Ein Abgang von Premierminister Shinzo Abe würde das Ende einer seltenen Phase politischer Stabilität bedeuten und Unsicherheit rund um die von ihm vertretene marktfreundliche Politik erzeugen. Für den Fall, dass Abe ausscheidet, erwartet die Fondsgesellschaft kurzfristig einen Anstieg des Yens sowie eine Korrektur an den Aktienmärkten.
Die sogenannten „Abenomics“ haben sich Columbia Threadneedle zufolge als wirksames Maßnahmenpaket erwiesen, das ein starkes Wirtschaftswachstum gefördert und für steigende Vermögenspreise gesorgt hat. Vor diesem Hintergrund habe der japanische Aktienindex Topix sich unter Abes Ägide im Wert fast verdoppelt.
„Doch der Stern des amtierenden Premiers verblasst, was für die Märkte eine Gefahr bedeutet“, schreibt Alex Lee, Fondsmanager für japanische Aktien bei Columbia Threadneedle, in einem aktuellen Kommentar. In einigen Umfragen sei der Zustimmungswert bis auf unter 30 Prozent gesunken.
„Das ist insofern beunruhigend, als ein Wert von weniger als 30 Prozent in der Vergangenheit stets als Niveau galt, von dem aus es keinen Weg zurück gibt – schon zahlreiche ehemalige Premierminister erklärten daraufhin ihren Rücktritt“, schreibt Lee. Viele Marktteilnehmer schienen anzunehmen, dass sich Abe wieder fangen und ohne Unterbrechung weiterregieren werde. Das sei jedoch keineswegs garantiert. „Wir würden die Wahrscheinlichkeit, dass Abe sich wieder fängt und eine dritte Amtszeit als Premierminister absolviert, mit 60 bis 70 Prozent beziffern.“
In jüngerer Zeit hätten sich die Zustimmungswerte für Abe wieder etwas erholt. Dem vorausgegangen war eine erfolgreiche Kabinettsumbildung sowie wachsende geopolitische Spannungen mit Nordkorea. In Bezug auf diesen Konflikt schätze die Öffentlichkeit die Stabilität, für die die Regierung Abe sorge.
„Abes Problem ist, dass es immer noch Bedenken hinsichtlich seiner eigenen Glaubwürdigkeit gibt“, schreibt Lee. „Kabinettsumbildungen führen selten zu einem dauerhaften Zustimmungsanstieg für die Regierung. Sollte sich der Konflikt mit Nordkorea entspannen, könnte Abe schnell wieder an Popularität einbüßen.“
Sollte Abe Aus dem Amt scheiden, rechnet Columbia Threadneedle mit einem Nachfolger, der sich weniger expansiv gibt. Und nicht nur das: Alles in allem betrachtet, könne sich die japanische Führung bis Ende 2018 komplett verändern und mit ihr die zukünftige Fiskal- und Geldpolitik. Sollte Abe gehen müssen, bestehe zum Beispiel die Möglichkeit, dass der Gouverneur der Bank of Japan, Haruhiko Kuroda, ihm folgen werde. Damit wären die beiden Architekten der japanischen Reflationspolitik nicht mehr präsent.
„Es könnte sodann eine restriktivere Geldpolitik auf den Weg gebracht werden, die zu höheren Zinsen, einem stärkeren Yen und schwächeren Aktienmärkten führen würde – zumindest kurzfristig“, schreibt Lee. „Es steht viel auf dem Spiel“, bilanziert der Fondsmanager.
Im Basisszenario geht Columbia Threadneedle davon aus, dass Abe die Krise überlebt, Kuroda Notenbankgouverneur bleibt und das stabile politische Umfeld bis zum Jahr 2021 anhält. Die Gefahr politischer Disruption sei jedoch weiterhin groß. Die damit einhergehende politische Unsicherheit könnte Columbia Threadneedle zufolge in den kommenden Monaten eine gewisse Marktvolatilität auslösen, vor allem was die Währung betrifft.
„Wir sind jedoch von der fundamentalen Stärke der Wirtschaft überzeugt“, schreibt Lee. „Außerdem könnte sich eine Marktkorrektur als guter Einstiegspunkt für japanische Aktien erweisen.“ (Colum Th)