Einige Gerichte wurden aus der Notwendigkeit geschaffen, wie das Sandwich aus Pittsburgh, dessen Verzehr LKW-Fahrern selbst einhändig gelang. Andere verführen zum frühen Aufstehen, um unnötiges Warten auf die heiß begehrte Köstlichkeit zu umgehen. Und dann gibt es noch jene, wie die bekannten Teigbällchen aus La Martinique, die sich mehr und mehr auch in der Haute Cuisinewiederfinden.
Fluffige Freude aus Hongkong
Streetfood ist in Hongkong ein „ziemlich alter Hut“ – aufgrund langer Arbeitszeiten und wenig Wohnraum haben viele Hongkonger keine eigene Küche und essen auswärts – je schneller das geht, umso besser. So genannte Dai Pai Dongs (Garküchen) und Cha Chan Tengs (Schnellrestaurants) versorgen Einwohner wie Besucher bereits seit Jahrzehnten mit schneller Energie. In den letzten Jahren hat sich neben der kantonesischen Hausmannskost auch eine sehr hochwertige Form des Streetfoods entwickelt. Neben Dim Sum – wovon es übrigens über 2.000 Varianten gibt –, Fischbällchen mit Currysauce und Egg Tarts, ein ursprünglich aus Portugal stammendes gefülltes Mürbeteiggebäck, spielt sich eine weitere Teigspezialität in die Herzen der Streetfoodies: die Bubble-Waffles! Die dicken, gebackenen Eierwaffeln werden ähnlich wie europäische Crepes mit verschiedensten süßen Zutaten gefüllt.
Barbecue-Stop in Gerogia
Southern Soul Barbeque im US-Bundesstaat Georgia nimmt den Begriff Streetfood wörtlich, denn das BBQ-Restaurant befindet sich direkt an einem Kreisverkehr. Genauer gesagt: an einer alten Tankstelle aus den 50er-Jahren. Auf der Insel St. Simons ist Southern Soul legendär, aber auch über die Staatsgrenzen hi-naus konnte es bereits Preise für sein Brunswick Stew einheimsen. Alles begann 2006 mit 700 Dollar, einem Smoker und der alten Tankstelle. Heute ist das Restaurant ein beliebter Treff, den es anzusteuern gilt, bevor die besten Stücke weg sind. Ein Klassiker sind die saftigen Rippchen und auch das Brisket ist eine Sünde wert. Das Geheimnis liegt nicht in der Sauce, sondern in Zeit und Geduld. Denn für ein perfektes BBQ sollte das Fleisch mindestens zwölf Stunden garen.
Nudelsuppe to go aus dem Northern Territory
Darwin Laksa gilt nicht nur als bestes Laksa Australiens, sondern weltweit – kein Wunder, dass im vergangenen Jahr das Darwin Laksa Festival ins Leben gerufen wurde. Das Traditionsgericht Laksa, eine asiatische Suppe mit Reis- oder Bandnudeln auf Basis von Kokosmilch und Chili, gibt es in zahlreichen Varianten – sogar als Eis und zum Frühstück. Was vermutlich im ersten Augenblick irritierend klingt, ist leicht zu erklären: Darwin ist mit 30 Prozent im Ausland geborener Bewohner Australiens multikulturellste Stadt. Der asiatische Einfluss, besonders im kulinarischen Bereich, ist sowohl in den Restaurants als auch
in der Streetfoodszene omnipräsent. An den Marktständen von Nightcliff und Mindil Beach wird das Gericht vor allem mit Hühnchen und Fisch serviert – besonders experimentierfreudige Köche verwenden Krokodilfleisch. In Parap, auf Darwins ältestem Open-Air-Markt, ist der Stand von Guo Yang Yei, die als Mary bekannt ist, die beliebteste Adresse für Laksa. Ihr Geheimnis: superfrische Zutaten.
