Wirtschaft

Ein weltweites Dilemma für 2018: Auf sich selbst konzentrieren oder Kräfte bündeln

Welche Seite wird sich bei dem aktuellen Konfrontationskurs, der zurzeit weltweit gefahren wird, letztlich durchsetzen?

Zukunft der Globalisierung unklar

 

Die nach innen gerichteten Tendenzen, die in den letzten Monaten vielerorts zu beobachten waren, zielen darauf ab, die Macht wieder verstärkt auf lokaler Ebene zu konzentrieren. Gleichzeitig gibt es den eher auf Kooperation basierenden Ansatz, der für die Bewältigung globaler Probleme die Bündelung von Kräften vorsieht und auf einem stetigen Dialog beruht. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Strategien wird die entscheidende Herausforderung des Jahres 2018 sein. Die Welt steht der Globalisierung inzwischen nicht mehr mit einhelliger Euphorie gegenüber.

Die kooperativen Strömungen, die vor der Krise von 2008 zu beobachten waren, sind nicht mehr die dominierende Kraft. Deutlich geworden ist diese Veränderung bei den unterschiedlichen Wahlen und Referenden der jüngsten Vergangenheit. Schließlich haben die Globalisierung sowie das damit einhergehende Prinzip der Kooperation vor allem in den Industrienationen zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Wohlstands geführt. Die berühmte „Elefanten-Kurve“ von Branko Milanovic wurde oftmals als Beispiel angeführt, um zu demonstrieren, dass die am schlechtesten gestellten Arbeitnehmer in den westlichen Ländern den Preis für die Globalisierung und für das rasante Wachstum in Schwellenländern wie China und Indien zahlen müssen.

Anwachsender Dienstleistungssektor bei den Etablierten

Diese Globalisierung war lange als ein gemeinschaftliches Phänomen angesehen worden, trat sie doch gleichzeitig mit einer Neuverteilung der weltweiten Produktion ein. So entstand die Idee, dass jeder von dieser Entwicklung profitieren würde. Die Produktion wanderte zwar von den Industriestaaten in die Schwellenländer ab, parallel dazu wuchs aber der Dienstleistungssektor in den etablierten Volkswirtschaften erheblich. Die beispiellose Entwicklung der Schwellenländer ließ diese Einschätzung auch glaubwürdig erscheinen, zumal die Armut weltweit deutlich zurückging.

Die Zeit der impliziten globalen Kooperation liegt hinter uns. Das Brexit-Referendum, der Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus sowie das jüngste Wahlergebnis in Österreich belegen, dass sich sehr viele Bürger ungerecht behandelt fühlen und den Eindruck haben, dass sie beim Weltwirtschaftswachstum abgehängt worden sind. Gleichzeitig fühlen sie sich durch die Konkurrenz ausländischer Arbeitskräfte bedroht. Diese Gefühle spiegeln sich auch in der Meinung wider, dass sich „die anderen“ nicht an die Regeln halten, so dass ihnen vor allem die Schwellenländer im internationalen Wettbewerb übertrieben stark erscheinen.
Dieses ungute Gefühl hat zu einer Abstimmung zugunsten eines eher nach innen gerichteten Ansatzes geführt – denn um nichts anderes handelt es sich beispielsweise bei dem BrexitReferendum. Die wenigen Volkswirte, die diese Entscheidung befürwortet hatten, gingen davon aus, dass sich ein Vereinigtes Königreich mit der Größe vergangener Tage durchaus auch allein behaupten und die Welt zurückerobern könnte. Die gleiche Begründung dürfte auch auf die TrumpWähler in den USA zutreffen, die das kräftige Wachstum in China und Asien als potenzielle Gefahr für die Vereinigten Staaten ansahen. Und die erste Entscheidung des neuen USPräsidenten war dann bezeichnenderweise auch der Rückzug aus den TPP-Verhandlungen.

Trumps riskantes Spiel

All diesen Entwicklungen liegt die seltsame Vorstellung zugrunde, dass es sich bei der Ökonomie um ein Nullsummenspiel handelt und dass die verlorenen Arbeitsplätze in die USA zurückgeholt werden müssten. Dieser Gedanke ist insofern merkwürdig, als er impliziert, dass die Situation der einen auf Kosten der anderen verbessert wird. Und das ist genau das Gegenteil von dem, was uns die Geschichte – zumindest seit dem Beginn der industriellen Revolution – gelehrt hat.
Diese US-Version der Geschichte legt nahe, dass eine Zusammenarbeit mit dem Rest der Welt schlicht und einfach nichts bringt. In der Praxis wird diese Idee einer Wirtschaft als Nullsummenspiel in Form von Importsteuern umgesetzt, wie sie die US-Administration vor kurzem auf Solarzellenplatten und auf Waschmaschinen eingeführt hat, bevor entsprechende Maßnahmen für Aluminium sowie für geistiges Eigentum in Betracht gezogen wurden. Auf diese Weise bereiten die USA einer Zersplitterung des Handels den Boden, um so die Globalisierung aufzuhalten, während man aber gleichzeitig hofft, davon zu profitieren. Die Amerikaner gehen davon aus, dass sie auf die Ungleichgewichte, die daraus entstehen, umgehend reagieren können – das ist aber keineswegs sicher. Denn seit Friedrich List hat sich die Welt grundlegend verändert, da viele gehandelte Produkte inzwischen nicht mehr vor Ort produziert werden. Was also wird geschehen, wenn Produkte des täglichen Bedarfs teurer werden? Dieser isolationistische Ansatz geht auch mit der Vernachlässigung globaler Probleme wie dem Klimawandel, der Sicherheitsthematik und dem Terrorismus einher. Man verhält sich, als hätte die Welt keine alle betreffenden Probleme, für deren Bewältigung man am gleichen Strang ziehen muss.

Mahnendes Beispiel Großbritanniens

Einen Gegenentwurf zu dieser Weltsicht, der davon ausgeht, dass diese alle betreffenden Fragen eben nicht auf lokaler Ebene beantwortet werden können, sondern im Rahmen einer koordinierten und gemeinsamen Strategie gelöst werden müssen, möchten wir vor allem in Europa voranbringen. Die Globalisierung hat in vielerlei Hinsicht zu Ungleichheit geführt. Dies zeigt sich beispielsweise in der Verteilung des Wohlstands innerhalb eines einzelnen Landes. Die Ungleichgewichte, die wir zurzeit weltweit beobachten, lösen jedoch Machtkämpfe aus, die katastrophale Konsequenzen haben können. So führt etwa die Einkommensungleichheit nicht zwangsläufig zu einem höheren Wachstum, und es könnten sogar Zweifel an der Notwendigkeit eines solchen Wachstums aufkommen, wenn dieses nur einer kleinen Minderheit zugutekommt. Den Blick nach innen statt nach außen zu richten, ist aber keine Lösung. Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass diese Strategie eher den Wohlstand bremst als ihn beflügelt. Seit dem Brexit-Referendum hat das britische Wachstum eine Trendwende vollzogen. So kostet der Brexit die britische Wirtschaft jede Woche 300 Mio. Pfund – eine beträchtliche Summe.

Der Weg der Zusammenarbeit Jedes Land vertritt die Auffassung, dass es einen Betrag leisten kann, um die aktuellen Probleme zu bewältigen. Das bedeutet aber, dass jedes Land auch seine Strategie aktiv definieren und mögliche Reaktionen auf den Weg bringen muss. Bei diesem Ansatz ist kein Platz für Drückeberger.

(natixis)

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