Allgemein

Chance für geschlossene Fonds

Angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten setzen Anleger derzeit zunehmend auf Sachwerte, insbesondere Immobilien. Geschlossene Fonds sind nach wie vor wichtig für Sachwertfinanzierungen. Im Juli vergangenen Jahres ist eine neue EU-Regulierung in Kraft getreten, die auch diese Anlageform betrifft. Die sogenannte Richtlinie für Manager alternativer Investmentfonds (AIFM) stellt hohe Anforderungen an Anbieter geschlossener Fonds, was das Geschäft der Branche gravierend verändern wird, die bislang abgesehen von der formellen BaFin-Prüfung des Verkaufsprospekts nicht reguliert war.

Darin liegt die Chance, dass schwarze Schafe aus dem Markt ausscheiden und geschlossene Fonds das negative Image des „grauen Kapitalmarkts“ loswerden. Die zu erwartende Konsolidierung am Markt kann dazu beitragen, dass die Qualität der Fonds-Angebote steigt.

Die AIFM-Richtlinie ist als Reaktion der EU auf die Finanzmarktkrise zu sehen. Das Ziel ist, Investments mit hohen Risiken einer Regulierung zu unterziehen und so für mehr Systemstabilität an den Märkten zu sorgen. Die Manager alternativer Investmentfonds sollen durch die Regulierung stärker in die Pflicht genommen werden. Die Richtlinie zielt zwar in erster Linie auf Hedgefonds und Private-Equity-Fonds, erfasst aber auch geschlossene Fonds. Deren Manager stehen damit vor einer großen Umstellung.

Hohe Anforderungen an die Fondsmanager

Die neuen Anforderungen durch die Richtlinie sehen beispielsweise eine Zulassungspflicht, zusätzliche Eigenmittel oder eine Berufshaftpflichtversicherung vor, um Risiken aus der Geschäftstätigkeit abzudecken. Finanzielle Zuwendungen an Geschäftspartner, wie die Beauftragung eines externen Vertriebs, müssen offengelegt und im Hinblick auf die Anlegerinteressen begründet werden.

Im November 2011 hat die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde Eu-ropean Securities and Markets Authority (ESMA) der EU-Kommission die sogenannten Level-Zwei-Maßnahmen zur praktischen Umsetzung der AIFM-Richtlinie vorgelegt. Im Unternehmen soll eine Compliance-Stelle darauf achten, dass alle Erfordernisse aus der Richtlinie eingehalten werden.
Zwei ganz wesentliche Vorschriften der AIFM-Richtlinie sind ein Risiko- und ein Liquiditätsmanagement. Beides soll der Fondsmanager in verschiedenem Umfang nach Art und Größe des Fonds einrichten. Das Risikomanagement umfasst eine regelmäßige Sorgfaltsprüfung (Due Diligence), eine Ermittlung und Überwachung der Risiken getätigter Investitionen, unter anderem durch Stresstests, und stellt die Einhaltung des Risikoprofils gemäß den Angaben aus dem Verkaufsprospekt sicher. Das Liquiditätsmanagement soll regelmäßig den Liquiditätsbedarf des Fonds überprüfen.

Die Bestimmungen der ESMA sehen zudem vor, dass auftretende Konflikte und Gefährdungen der Anlegerinteressen regelmäßig dokumentiert und mögliche Interessenkonflikte im Zusammenhang mit Stimmrechten geprüft und gegebenenfalls offengelegt werden. Die Anleger-Gelder sollen bei einer Verwahrstelle deponiert sein, in der Regel bei einer Depot-Bank, um die korrekte Verwendung des Geldes sicherzustellen. Ob die Verwahrung nicht depotfähiger Vermögenswerte ein Notar oder Rechtsanwalt übernehmen kann oder andere Institutionen zu beauftragen sind, ist noch nicht abschließend geregelt.

Die Bewertung der Vermögenswerte hat mindestens einmal im Jahr durch einen unabhängigen Gutachter zu erfolgen. Des Weiteren unterliegen die Manager alternativer Investmentfonds klaren Informationspflichten. So müssen sie Anlegern und Behörden einen Jahresbericht mit Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung nach Geschäftsjahresende zur Verfügung stellen.

Zulassungspflicht durch BaFin

Manager, die Vermögen ab 100 Millionen Euro verwalten beziehungsweise ab 500 Millionen Euro, wenn ausschließlich Eigenkapital eingesetzt wird, benötigen eine Zulassung von der zuständigen Aufsichtsbehörde – in Deutschland von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Der Manager muss hinreichend darlegen, dass er alle Pflichten erfüllt, die sich aus der AIFM-Richtlinie ergeben. Zudem muss er ausreichend gut beleumundet sein und ausreichende Erfahrung im Hinblick auf die Anlagestrategie der verwalteten Fonds vorweisen. Wird der Manager dann zugelassen, erhält er einen sogenannten EU-Pass und kann die von ihm verwalteten Fonds damit in allen Mitgliedstaaten der EU vertreiben. Dies gilt allerdings nur für den Vertrieb an institutionelle Anleger. Der Vertrieb an Privatanleger muss auf nationaler Ebene zusätzlich beantragt werden und wird voraussichtlich mit weiteren Auflagen verbunden sein.

Neue Qualitätsmaßstäbe

Für einige, vor allem kleinere Initiatoren, wird die geforderte Umstellung nicht ohne weiteres zu schaffen sein. Die Regulierung ist für die Branche der geschlossenen Fonds eine Chance, weil sie neue Qualitätsmaßstäbe setzt. Vor diesem Hintergrund ist die EU-Regulierung begrüßenswert und kann dazu führen, dass unseriöse Anbieter aus dem Markt ausscheiden. Wenn in der Branche bestimmte Mindesttransparenzanforderungen eingehalten werden, könnten geschlossene Fonds das negative Image des „grauen Kapitalmarkts“ loswerden.

Nationale Umsetzung bis 2013

Die AIFM-Richtlinie muss bis Ende Juli 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu legen die Level-Zwei-Maßnahmen der ESMA den Rahmen fest, wobei vieles im Hinblick auf geschlossene Fonds noch offen ist. Beispielsweise die Reichweite von Bestandsschutzregeln, der erforderliche Umfang des Risiko- und Liquiditätsmanagements und die Form der Einlagen-Verwahrung. Deshalb ist abzuwarten, wie die deutsche Gesetzgebung die Regulierung letztlich umsetzt.

Michael Ruhl, Vorstandsmitglied der Deutschen Fonds Holding AG

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