„Die Weltwirtschaft wird sich in 2018 weiter erholen und die Inflation wird leicht anziehen. Die Notenbanken werden ihren bereits eingeschlagenen Weg der geldpolitischen Straffung fortsetzen“, fasst Hans Bevers, Chefökonom bei Degroof Petercam AM, die Makro-Einschätzung des belgischen Vermögensverwalters für das kommende Jahr zusammen.
„Die Indikatoren zeigen an, dass das Vertrauen der wirtschaftlichen Akteure rund um den Globus weiterhin hoch bleiben wird. Das weltweite Wachstum wird in 2018 somit oberhalb des potenziellen Wachstums liegen. Der Optimismus in der Weltwirtschaft und der damit verbundene stabile zyklische Aufwärtstrend verschafft den Notenbanken einen komfortablen monetären Handlungsspielraum“.
Auch auf der Ebene der Unternehmen bleiben die Aussichten – vor allem in den Vereinigten Staaten und Europa – positiv. Und zwar in Form steigender Margen und höherer Gewinne. Das nimmt den Druck auf den Arbeitsmarkt und Überkapazitäten. Dieses Umfeld lässt zu, dass die Preise leicht steigen können. Nur sehr wenig Beitrag kommt dabei vom Öl. „Trotz der lebhaften Weltkonjunktur erwarten wir keine signifikanten Preissteigerungen beim Öl. Die Wahrscheinlichkeit für eine globale Rezession innerhalb der nächsten zwölf Monate liegt aus unserer Sicht bei nur 10 Prozent“, betont Hans Bevers.
US-Fed: Erst auf dem Weg zur Straffung
Dieses Umfeld spielt den Zentralbanken in die Hände, die ihren bisherigen expansiven geldpolitischen Kurs langsam verlassen wollen. Hier gibt es aber noch große regionale Unterschiede. Obwohl die US-Notenbank Fed den Leitzins in den vergangenen Monaten mehrfach leicht angehoben hat, muss man feststellen, dass eine reale Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten noch gar nicht stattgefunden hat. Denn abzüglich der Inflation liegt der Zinssatz, der beabsichtigtes Sparen und geplante Investments zusammen bringen soll, noch bei etwa null Prozent.
EZB: Lockerungsmodus und (k)ein Ende?
Anders als die Federal Reserve wird die Europäische Zentralbank (EZB) auch in 2018 ihren monetären Lockerungskurs vorerst beibehalten. Während Zinserhöhungen bislang nicht zur Debatte stehen, hat Mario Draghi zumindest in Aussicht gestellt, die Fortsetzung der Anleihekäufe im Herbst 2018 neu zu überdenken. Ein wichtiges Kriterium hierfür ist der wirtschaftliche Aufschwung in Europa. Dieser gewinnt zwar an Breite, dennoch sind die ökonomischen Unterschiede innerhalb der Euro-Zone noch groß – auch mit Blick auf Lebensstandard, Arbeitslosigkeit und öffentliche Verschuldung.
Das Erfreuliche: Die europäischen Peripherieländer wachsen wieder, das Jobangebot nimmt Sektor-übergreifend zu und die Kreditvergabe an Unternehmen und Privathaushalte läuft weitgehend reibungslos. Trotz dieser positiven Signale steht Europa mit vielen strukturellen Problemen weiterhin vor großen Herausforderungen: So sind weite Teile der jungen Bevölkerung ohne Job oder hinreichende Bildung bzw. Ausbildung. Auch das Chancengefälle bei der Jobsuche zwischen Arm und Reich bleibt immens.
Gefahrenherde am Horizont
Wenngleich das globale Makrobild insgesamt zur Zuversicht einlädt, gibt es zahlreiche Gefahren für Konjunktur und Finanzmärkte. Hierzu zählen die mittlerweile relativ hohen Aktienbewertungen in den entwickelten Märkten, wie den USA und Europa. Dort liegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei 24 bzw. 17.
Während viele Schwellenländer zum derzeitigen globalen Aufschwung beitragen, erkennt der Experte für 2018 jedoch einige Fragezeichen am Horizont. In zahlreichen asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Emerging Markets stehen Wahlen an – mit ungewissem Ausgang mit Blick auf die zukünftige Wirtschafts- und Fiskalpolitik.
China als globales Schlüsselrisiko
Besonders skeptisch sieht Hans Bevers derzeit China. Für ihn ist das Reich der Mitte eines der größten Risiken für die globale Wirtschaft. Denn Chinas Wachstumsdynamik hat nachgelassen. Gleichzeitig hat sich das Kreditvolumen enorm aufgebläht. Die Bruttoverschuldung der öffentlichen Hand, inklusive der Kosten für die Rekapitalisierung der Banken, liegt bei etwa 80 Prozent des chinesischen Sozialproduktes.
Hard-Brexit kann ganze EU treffen
Sollten es die Briten nicht schaffen, den Zeitplan für die Austrittsverhandlungen mit der EU einzuhalten, droht ein Hard-Brexit. Dieser würde aufgrund der traditionell engen wirtschaftlichen Verflechtungen voraussichtlich nicht nur die britische Insel heftig treffen, sondern die ganze Europäische Gemeinschaft. Sollte ein harter Ausstieg tatsächlich kommen, könnten in Großbritannien bis zu 520.000 und EU-weit sogar bis zu 1,2 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen.
Ein weiterer Knackpunkt in Europa ist Italien. Die bevorstehenden Parlamentswahlen im Mai kommenden Jahres könnten das Land aufgrund der politischen Kräfteverhältnisse in die Sackgasse und damit zu einem politischen Stillstand führen. Wichtige strukturelle Reformen würden dann nicht vorankommen. Diese wären dringend nötig vor dem Hintergrund der stark unterdurchschnittlichen Produktivität der italienischen Wirtschaft. Sorgenkind bleibt auch der Finanzsektor mit einem im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohen Anteil an notleidenden Krediten.
(Degroof Petercam AM)