Der enorme Handelsbilanzüberschuss von 4,5 Prozent des BIP – doppelt so hoch wie in den Jahrzehnten zuvor – zeigt, dass Europa in den letzten fünf Jahren erhebliche Einsparmaßnahmen unternommen hat. Die Länder, insbesondere die Peripheriestaaten, reduzierten ihre Haushaltsdefizite. Gleichzeitig belasten die hohen Arbeitslosenzahlen die Konsumausgaben und die Unternehmen zeigten sich bei ihren Investitionsausgaben weiterhin verhalten.
Europa zählte in den letzten zwei Jahren zu den Regionen, in denen die meisten Arbeitsplätze geschaffen wurden. Außerdem erzielte es mit einem Anstieg des BIP-Wachstum auf 2,5 Prozent die Kehrtwende. Damit erreichte das Wirtschaftswachstum erstmals wieder das Vorkrisenniveau.
Kräftiges Wachstum für Unternehmen
Auf der Unternehmensseite war 2017 nicht nur das erste Jahr mit einem Anstieg der Gesamtumsätze seit 2012, sondern das Jahr wies zudem ein besonders kräftiges Wachstum auf. Das Plus von 6 Prozent stellt das viertstärkste jährliche Wachstum seit der Jahrtausendwende dar. Die Gewinne in den Sektoren Energie, Bergbau und Finanzen erholten sich von Rekordtiefständen. Gleichzeitig stiegen die Gewinne je Aktie für Europa auf insgesamt über 20 Prozent an, was aufgrund der starken Umschichtung in Finanz- und zyklische Werte Ende 2016 allgemein antizipiert worden war.
In Großbritannien bereiten der Anstieg der Inflation, die erste Zinsanhebung seit der Finanzkrise und ein schwächerer Immobilienmarkt Sorgen hinsichtlich eines schwächeren Wirtschaftswachstums. Der Druck auf das britische Pfund und den britischen Aktienmarkt wurden durch die mangelnden Fortschritte bei den Verhandlungen mit dem Ziel eines günstig verlaufenden Brexit noch verschärft. Infolgedessen blieb die Gesamtnettorendite des MSCI Europe 2017 erheblich hinter dem aggregierten Gewinnwachstum zurück. Die Bewertungen gaben während des Jahres 2017 deutlich nach, und das KGV der letzten zwölf Monate des MSCI Europe ging um 10 Prozent auf 18,8x zurück.
Was steht 2018 bevor?
Europäische Aktien sind ein überzeugender Investment Case im kommenden Jahr. Obwohl 2017 viele politische Ungewissheiten geklärt wurden, wird der Brexit voraussichtlich weiterhin für Probleme sorgen. Das starke Unternehmens- und Verbrauchervertrauen weist auf ein solides Wirtschaftswachstum in Europa hin, dessen Treiber sowohl binnenwirtschaftliche Faktoren als auch eine Erholung in den Schwellenländern sind, die für Europa und die USA einen gleichermaßen wichtigen Exportmarkt darstellen.
Ein starkes Unternehmens- und Verbrauchervertrauen schafft ein günstiges Umfeld für steigende Unternehmensgewinne. In jüngster Zeit gibt es wieder positive Gewinnrevisionen, was eine merkliche Veränderung gegenüber den letzten zehn Jahren darstellt, in denen die Gewinne durchweg enttäuschten. Die Konsenserwartung geht von einem potenziellen Anstieg von 10 Prozent im Jahr 2018 aus und liegt somit über dem langjährigen historischen Durchschnitt. Aber auch die Bewertungen scheinen mit 14,8 für die Gewinne der kommenden zwölf Monate angemessen zu sein.
Die Outperformance von Wachstum gegenüber Substanz war 2017 in Europa weniger stark ausgeprägt als im Rest der Welt. Das starke Engagement der US- und Schwellenmärkte in FANGs (Facebook, Amazon, Netflix und Alphabet (Google)) und BATs (Baidu, Alibaba und Tencent) und ihr relativ hohes IT-Engagement waren der wichtigste Performancetreiber in diesen Märkten. In Europa hingegen war der Aufschwung breiter gefächert. Bei Einbrüchen in diesem Segment sind die europäischen Aktienmärkte daher unter Umständen widerstandsfähiger und defensiver, da sie eine geringere Abhängigkeit von diesen Titeln aufweisen.
(Comgest)