Mutter des Streetfoods in Pittsburgh
Wer heute als Besucher in Pittsburgh ein Sandwich bei „Primanti Bros“ bestellt, darf einen echten „Streetfoodklassiker“ genießen. Die Besonderheit? Hier sind Cole Slaw und Pommes schon mit drauf! In den 1930er-Jahren betrieb Joe Primanti im Pittsburgher Strip District, dem quirligen Markthallenviertel, einen Sandwichwagen und seine Kunden waren hungrige Lastwagenfahrer. Die wiederum konnten so das Sandwich inklusive sättigenden Kartoffeln und Kraut in einer Hand halten – und mit der anderen den Truck lenken. Der Strip-District hat sich seinen Charme bis heute bewahrt und nimmt Besucher mit auf eine kulinarische Welt- und Zeitreise. Wer Foodrucks liebt, der ist wochentags am Point State Park nahe den Büros des Cultural Districts richtig, oder kombiniert einen Happen auf die Hand mit den leckeren Bieren der über 30 verschiedenen Craft-Breweries in Pittsburgh: Diese verzichten häufig auf eine eigene Gastronomie und lassen „mobile Köche“ in Foodtrucks aufkochen.
Eine Portion La Martinique
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren sie das Frühstück der Arbeiter auf La Martinique und wurden von Straßenhändlern angeboten. Seither erfuhren die sogenannten „Acras“ auf der zu Frankreich gehörenden Karibikinsel La Martinique einen wahren Aufschwung und sind seit den 1970ern fester Bestandteil in Sternerestaurants. Der Star unter den Bällchen: Acras de Morue mit Stockfisch ist in seiner Zubereitung die aufwendigste Variante dieses antillischen Klassikers. Auf die Hand gibt es die frittierten Teigbällchen meist in Kombination mit Salat in einem Sandwich. Der Kreativität der Martiniquais ist jedoch keine Grenze gesetzt: Zutaten wie Langusten und Seeigel machen aus dem einstigen Snack einfacher Leute eine Delikatesse. Was sich wohl nie ändert: Acras ob mit Stockfisch oder Gemüse gehören auf La Martinique einfach dazu!
Monegassische Süßigkeit in Rot-Weiß
Wer denkt, dass es in Monaco ausschließlich Sternerestaurants mit weißen Tischdenken gibt, der war wohl noch nicht auf dem Marché de la Condamine. Denn hier – am Fuße des Stadthügels – lassen sich allerlei lokale monegassische Spezialitäten „auf der Hand“ verkosten. Zum Beispiel Fougasse monégasque, ein
Feingebäck, das an ein großes Plätzchen erinnert. Die Fougasse ist typisch für die Provence und die ganze südfranzösische Mittelmeerküste. Sie besteht überwiegend aus Hefeteig und ist die italienische Variante des Foccacia. Es gibt sie in allen möglichen Variationen, von herzhaft mit Oliven, Speck oder Sardellen bis hin zu leicht gesüßt. In Monaco wird sie als süße Spezialität mit Orangen-Blütenessenz, Haselnüssen und Mandeln verfeinert. Traditionell ist die Fougasse monégasque in den Farben der monegassischen Flagge dekoriert. Dazu werden gezuckerte Anissamen in den Farben rot und weiß verwendet, in Monaco „fenuglieti“ genannt.
Schwein am Stiel auf den Philippinen
Welche Rolle Essen auf den Philippinen spielt, zeigt sich schon im Sprachgebrauch: Wörtlich übersetzt fragen Filipinos bei der Begrüßung ihr Gegenüber nicht nach dessen Befinden, sondern ob bereits gegessen wurde. Heiß begehrt und oft aufgetischt, meist in Verbindung mit Reis und Sojasauce, wird Léchon, das philippinische Spanferkel. Doch längst hat es den Weg von der gedeckten Tafel auf die Straße gefunden und wird auf den zahlreichen Streetfoodmärkten der Philippinen beispielsweise an einem Holzstiel angeboten. Das Beste soll es in der Stad Cebu geben. Seinen Ursprung hat Léchon in Spanien, mit der spanischen Besatzung kam diese exotische Spanferkel-Variante auf den Archipel.
uwelehmann/surpress