehorizont bis zum Jahr 2025 entwickelt“, erläutert Lars Heermann. „Unter der Annahme eines anhaltenden Niedrigzinsniveaus mit leicht schwankenden Zinsen ergibt sich bis zu diesem Zeitpunkt ein gesamtes ZZR-Volumen von rund 200 Milliarden Euro. Diesen Prognosewert haben wir mittels des Sicherungsbedarfs, welchen wir erstmalig in der aktuellen Studie 2017 untersucht haben, verifizieren können.“ Bereits für 2017 rechnet Assekurata unter einem stagnierenden Zinsumfeld mit einer weiteren ZZR-Zuführung von insgesamt 20 Mrd. €, was einen neuerlichen Höchstwert in der Branche bedeuten würde.
Diese Prognosen verdeutlichen, dass der handelsrechtliche Aufwand zukünftig einzelne Gesellschaften überfordern könnte. Dies gilt nicht nur in einem anhaltenden Niedrigzinsszenario, sondern auch im Falle deutlich ansteigender Zinsen und einem damit verbundenen Absinken der Bewertungsreserven auf festverzinsliche Kapitalanlagen, die derzeit noch zur Finanzierung der ZZR zur Verfügung stehen. „So notwendig und zweckmäßig die Zinszusatzreserve ohne Zweifel ist, sollte aber die Dosierung im Auge behalten werden“, mahnt deshalb Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will. „Für Abhilfe kann hier der Gesetzgeber sorgen, der die Dotierungsvorschriften zur Zinszusatzreserve zeitnah überarbeiten und für ein stimmiges Bild sorgen sollte.“
Ansatz von Storno- und Kapitalwahlwahrscheinlichkeiten schafft deutliche Erleichterung
Wie hoch die Zuführung branchenweit genau ausfallen wird, hängt neben der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt auch davon ab, ob und in welchem Umfang sich die Unternehmen entschließen, bei der ZZR-Berechnung Storno- und Kapitalwahlwahrscheinlichkeiten anzusetzen. Auf diese Möglichkeit hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Oktober 2015 erstmals öffentlich hingewiesen. Sie beruht auf der Tatsache, dass ein Teil der Kunden ihren Vertrag vorzeitig stornieren beziehungsweise am Ende der Ansparphase die Kapitalleistung abrufen werden, so dass perspektivisch dann weniger Zinsvorsorge notwendig wäre.
Im Jahr 2016 haben etwa drei Viertel der Studienteilnehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wobei 22 Anbieter die Entlastungswirkung konkret beziffert haben. Im Durchschnitt konnten diese ihren Zuführungsbedarf um 70 Basispunkte auf 1,63 % der Deckungsrückstellung senken, was eine Entlastungswirkung von knapp einem Drittel ausmacht. „Die Maßnahme der BaFin zeigt insoweit Wirkung, allerdings wird durch die uneinheitliche Vorgehensweise die Vergleichbarkeit der ZZR-Zuführungen beeinträchtigt“, kommentiert Dr. Reiner Will. „Lebensversicherer, die auf den Ansatz von Storno- und Kapitalwahlwahrscheinlichkeiten verzichten, haben im Gegenzug noch höhere Puffer für die ZZR-Zuführungen der Zukunft.“ (Assekurata)