Die Spitzen von Union und SPD beschlossen am Mittwoch, dass die zunächst bis 30. Juni befristete Ausnahmeregelung wegen der Corona-Krise bis zum 31. Dezember 2022 verlängert wird. Der Koalitionsausschuss hatte die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Speisen zuerst im April des letzten Jahres von 19 auf sieben Prozent beschlossen und eine Verlängerung eigentlich nicht beabsichtigt. Die von Gastronomie-Vertretern und beständig wiederholte Forderung, llöste scheinbar bei zahlreichen Politikern einen Sinneswandel aus. Der Deutsche Hotel- und Gaststät-tenverband (DEHOGA) hat die Forderung nach einem reduzierten Mehrwertsteuersatz allerdings schon seit Jahren auf der Agenda – bisher erfolglos. Die beschlossene Konjunkturspritze für die Gastronomie verursacht jährliche Kosten in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Die Mehrwertsteuersenkung in der Hotellerie vor über zehn Jahren hat jedoch gezeigt, dass diese Kosten durch erhöhte Ausgaben der Gäste kompensiert werden können.
„Die Verlängerung der sieben Prozent Mehrwertsteuer über den 30. Juni 2021 hinaus schafft Perspektiven für die notleidenden Restaurants und lässt Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft wachsen“, sagt Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband), „die Entscheidung ist eine wichtige Motivation für die Unternehmer, ihre Betriebe fortzuführen, und auch für die Beschäftigten eine mutmachende Botschaft.“
Wie wichtig diese Entscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Branche ist, zeigt die Lage und Stimmung in der Gastronomie. Wie eine DEHOGA-Umfrage im Januar ergab, bangen 75 Prozent der Betriebe um ihre Existenz. „Denn trotz der November- und Dezemberhilfen, die inzwischen auch zumindest bei vielen kleinen Unternehmen eingegangen sind, ist die Stimmung in der Branche wegen fehlender Öffnungsperspektiven von Verzweiflung geprägt“, erklärt Zöllick. Die Betriebe fürchteten, dass die Überbrückungshilfe III das Überleben nicht sichere. „Die Verlängerung des reduzierten Umsatzsteuersatzes hilft den Betrieben, wirtschaftlich zu überleben und damit Hunderttausende Arbeitsplätze zu retten“, erklärt Zöllick. Mit der Senkung der Mehrwertsteuer würden die Unternehmer in die Lage versetzt, nach der Öffnung Umsatzverluste durch zu erwartende Abstandsregelungen zu kompensieren, Kredite zu tilgen sowie irgendwann einmal wieder Rücklagen aufzubauen und in ihre Altersvorsorge zu investieren. Die steuerpolitische Maßnahme habe Restaurants, die in den Sommermonaten Umsätze erwirtschaften konnten, enorm geholfen, so Zöllick. „Dies war ja auch das erklärte Ziel der Entscheidung vom Mai 2020 mit der Steuersenkung die Gastronomie zu stärken, so Bundesfinanzminister Olaf Scholz seinerzeit“, sagt der Verbandspräsident. Kneipen, Bars, Clubs und Discotheken, die ausschließlich Getränke anbieten, werden allerdings nicht von der Steuerentlastung profitieren.
uwelehmann/surpress