David Souccar, Portfolio Manager bei der Quality Growth Boutique von Vontobel Asset Management, erklärt, warum die Wahlen in Brasilien keinen Einfluss auf das Portfolio seiner Boutique haben werden.
Unser Portfolioaufbau hat nicht das Ziel, ein Engagement in einem bestimmten Land einzugehen. Bei unserem Investmentprozess geht es darum, Portfolios nach dem Bottom-up-Ansatz Aktie für Aktie aufzubauen und in die rund um den Globus verfügbaren besten Geschäftsmodelle zu investieren. Allerdings finden wir für unsere Investments viele von diesen Unternehmen gerade in Brasilien. Unternehmen wie Ambev, Lojas Renner, Banco Itau und Ultrapar sind nur einige Beispiele. Unabhängig vom Wahlausgang glauben wir, dass diese Unternehmen ausreichend Möglichkeiten für weiteres Wachstum bieten. Wer auch immer der nächste Präsident wird, die Verbraucher in Brasilien werden ihre Lieblingsbiermarke weiterhin schätzen, zum Tanken zu der Tankstelle in der Nachbarschaft fahren und Mode zu attraktiven Preisen kaufen. Das Risiko im Umfeld der Wahlen bietet uns gewissermaßen die Chance, in diesen Bereichen zu niedrigeren Bewertungen zu kaufen.
Unsere Investments in Brasilien werden sich nicht aus dem Ergebnis der Wahlen begründen
Der Markt ist zu sehr auf den nächsten Präsidenten fokussiert und unterschätzt die Tatsache, dass Brasilien nachweislich über solide Institutionen verfügt. Die Operation Lava Jato (zu Deutsch „Autowäsche“) im Zusammenhang mit dem Petrobras-Korruptionsskandal hat gezeigt, dass das Justizsystem funktioniert und niemand über dem Gesetz steht. In den letzten Jahren stand das Land mehrfach vor schweren Herausforderungen (Amtsenthebung eines Präsidenten, schwerste Rezession seit einem Jahrhundert, Inhaftierung von Ex-Präsident Lula da Silva), und der demokratische Prozess setzte sich dennoch fort. Es ist kein Kinderspiel für Brasilien, in wenigen Wochen trotz all dieser Probleme Wahlen zum Staatspräsidenten, zu den Gouverneuren der Bundesstaaten und zum Kongress durchzuführen. Das große Fiskalproblem, mit dem das Land konfrontiert ist, ist nicht zu unterschätzen, aber den rechten und linken Kandidaten ist die Wichtigkeit der Debatte über Rentenreform und Steuerstabilität sehr wohl bewusst. Der nächste Präsident wird mit dem Auftrag gewählt, Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensbedingungen für Millionen von Menschen zu verbessern. Die Fiskalreform ist an dieser Stelle keine ideologische Debatte, sie ist eine Frage der Regierungsfähigkeit.
Nach dem Sturm kommt immer die Ruhe
Auf mittlere Sicht sind wir positiv eingestellt. Die Regierung muss ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit wiederherstellen, um das Vertrauen des Marktes zurückzugewinnen. Der nächste gewählte Präsident wird den politischen Rückhalt dafür haben, was beim derzeitigen Präsidenten Michel Temer nicht der Fall ist. Brasilien ist auf dem Weg zu einer wichtigen Debatte über die Rolle des Staates in der Wirtschaft. Die früheren Regierungen mussten an diesem Thema nicht so hart arbeiten, es gab Raum für höhere Steuern und Schulden, da der Anteil am BIP geringer war. Dies ist nicht mehr möglich. Wir halten diese Debatte für wichtig, nicht nur, um die Finanzkonten des Staates wieder ins Gleichgewicht zu bringen, sondern auch, um einen stabileren Wachstumspfad zu fördern, was bislang für den Markt eher frustrierend gewesen ist.
(Vontobel)