Investmentfonds

Warum Schwellenländeraktien den Handelskonflikten standhalten können

von Marie Cardoen, Head of Retail bei Goldman Sachs Asset Management für Deutschland und Österreich

Free-Photos / Pixabay

Seit Donald Trump im März eine Zollabgabe von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von 50 Milliarden USD angekündigt hat, treiben Handelsstreitigkeiten die Aktienmärkte vor sich her. Zunächst reagierte China mit Vergeltungszöllen im gleichen Umfang, das heißt, Zölle von 25 Prozent auf politisch sensible US-Waren im Wert von 50 Milliarden USD. Anfang Juli führten die USA schließlich Zölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden USD ein und drohten mit zusätzlichen Abgaben auf chinesische Güter im Volumen von 200 Milliarden USD, was die Anlageklasse weiter belastet. So kam es zu Abflüssen von rund 20 Milliarden USD aus Schwellenländeraktien und die Anlageklasse verlor in US-Dollar gemessen um beinahe 15 Prozent gegenüber ihrem Höchststand vom Januar dieses Jahres.

Bekanntermaßen warb Donald Trump während seines Wahlkampfs 2016 mit einer aggressiv-protektionistischen Agenda. Insofern war zu erwarten, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China in gewissem Umfang verschlechtern. Die Geschwindigkeit der Eskalation überraschte die Märkte dennoch, da viele der vorherigen Drohungen Trumps nicht realisiert worden. Vermutlich wird das Hin und Her anhalten, es lässt sich aber kaum vorhersagen, in welche Richtung genau sich der Handelsstreit weiterentwickeln wird. Als langfristig ausgerichtete Anleger ist unserer Meinung nach entscheidend, sich stattdessen auf die fundamentale Lage zu konzentrieren. In dieser Hinsicht präsentieren sich die Volkswirtschaften der Schwellenländer weiterhin solide.

Schwellenländer bleiben von Handelsspannungen weitgehend verschont

Zum einen haben sich die Fundamentaldaten der Schwellenländer in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich verbessert. Seit dem Taper Tantrum im Jahr 2013 haben die Volkswirtschaften zahlreiche notwendige Maßnahmen ergriffen, die ihre Leistungsbilanzen gestärkt haben, die Inflation gesenkt haben und ihre Wachstumsaussichten verbessern konnten.

Zum anderen handelt es sich bei den Schwellenmärkten um ein vielfältiges Anlageuniversum: Auch wenn sich die Zahlen in den Schlagzeilen oftmals dramatisch anhören, agieren viele der Länder weitgehend unberührt von den aktuellen Handelsspannungen. Sogar im Fall von China entsprechen die angekündigten Zölle lediglich zwei Prozent der chinesischen Exporte und 0,4 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Oder anders ausgedrückt: Die Zollabgabe von 25 Prozent entspricht 0,1 Prozent des chinesischen BIPs. Außerdem ist China gut aufgestellt, um an den fiskal- und geldpolitischen Stellschrauben zu drehen und die wirtschaftlichen Folgen anhaltender Handelskonflikte einzudämmen, falls sich die Lage weiter verschärfen sollte.

Darüber hinaus sind die Aktienmärkte der Schwellenländer zunehmend binnenorientiert. Schwellenländerunternehmen erwirtschaften nur acht Prozent ihrer direkten Umsätze in den USA, bei chinesischen Unternehmen beträgt dieser Anteil lediglich zwei Prozent. Natürlich hätten weitere Einschränkungen des freien Handels Folgewirkungen, doch bisher bleibt die Gewinnentwicklung der Schwellenländerunternehmen solide. Nachdem die Gewinne in den vergangenen zehn Jahren größtenteils verhalten ausfielen, besserte sich das Bild zuletzt: 2017 stiegen die Gewinne um mehr als 20 Prozent und für dieses Jahr wird trotz der aktuellen Unsicherheit eine erneute Steigerung um über 10 Prozent erwartet. Besonders erfreulich ist, dass erstmals seit 2011 auch die Eigenkapitalrenditen die Schwellenländererträge mitziehen, da sich die Margen und die Rentabilität der Unternehmen verbessern.

Zu guter Letzt können wir als Bottom-up-Anleger bei unserer Anlagetätigkeit ganz anders vorgehen als der breite Markt. Wir sind in der Lage, aktiv Unternehmen ausfindig zu machen, die weniger anfällig für politische Entwicklungen sind und unabhängig von Handelskonflikten über den Marktzyklus hinweg Mehrwert generieren können. Auch die erhöhte Volatilität, die in den vergangenen Monaten zu beobachten war, kann interessante Chancen für aktive Manager eröffnen.

Guter Einstieg in mehrjährige Erholungsphase möglich

Ein ausgewachsener Handelskrieg würde die Exporterlöse und das Wachstum beeinträchtigen, die weltweiten Lieferketten unterbrechen und letztlich auch die Risikobereitschaft der Anleger reduzieren. Derzeit zeigen sich die Schwellenländer aber nach wie vor widerstandsfähig und die fundamentalen Aussichten für ihre Aktien bleiben positiv. Wir rechnen für die kommenden Jahre weiterhin damit, dass sich der Wachstumsvorsprung der Schwellenländer gegenüber den Industriestaaten verbessert. Diese Entwicklung korrelierte in der Vergangenheit mit einer Outperformance von Schwellenländeraktien. Langfristige Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Schwellenländer am globalen Wachstum in den nächsten zehn Jahren auf beinahe 75 Prozent steigen wird und dabei 1,2 Milliarden Menschen von armen Bevölkerungsschichten in die Mittelklasse aufsteigen werden. Wir sind zuversichtlich, dass binnenorientierte Unternehmen, die über differenzierte Strategien verfügen, auf lange Sicht gut aufgestellt sind. Nach dem jüngsten Ausverkauf liegen die Bewertungen von Schwellenländeraktien wieder unter ihren langfristigen Durchschnittsniveaus und die Titel werden mit einem Abschlag von 25 Prozent gegenüber ihren Industrieländerpendants gehandelt. Das bietet einen interessanten Einstiegspunkt in eine mehrjährige Erholungsphase.

(Goldman Sachs Asset Management)

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