Auch hierzulande kommen immer wieder Vorschläge auf den Tisch etwa die Sozialhilfe durch ein solches Grundeinkommen zu ersetzen. In Finnland gab es bereits ein Experiment, dass einer Testgruppe zwei Jahre lang ein bedingungsloses Grundeinkommen garantierte. Die Finnen zogen am Ende eine eher nüchterne Bilanz. Arbeitslose fühlten sich zwar „glücklicher“, fanden aber weder besser noch schlechter Arbeit.
Nun fordern die Vereinten Nationen ein – allerdings zeitlich begrenztes – Grundeinkommen für knapp drei Milliarden arme Menschen. Anders als bei den Diskussionen hierzulande geht es bei dieser Forderung jedoch ums nackte Überleben. Arme sind besonders von der Pandemie betroffen und können trotz der Risiken oft nicht zu Hause bleiben. Sie müssen schlicht Tag für Tag ihr Überleben und das ihrer Familien sichern. Mit dem Grundeinkommen könnten Personen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, während der Pandemie zu Hause bleiben und sich von dem Geld Lebensmittel und Medikamente kaufen sowie Arzt- und Bildungskosten bezahlen. Dies könnte nach Ansicht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP, www.undp.org) die Ausbreitung des Coronavirus bremsen.
Die monatlichen Kosten für gut 2,7 Milliarden Menschen in 132 Entwicklungsländern sollen sich auf etwa 200 Milliarden Dollar belaufen. Würde das Grundeinkommen sechs Monate lang gewährt, würde das lediglich zwölf Prozent der gesamten Ausgaben für den Kampf gegen die Auswirkungen der Pandemie ausmachen, die ohnehin für 2020 zu erwarten seien, so das Ergebnis des Berichts mit dem Titel „Temporäres Grundeinkommen: Schutz armer und schutzbedürftiger Menschen in Entwicklungsländern“. „Beispiellose Zeiten erfordern beispiellose soziale und wirtschaftliche Maßnahmen. Die Einführung eines vorübergehenden Grundeinkommens für die ärmsten Menschen der Welt hat sich als eine Option herausgestellt. Dies schien noch vor wenigen Monaten unmöglich zu sein“, kommentierte UNDP-Chef Achim Steiner die Forderung.
Zur Finanzierung des Grundeinkommens soll etwa das Geld von der Schuldenrückzahlung der Entwicklungs- und Schwellenländer umgeleitet werden. „Entwicklungs- und Schwellenländer werden in diesem Jahr 3,1 Billionen Dollar für die Rückzahlung von Schulden ausgeben“, erklärt UNDP. Ein vom UN-Generalsekretär geforderter umfassender Schuldenstillstand für alle Entwicklungsländer soll es den Ländern ermöglichen, diese Mittel vorübergehend in Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Krise umzuwandeln. Probleme könnte es jedoch bei der Verteilung der Gelder geben, da die hilfsbedürftigen Menschen in der Regel weder offiziell registriert sind, noch ein Bankkonto besitzen.
Uwe Lehmann