Nachhaltigkeit

Neuberger Berman: Von der Nische zum Mainstream

Tragische Unfälle, finanzielle Schäden, strengere Regulierung und die Macht der Straße machen ESG immer wichtiger.

 

Jonathan Bailey        Head of ESG Investing bei Neuberger Berman

Im Januar büßte ein Bergbauunternehmen nach einem Dammbruch mit Hunderten von Toten ein Viertel seines Wertes ein. Es war bereits der zweite derartige Unfall des Unternehmens innerhalb von drei Jahren. Im März verloren 157 Menschen bei einem Flugzeugabsturz ihr Leben – dem zweiten Absturz eines der Aushängeschilder der internationalen Luftfahrt innerhalb von fünf Monaten. Das warf unangenehme Fragen zur Sicherheit der Flugzeuge und zur Effektivität der Regulierung auf. Der Wert des Herstellers fiel um ein Fünftel.

Zwei Wochen später billigte das Europäische Parlament den dritten und endgültigen Gesetzentwurf im Rahmen des Aktionsplans der Europäischen Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen: Er enthält eine Systematisierung von Geschäftsaktivitäten, die der Umwelt nützen, und fordert von Investmentfirmen, über die Nachhaltigkeit ihrer Prozesse zu berichten.

Weitere zwei Wochen später brachte Extinction Rebellion, eine britische Gruppe von Klimaaktivisten, eine Protestwelle ins Rollen. Bis zu ihrem Ende letzte Woche legten die Demonstranten einen Großteil von London lahm, über 1.000 von ihnen wurden verhaftet.

Tragische Unfälle, finanzielle Schäden, strengere Regulierung, die Macht der Straße: Die ersten Monate des Jahres 2019 lieferten uns eine Fülle von Gründen, über unsere Risiken in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) sowie die Integration von ESG-Faktoren in unsere Investmentprogramme nachzudenken.

Tiefe

Neuberger Berman ist seit langem der Meinung, dass ESG-Faktoren eine wichtige Risikokennziffer sind und die langfristigen Erträge stark beeinflussen. Wir haben erkannt, dass viele unserer Kunden die Wirkung ihrer Portfolios für genauso wichtig halten wie die Wertentwicklung.

Beide Aspekte erfordern, dass wir uns in Sachen ESG nichts vormachen. Ein schematischer Ansatz, der ausgewählte Unternehmen stumpf auf vorgegebene Nachhaltigkeitsindikatoren prüft, hilft weder der Wertentwicklung noch dem „Impact“ des Portfolios: Ein solcher Ansatz befindet beispielsweise einen Solarzellenhersteller trotz seiner hohen Unfallzahlen für gut oder verpasst die Gelegenheit, in die Recyclingbemühungen eines Kunststoffunternehmens zu investieren. Wir meinen daher, dass eine erfolgreiche ESG-Integration sowohl Tiefe als auch Breite erfordert.

Mit Tiefe meinen wir eine aktive Eigentümerschaft, die wir für eine natürliche Ergänzung des aktiven Managements überzeugungsgeleiteter Portfolios halten. Bei Hauptversammlungsabstimmungen im vergangenen Jahr unterstützten wir 84 Prozent der Aktionärsanträge zu Spenden an politische Parteien und Lobbyarbeit. Dagegen lehnten wir elf Prozent der Geschäftsleitungsanträge ab, einschließlich 15 Prozent der Vergütungspläne für Führungskräfte. Wir unterstützten alle Aktionärsanträge zu Vergütungsgerechtigkeit und zum Klimawandel.

Aber Abstimmungen sind bei weitem nicht genug. Es geht auch darum, Engagement zu Zielen zu formulieren, die unsere erfahrenen Analysten für wesentlich und erreichbar halten. Nur zwei Beispiele: Im Jahr 2018 standen unsere Portfoliomanager an der Spitze von Bemühungen, einen etablierten CEO und einige Board-Mitglieder eines mittelgroßen Technologieunternehmens mit erfolgloser Strategie und überhöhten Vergütungen zu ersetzen. Außerdem beteiligten sie sich an einer Briefkampagne der Initiative Farm Animal Investment Risk and Return (FAIRR). Sie veranlasste einen großen amerikanischen Lebensmittelhändler, keine Eier aus Käfighaltung mehr zu verkaufen und seine Fleischlieferanten zu einem geringeren Einsatz von Antibiotika anzuhalten.

Breite

Wir halten es auch für wichtig, uns zu engagieren, wenn wir nicht Eigentümer, sondern Kreditgeber sind. Unsere Anleihenteams mieden beispielsweise sogenannte Senior Unsecured Notes eines Gesundheitsunternehmens und lösten eine Position in seinem Senior Secured Loan auf, da es keine überzeugenden Hinweise auf eine Normalisierung seiner unhaltbar hohen und sozial fragwürdigen Preise gab. In einem anderen aktuellen Beispiel erreichten wir zusätzliche Gläubigerschutzklauseln und ein unabhängigeres Board bei einem Emittenten, dessen Hauptaktionär hoch verschuldet ist und versucht sein könnte, zulasten der Gläubiger Kapital aus dem Unternehmen abzuziehen.

Das bringt uns zur Breite bei der ESGIntegration. Etwas ist immer besser als nichts. Doch letztlich möchten Kunden, die die Wichtigkeit von ESG-Risiken sowie -Chancen erkennen, ESG-Faktoren in alle Teile ihrer Portfolios integrieren und möglichst viele ihrer Anlagen an den UN-Nachhaltigkeitszielen ausrichten: Anleihen, Loans und Aktien, alternative wie traditionelle Strategien, Schwellen- und Industrieländeranlagen, börsennotierte wie nicht börsennotierte Investments.

Dazu haben wir in den letzten Monaten unsere bereits hoch entwickelte ESG-Praxis bei Emerging Market- Anleihen verbessert, die Kraft von Big Data für Nachhaltigkeitsanalysen genutzt und Impact-Strategien für US-Municipals und Private Equity entwickelt. Als uns Neuberger Berman vor zwei Jahren anbot, hierbei mitzuwirken, profitierte rund ein Viertel der Kundenvermögen von der systematischen Integration von ESGFaktoren in den Investmentprozess. Heute sind es fast 60 Prozent des verwalteten Vermögens. Das ist ein großer Fortschritt. Doch jede Woche wird deutlich, wie viel weiter wir noch zu gehen haben. Die Gesellschaft erwartet es. Unsere Umwelt braucht es. Und unsere Kunden fordern es.

(Neuberger Berman)

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