Thierry Larose, Senior Portfolio Manager bei Vontobel Asset Management, warnt jedoch vor zu großen Prosperitätserwartungen und rät Anlegern, Gewinne zu realisieren und zu erhöhter Vorsicht bei neuen Investitionen.
Der ultrarechte Kandidat der Sozial-Liberalen Partei (PSL), Jair Messias Bolsonaro, ist zum 38. Präsidenten Brasiliens gewählt worden und hat den linken Kandidaten Fernando Haddad der Arbeiterpartei (PT) mit einem deutlichen Vorsprung von zehn Prozentpunkten besiegt. Dabei erhielt er in der Stichwahl 55 Prozent der gültigen Stimmen. Sein Erfolg ergab sich im Wesentlichen aus einer erfolgreich und mit harten Bandagen geführten Kampagne gegen seine Gegner aus der Arbeiterpartei, die er als korruptionsbelasteten „Saustall“ darstellen konnte, der angeblich das Land in den 13 Jahren seiner (Miss-)Verwaltung geplündert haben soll.
Bolsonaros kontroverse Ansichten und Meinungen stellen ihn auf eine Ebene mit anderen nationalistisch-populistischen Führern, die in den vergangenen zwei bis drei Jahren auf der ganzen Welt erfolgreich aufgetreten sind. Dennoch lohnt es, sich seine Rhetorik genauer anzusehen.
Was unterscheidet Bolsonaro von seinen populistischen „Alter Egos“ in anderen Teilen der Welt?
Die Antwort ist: nicht sehr viel. Seine Einstellungen sind im Wesentlichen identisch mit denen von US-Präsident Donald Trump, mit dem er wahrscheinlich eine freundschaftliche und konstruktive Beziehung pflegen wird. Auch generell sind starke Ähnlichkeiten mit anderen populistischen Führern der Welt zu erkennen. Das einzige Unterscheidungsmerkmal könnte seine unverblümte Sehnsucht nach der vergangenen Militärdiktatur in Brasilien aus den Jahren 1964 bis 1985 sein. Die Hauptfolge ist, dass seiner ersten Regierung eine bis jetzt nicht gesehene Anzahl von (seit dem Ende der Militärdiktatur) pensionierten Militärs angehören wird, die angeblich effizienter und weniger anfällig für Korruption sein sollen. Ob sich dies als eine gute Wahl erweisen wird oder nicht, sollte für Investoren wenig relevant sein. Einzig entscheidend wird sein, ob er mit Hilfe seines zukünftigen Stabschefs Onyx Lorenzoni in der Lage sein wird, mit einem fragmentierten Kongress die Umsetzung von Reformen zu verhandeln und Kompromisse einzugehen. Angesichts ihrer fehlenden nachweisbaren Erfahrung und der Tendenz Bolsonaros, eher auf Konfrontationskurs zu gehen als Kompromisse zu schließen, ist ein Erfolg bei der Umsetzung noch lange nicht sicher.
Wie sehen seine Pläne zur Wiederherstellung des wirtschaftlichen Wohlstands aus?
Tatsächlich hat er keine klaren Pläne. Am ausgeprägtesten sind seine Meinungen hinsichtlich der Bekämpfung von Kriminalität und Korruption sowie der Verteidigung traditioneller Werte. Tatsächlich gesteht er ein, dass er ohnehin nicht viel über Wirtschaft wisse. Alles im Zusammenhang mit der Wirtschaft wird an seinen Superminister Paulo Guedes delegiert. Dieser hat an der ultraneoliberalen Universität Chicago promoviert und ist „auf Mission“, die Belastung der Wirtschaft durch den Staat zu reduzieren. Im neuen Superministerium sollen das Finanz-, Wirtschafts-, Industrieministerium und die Privatisierungsbehörde zusammengelegt werden. Zu seinen marktfreundlichen Zielen gehören massive Einschnitte bei Steuern und öffentlichen Ausgaben sowie ein ehrgeiziges Privatisierungsprogramm. Bisher haben ihm die Märkte reichlich Vorschusslorbeeren gegeben, aber bei der Umsetzung gibt es große Fragezeichen, und ebenso besteht das Risiko eines Konflikts zwischen Bolsonaro, der jedem gefallen möchte, und Guedes, der genau für das Gegenteil steht.
Was kann man nun von den Märkten erwarten?
Die Risikoprämie brasilianischer Vermögenswerte ist in letzter Zeit geschrumpft (bei Aktien, Devisen, Zinsen und Unternehmensanleihen), aber wir sehen von nun an Raum für wechselseitige Schwankungen, da die Bewertungen in Anbetracht der beschriebenen Risiken etwas üppig zu sein scheinen. Mit anderen Worten: Es ist kein schlechter Zeitpunkt, Gewinne zu realisieren, wenn man klug genug war, sich an der Rallye zu beteiligen, während Vorsicht für diejenigen ratsam ist, die mutig genug für klare Positionierungen sind.
Der Bereich Emerging Markets Fixed Income ist eine breite und diversifizierte Anlageklasse. In dieser Anlageklasse gibt es viele Möglichkeiten, aber unserer Meinung nach verstummen in Brasilien gerade die Samba-Trommeln und der Karneval ist auf Eis gelegt … vorerst.
(Vontobel)