„Die Frage ist nur, wie lange dieses Szenario anhalten wird. Liquidität ist reichlich vorhanden, aber auch nicht ewig. Insgesamt setzten die Zentralbanken ihre lockere Geldpolitik zwar fort, jedoch hat die US-Notenbank in den vergangenen beiden Jahren nach und nach die Leitzinsen angehoben und für 2018 weitere Zinsschritte vorgesehen“, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck, im aktuellen „Marktkompass“ Dezember 2017.
Darüber hinaus hat die Fed gerade begonnen, ihre Anleihenbestände abzubauen. Infolgedessen steigen die US-Zinssätze am kurzen Ende, während die langfristigen Zinssätze aufgrund der niedrigen Inflationserwartungen zurückbleiben. Dies führt zu einer Verflachung der US-Renditekurve. Diese Entwicklung ist nicht unerheblich, weil eine flache Renditekurve oft Vorbote einer Rezession ist, mit der bisher oft ausgeprägte Baisse-Phasen einhergingen. „Aufgrund der Stärke der Weltwirtschaft brauchen wir uns darüber jedoch vorerst wenig Gedanken zu machen. Die größte Bedrohung für die Aktienmärkte wären ein enttäuschendes Gewinnwachstum und ein unerwarteter Anstieg der Inflation. Vorerst hat der strukturelle Bullenmarkt Bestand“, so Greil.
Aktuelle Entwicklungen: Weltwirtschaft in guter Verfassung
Die konjunkturellen Aussichten sind weltweit positiv. Die amerikanische Wirtschaft steht weiter gut da, die Arbeitslosigkeit sinkt, und es wird wieder mehr investiert. Chinas Konjunktur dürfte sich zwar leicht abkühlen; gleichwohl wird das jährliche Wirtschaftswachstum vermutlich weiter über sechs Prozent bleiben. Die Wirtschaft im Euroraum bleibt im Aufwind. Allerdings belastet die Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs der Brexit-Verhandlungen die britische Wirtschaft. Der potentielle Schaden für den Euroraum ist noch nicht abzuschätzen. „Alles in allem können wir auf Basis des positiven Konjunkturbildes 2018 mit fast 4 Prozent Wirtschaftswachstum rechnen“, prognostiziert Greil.
Die USA steuern aufgrund der niedrigen und weiter rückläufigen Arbeitslosenquote wie geplant eine erneute Anhebung der Leitzinsen am 14. Dezember an. Während sie in den USA steigen, werden sie im Euroraum mindestens noch ein Jahr niedrig bleiben. Der relativ große Abstand dürfte dem Dollar kurzfristig zugutekommen, mittelfristig dürfte aber der Euro stärker tendieren.
Anleihen: Verflachung der US-Renditekurve
Die meisten Aktienmärkte erreichten Anfang November neue Höchststände, gefolgt von nur wenigen Korrekturen, wie etwa in Europa. Hier wirkten sich der stärkere Euro, die erhöhte politische Unsicherheit und der Umstand aus, dass die Gewinnerwartungen von den europäischen Unternehmen kaum übertroffen wurden. Merck Finck hält an seiner positiven Einstellung gegenüber den Aktienmärkten fest.
Mit dem Anstieg der Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen auf 1,8 Prozent verkleinerte sich der Abstand zu den zehnjährigen „Treasuries“, die mit circa 2,4 Prozent rentieren, weiter. Die Verflachung der Renditekurve wird zwar oft als Vorbote für einen Abschwung gesehen, angesichts der guten Wirtschaftslage scheint davon aber vorerst keine Gefahr auszugehen. „In der Verflachung der Renditekurve spiegeln sich die erwarteten Leitzinsanhebungen und die kaum vorhandene Inflationsangst wider“, kommentiert Greil. Bei Anleihen bleibt Merck Finck weiter untergewichtet.
Dollar-Entwicklung hängt von US-Steuerrefom ab
Aufgrund positiver Konjunkturdaten legte der Euro im November gegenüber dem US-Dollar zu. Der Dollar dürfte vom recht großen Zinsabstand zum Euro profitieren. „Die Entwicklung des Greenback hängt aber auch davon ab, ob und wie die Trump-Regierung ihre Steuerreform unter Dach und Fach bringt“, sagt Greil.
Ausgehend von den Tiefständen vom Juni (bei etwa 45 US-Dollar/Barrel) hat sich der Preis für das ReferenzRohöl der Sorte Brent auf mehr als 60 US-Dollar erholt. Mit der Verlängerung der Förderkürzungen bis Ende 2018 herrschte beim OPEC-Treffen Ende November nun mehr Klarheit auf den Ölmärkten. Nach einer Seitwärtstendenz in den vergangenen Monaten ist beim Goldpreis ein Abschwächungstrend als Reaktion auf steigende Realzinssätze zu beobachten. Gold könnte jedoch einen Aufschwung erfahren, wenn die USAnleihenrenditen 2018 nur langsam auf einen Inflationsanstieg reagieren.
(Merck Finck)