Die Weltwirtschaft befindet sich klar im Abstieg vom Konjunkturgipfel. Ob das Nachlassen der Wachstumsdynamik in eine Rezession mündet, ist noch nicht sicher. „Die Risiken für eine bevorstehende Rezession sind in den einzelnen Regionen unterschiedlich hoch“, führte Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, gestern auf dem 32. FERI Konjunktursymposium in Bad Homburg aus. „Besonders kritisch bewerten wir die Lage im Euroraum einschließlich Deutschlands.“ Zwar sei die Binnennachfrage stabil, und die anhaltend expansive Geldpolitik der EZB wirke unterstützend. Negativ sei jedoch das schwächere Wachstum in den USA und China. Damit würden sich die Aussichten für die exportstarken Länder in Europa, zu denen auch Deutschland gehört, verschlechtern. Angermann verwies hier auch auf die Drohung der US-Regierung, Autoimporte aus der EU mit Zöllen zu belegen. Dabei befinde sich ausgerechnet die Autoindustrie angesichts weltweit sinkender Zulassungszahlen bereits in einer krisenhaften Lage. Eine weitere Zuspitzung hätte negative Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit und auch auf das Konsumentenvertrauen. „Es fehlt nicht viel zu einer Rezession im Euroraum“, sagte Angermann weiter. „Deutschland hat wegen der besonderen Bedeutung der Autoindustrie und der hohen Abhängigkeit vom Welthandel seine konjunkturelle Sonderrolle verloren. Die deutsche Wirtschaft wird im laufenden Jahr um weniger als 1 Prozent wachsen.“
Privater Verbrauch und Investitionen stützen US-Konjunktur
In den USA sei die Rezessionsgefahr dagegen relativ gering, auch wenn sich das Wachstum merklich abkühlt. Privater Verbrauch und Investitionen stützten auch nach dem Auslaufen der positiven Sonderkonjunktur infolge der Steuerreform die Nachfrage. Von der Geldpolitik gehe vorerst keine Gefahr für die Konjunktur aus, weil die Fed ihren Leitzins nicht über das konjunkturneutrale Niveau hinaus anheben und überdies den Bilanzabbau beenden wird. Die US-Wirtschaft dürfte im laufenden Jahr um etwas mehr als 2 Prozent zulegen.
Chinas Führung unter Druck
Chinas Führung dagegen habe zwar zuletzt vermehrt konjunkturstabilisierende Maßnahmen ergriffen, zugleich aber die eigene Bevölkerung auf dem Nationalkongress auf schwierige Zeiten eingestimmt. Mit positiven Impulsen aus dem Reich der Mitte sei deshalb vorerst nicht zu rechnen. Ob die zentrale Konjunktursteuerung auch diesmal wie gewünscht funktioniere, bleibe abzuwarten, zumal die Regierung unter Xi Jinping den Fehler begehe, staatliche Unternehmen zu bevorzugen und die privatwirtschaftliche Initiative teilweise zurückzudrängen.
Auf dem traditionellen FERI Konjunktursymposium, das am 27. März zum 32. Mal stattfand, stellten die FERI-Experten gegenüber zahlreichen Vertretern aus verschiedenen Bereichen der deutschen Wirtschaft ihre Analysen und Prognosen zur Entwicklung der Weltwirtschaft vor. Neben den Konjunkturaussichten für Deutschland und die Welt standen auch längerfristige Strukturveränderungen im Fokus. Wichtige Diskussionspunkte waren die Relevanz von Nachhaltigkeitszielen für deutsche Unternehmen und die Folgen von Kohleausstieg und Klimaschutzplan für die deutsche Wirtschaft und einzelne Branchen.
(FERI Gruppe)