Investmentfonds

Donner & Reuschel in Kürze – Corona & Märkte

von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel

geralt / Pixabay

Im laufenden Jahr werden China und die USA die Wachstumslokomotiven der Weltwirtschaft bleiben. Besonders die US-Volkswirtschaft wird von enormen geld- und fiskalpolitischen Stimuli angeschoben. Bisher beläuft sich das Volumen der staatlichen Unterstützungsprogramme seit Anfang 2020 auf 5,3 Billionen USD. Zusammen mit der durch Wertpapierkäufe um etwa 3,5 Billionen USD ausgeweiteten Bilanzsumme der US-Notenbank Fed und dem derzeit in den Verhandlungen befindlichen Konjunkturpaketen der US-Regierung zum Ausbau der Infrastruktur, übersteigt der gemeinsame Stimulus die Marke von 10 Billionen USD und entspricht damit etwa der Hälfte des gesamten im Jahr 2020 erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts der USA.

Bemerkenswert ist, dass die Fed trotz der gestiegenen Inflation (2,6 Prozent im März) und eines aufgrund stark steigender Produktionskosten durch Lieferengpässe für Vorprodukte, hohe Auslastungsgrade in der Industrie sowie Energiepreisbasiseffekte weiter zunehmenden Inflationsdrucks betont, noch nicht konkret über einen weniger expansiven geldpolitischen Kurs nachzudenken. Erst solle das Ziel eines hohen Beschäftigungsgrads am Arbeitsmarkt erreicht werden, um möglichst breite Bevölkerungsschichten am wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren zu lassen. Ein zwischenzeitliches Überschießen der Inflationsraten wird bewusst in Kauf genommen, wie seit dem Strategieschwenk der US-Notenbank schön länger angekündigt.

Am US-Arbeitsmarkt zeichnet sich tatsächlich eine wieder stärkere Erholungstendenz ab. Sollten wie zuletzt monatlich knapp 800.000 Stellen neu geschaffen werden können, könnten die USA in Q1 2022 das Vorkrisen-Beschäftigungsniveau – mit einer Arbeitslosenquote von etwa 3,5 Prozent – wieder erreichen. Damit dürfte ab Herbst 2020 die Diskussion über die weitere Ausrichtung der US-Geldpolitik entflammen und die Kapitalmärkte zumindest zeitweise verunsichern.

Auch dann ist davon auszugehen, dass die Fed nicht auf einen restriktiven Kurs umschwenken würde, da die notwendigen staatlichen Investitionen in Infrastruktur, das Gesundheitswesen, die Digitalisierung und die Bildung noch jahrelang großer Investitionen bedürfen, die wohl auch mithilfe der Notenbank über niedrige Zinsen und/oder Wertpapierkäufe refinanziert werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit für ein anhaltendes Umfeld höherer Inflationsraten und gleichzeitig relativ niedriger Zinsen, also strukturell negativer Realzinsen nimmt kontinuierlich zu. Ein weiterer Beitrag zur Finanzierung der Investitionen erfolgt voraussichtlich über die geplanten Steuerhöhungen für Unternehmen und Menschen mit höheren Einkommen. Damit nimmt in den USA der Schwenk zu einer eher nachfrageorientierten wirtschaftspolitischen Ausrichtung immer stärkere Konturen an.

Global wird die boomende Industrie durch teilweise zunehmende Lieferengpässe ausgebremst. So berichten 45 Prozent der jüngst vom ifo-Institut befragten Industrieunternehmen in Deutschland von Engpässen bei Vorprodukten. Trotzdem ist aufgrund des anstehenden globalen Aufschwungs weiterhin mit einer hohen Dynamik in der Industrie zu rechnen. Unsere Basisannahme bleibt, dass bis zum Ende des zweiten Quartals auch ein Großteil der bestehenden Shutdown-Regelungen in Deutschland gelockert werden können. Damit könnten betroffene Dienstleistungsunternehmen im Zuge eines Abbaus des Konsumstaus einen ähnlichen Aufschwung erleben wie in Q3 2020. Trotzdem wird gerade aus den Bereichen des sozialen Konsums (Reisen, Veranstaltungen, Beherbergung, Gaststätten u.a.) die Anzahl der Insolvenzen in den kommenden Monaten zunehmen, nachdem die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht per 30. April endgültig ausgelaufen ist. Allein die Anzahl der Unternehmen, die im Vorjahr ohne Coronakrise voraussichtlich Insolvenz angemeldet hätten (Insolvenzlücke), es aber aufgrund der besonderen Schutzmaßnahmen nicht mussten, liegt bei schätzungsweise 1.400 Unternehmen. Da andere staatliche Unterstützungsmaßnahmen weiterbestehen (v.a. die Kurzarbeiterregelung) ist jedoch nicht von einem überbordenden Anstieg der Insolvenzen auszugehen. Zudem wird es strukturell bedingt eher kleinere Unternehmen treffen, wodurch sich die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt in Grenzen halten sollten.

Weltweit liegt der Fokus weiter auf der Bekämpfung der Corona-Pandemie, aktuell vor allem in Schwellenländern. Die jüngst von den USA vorgeschlagene Freigabe der Patente für Corona-Impfstoffe ist aus ordnungspolitischer Sicht kritisch zu betrachten, da sich negative Anreize für kommenden Forschungsbemühungen ergeben könnten. Andererseits ist es auch aus volkswirtschaftlicher Sicht dringend erforderlich, die Impfstoffproduktion kurzfristig zu erhöhen, um auch Schwellenländern möglichst umfassende Impfkampagnen zu ermöglichen. Die Weltgemeinschaft und die mit den Impfkampagnen weit fortgeschrittenen Staaten sollten alles daran setzen, die derzeit produzierenden Unternehmen bei der Erweiterung von Produktionskapazitäten und dem Einkauf notwendiger Rohstoffe zu unterstützen.
(Donner & Reuschel)

print

Tags: , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

25 Jahre Mein Geld
Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

-
Welche Neuerungen gibt es zum BAV-Geschäft?

Im bAV Geschäft gibt es immer wieder neue Trends und verbesserte Tarife. Was können Berater und Vermittler für 202472025 erwarten?

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 03 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben