VOLKER WEBER – beim Interview mit Chefredakteurin Isabelle Hägewald
Was wird sich 2017 zum Thema nachhaltige Geldanlagen ändern und wie weit nimmt die Politik darauf Einfluss?
VOLKER WEBER: Mit Blick auf Deutschland ist es aktuell schwierig zu prognostizieren, welchen Einfluss die Politik auf die Entwicklung des hiesigen Marktes nehmen wird. Grund dafür ist die Bundestagswahl im Herbst. Bis dahin wird wenig Substantielles passieren. Nach der Wahl wird es für das FNG darum gehen, auf die Berücksichtigung nachhaltiger Geldanlagen im Koalitionsverstrag der in Regierungsverantwortung gewählten Parteien hinzuwirken.
Hierbei werden wir die Parteien dann an dem messen, was sie vorab versprochen haben. Das FNG fragt die Positionen der etablierten Parteien zu nachhaltigen Geldanlagen und einer nachhaltigen Finanzwirtschaft regelmäßig im Vorfeld von Bundestagswahlen ab.
Die Rahmenbedingungen für das Thema Nachhaltigkeit und Finanzen scheinen aktuell jedoch günstig. Denn es ist nicht nur unbestritten, dass der Finanzbranche für die Umsetzung internationaler Übereinkommen wie dem Pariser Klimaabkommen und den UN-Zielen für eine nachhaltige Entwicklung eine Schlüsselrolle zukommt. Auch sind im Konkreten erste, ermutigende Schritte zu beobachten.
So bekennt sich Berlin im unlängst verabschiedeten rot-rot-grünen Koalitionsvertrag dazu, eigene „direkte oder indirekte Finanzanlagen, deren Rendite auf ethisch und ökologisch besonders problematischen Geschäften beruht“ abzuziehen und nachhaltig zu reinvestieren. Die Bundeshauptstadt hat außerdem angekündigt, Green Bonds auflegen zu wollen. Dies hat NRW bereits 2015 vorgemacht hat und jüngst auf nationaler Ebene Polen und Frankreich.
Die Bundesregierung hat im Januar dieses Jahres ihre Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, die auch einen Abschnitt zur internationalen Klimafinanzierung enthält. 2017 tritt außerdem die CSR-Richtlinie in Kraft. Bestimmte große Unternehmen müssen damit verpflichtend über Nachhaltigkeitsaspekte berichten, was weitere Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenken wird.
Dabei sind diese Entwicklungen vor dem Hintergrund eines längeren Prozesses zu sehen. Unsere Marktstatistiken zeigen, dass der Trend – vor allem bei institutionellen Investoren – bereits seit Jahren immer weiter hin zu nachhaltigen Geldanlagen geht. Wir verzeichnen regelmäßig Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich. Vorurteile über nachhaltige Geldanlagen können durch Information und Aufklärung zunehmend abgebaut werden.
So ist längst wissenschaftlich belegt, dass nachhaltige Geldanlagen ihren konventionellen Pendants in punkto Rendite in nichts nachstehen. Vielmehr wird Nachhaltigkeit als ein essentieller Bestandteil des RisikoManagements von Anlagen betrachtet. Besonders augenscheinlich ist dies beim Klimawandel. Werden dessen Risiken nicht berücksichtigt, kann es nicht nur zu Verlusten, so genannten Stranded Assets, für Anleger und Investoren kommen, sondern sogar zu Verwerfungen im Finanzsystem.
Diese Gefahr hat das Bundesfinanzministerium im Blick und im August 2016 hierzu eine Studie veröffentlicht. Im Rahmen der diesjährigen deutschen G20-Präsidenschaft wird dies ebenfalls eine Rolle spielen.