NN Investment Partners (NN IP) sieht im Wesentlichen zwei potenzielle Szenarien für das künftige Wirtschaftswachstum: Das erste Szenario ist, dass das globale Wachstum die Marke von 3,5 Prozent durchbricht, die in den vergangenen sechs Jahren die Obergrenze markiert hat.
Das zweite Szenario ist die Fortdauer eines begrenzten Wachstums, bei dem die Wirtschaft innerhalb einer gewissen Bandbreite verharrt.
Das erste Szenario mit höherem Wachstum wird nur eintreten, wenn das Produktivitätswachstum dauerhaft zulegt. In einem solchen Umfeld würden die Staatsanleiherenditen aus Kernländern langsam auf ein deutlich höheres Niveau als heute steigen. Wenn die Inflation unter der Zielmarke bleibt, würde es zunächst wahrscheinlich nicht zu einer wesentlich beschleunigten geldpolitischen Straffung führen, selbst wenn das Wachstum etwa aufgrund eines steigenden Verbraucher- und Geschäftsvertrauens und höherer Ausgaben Fahrt aufnimmt. Im Laufe der Zeit würde es dann zu mehr Zinsanhebungen kommen. Sie wären jedoch positiv, da sie aufgrund eines schnelleren Wachstums erfolgen.
Die Normalisierung der Geldpolitik in den USA und die Reduzierung der Bilanz der Federal Reserve werden vermutlich schrittweise erfolgen. In Kombination mit einem höheren Produktivitätswachstum sollte das viel Schutz für Risikoanlagen bieten. Das gilt umso mehr, als die Risikoaufschläge dort, wo sie hoch sind, noch weiter sinken können, beispielsweise bei europäischen und japanischen Aktien.
Allerdings kann auch das zweite Szenario eintreten und die Weltwirtschaft in einem begrenzten, moderaten Wachstumsmodus verharren.
Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens könnten die gleichen strukturellen Faktoren, die die Nachfrage in den zurückliegenden sechs Jahren behindert haben, weiterhin Bestand haben. Die Risikobereitschaft könnte beispielsweise dauerhaft geringer sein als vor der Krise. Der zweite Grund könnte eine trotz höherer Nachfrage schleppende Entwicklung der Angebotsseite sein. Das würde die künftige Entwicklung des Wirtschaftswachstums im Ungewissen lassen und die Aufschläge von Risikoanlagen erhöhen.
Falls sich die Inflation plötzlich beschleunigt und die Zentralbanken gezwungen sind, das Straffungstempo deutlich zu erhöhen, würden Risikoanlagen im zweiten Szenario zweifelsohne leiden. Anders wäre es, wenn sich die Inflation nur schrittweise erhöhen würde und die Zentralbanken sich mit moderaten, etwas über dem Ziel liegenden Teuerungsraten abfinden würden. In diesem Fall könnten Risikoanlagen etwas besser abschneiden als in einem Szenario, in dem die langjährige Obergrenze des Wirtschaftswachstums vor allem deshalb nicht durchstoßen wird, weil die Nachfrage schleppend verläuft.
Aktuell besteht jedoch die höchste Wahrscheinlichkeit seit Beginn dieses Jahrzehnts, dass die Weltwirtschaft ihre langjährige Wachstumsgrenze nach oben durchbricht.
Ob das tatsächlich geschehen wird, ist aber natürlich nicht sicher. Das verschuldete chinesische Finanzsystem, geopolitische Spannungen und politische Risiken in Verbindung mit US-Präsident Trump – um nur einige Beispiele zu nennen – könnten die Marktstimmung äußerst negativ beeinflussen.
In Europa scheinen die politischen Risiken und die institutionellen Fortschritte in die richtige Richtung zu gehen. Aber es gibt auch hier noch Risiken: So können die Wahlen in Italien im nächsten Jahr eine anti-europäische Regierung hervorbringen. Zudem besteht das Risiko in der Realwirtschaft, dass das niedrige Produktivitätswachstum durch strukturelle Faktoren bestimmt wird, die sich nicht ändern werden.
Insgesamt scheint es zwar wahrscheinlicher, dass das Weltwirtschaftswachstum in seiner bisherigen Bandbreite verharrt, dennoch besteht die Chance, dass die Weltwirtschaft die Wachstumsdecke durchbrechen wird. Sollten sich das globale Wachstum und die Zinsen nachhaltig erhöhen, werden Anleger ihren Kurs überdenken und sollten nach Lösungen Ausschau halten, die über die traditionellen Anlageklassen hinausgehen, und selektiv stärker spezialisierte Anlageinstrumente mit optimaler Duration und einer Ausrichtung auf Wachstum nutzen. (NNIP)