Das Bundesverfassungsgericht gab einer Klage des Energiekonzerns Vattenfall statt. Demnach sei die Gesetzesänderung von 2018 unzureichend und zudem wegen formaler Mängel nie in Kraft getreten. Der Gesetzgeber ist damit „weiterhin zur alsbaldigen Neuregelung verpflichtet“, wie das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe mitteilte (Az. 1 BvR 1550/19).
Wegen des Reaktorunglücks im japanischen Fukushima hatte die Bundesregierung 2011 für die 17 deutschen Atomkraftwerkekraftwerke eine nur wenige Monate zuvor beschlossene Laufzeit-Verlängerung wieder zurückgenommen. Bis spätestens Ende 2022 müssen alle Meiler zu festen Terminen vom Netz gegangen sein.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht die Regelungen zum beschleunigten Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie (13. AtG-Novelle) teilweise für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Grund dafür war, dass die dort geregelten festen Abschalttermine der Kraftwerke eine im Wesentlichen vollständige Verstromung der den Kernkraftwerken zuvor aufgrund der Atomkonsensvereinbarung aus dem Jahr 2001 gesetzlich zugewiesenen sogenannten Reststrommengen nicht sicherstellen und hierfür auch kein angemessener Ausgleich gewährt wird. Für eine Neuregelung setzte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist bis 30. Juni 2018. Mit der 16. AtG-Novelle traf der Gesetzgeber eine Neuregelung. Sie ist nach der heute veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber ungeeignet, die im Urteil vom 6. Dezember 2016 festgestellte Grundrechtsverletzung zu beheben.
Mit der 16. AtG-Novelle traf der Gesetzgeber eine Neuregelung. Sie ist nach der heute veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber ungeeignet, die im Urteil von 2016 festgestellte Grundrechtsverletzung zu beheben. Die 16. AtG-Novelle ist schon nicht in Kraft getreten, weil die dafür vom Gesetzgeber selbst vorgesehenen Bedingungen nicht erfüllt sind. Die getroffene Neuregelung eines Ausgleichs nicht verstromter Elektrizitätsmengen (§ 7f AtG) könnte den Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG aber auch in der Sache nicht beheben. Der Gesetzgeber ist daher im Ergebnis weiterhin zur alsbaldigen Neuregelung verpflichtet, um die bereits im Urteil vom 6. Dezember 2016 festgestellten Grundrechtsverstöße zu beseitigen. Den Energiekonzernen steht also weiterhin für sinnlos gewordene Investitionen und verfallene Produktionsrechte ein angemessener Ausgleich zu.
Davon profitiert unter anderem Vattenfall. Der schwedische Konzern hatte wegen der 2011 festgelegten festen Abschalttermine keine Möglichkeit mehr, seinen beiden deutschen Kraftwerken Krümmelund Brunsbüttel die ursprünglich einmal zugeteilten Strommengen noch konzernintern zu produzieren. Dafür soll der Konzern 2023 eine Ausgleichszahlung in Millionenhöhe verlangen können, deren Höhe erst dann festgelegt wird. International ist für Vattenfall auch noch ein Verfahren vor dem Schiedsgericht der Weltbank anhängig, bei dem es um Milliarden geht.
uwelehmann/surpress