Die gestiegene Teuerungsrate im Juli 2021 hat das schon fast in Vergessenheit geratene Thema Inflation wieder in das Bewusstsein der Investoren gerückt. Auch wenn es sich bei dem sprunghaften Anstieg der Inflationsrate im Juli sehr wahrscheinlich um einen von Basiseffekten getriebenen vorübergehenden Anstieg der Inflation handelt, müssen Anleger auf der Hut sein, denn die Staaten und Zentralbanken versorgen die Märkte im Rahmen der Corona-Hilfspakete auch weiterhin mit billigem Geld. Die hohe Liquidität in den Märkten lässt die Preise für fast alle Anlagegüter steigen. In der Folge fragen sich die Investoren, ob klassischerweise die zum Inflationsschutz genutzten Sachwerte wie Aktien oder Immobi- lien aufgrund der zum Teil sehr ambitionierten Bewertungen tatsächlich noch einen Schutz gegen eine steigende Inflation bieten.
Die niedrige Inflation der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass inflationsgeschützte Anleihen heutzutage trotz der gestiegenen Inflationserwartungen im Bewusstsein der Anleger immer noch ein Nischendasein führen. Doch gerade in Marktphasen, wie wir sie gerade erleben, könnten inflations- geschützte Anleihen, die sogenannten Inflation-Linked-Bonds, ein geeignetes Anlagevehikel sein.
Allerdings sind inflationsgeschützte Anleihen relativ komplexe Instrumente, für deren Bewertung Investoren über Spezialwissen und eine detailierte Markteinschätzung verfügen müssen, um das Rendite-/Risikoprofil der einzelnen Anleihen richtig einschätzen zu können. Um trotz der hohen Anforderungen bei der Titelanalyse und -selektion in inflationsgeschützte Anleihen investieren zu
können, nutzen viele Investoren aktiv gemanagte Investmentfonds und/oder ETFs, da diese in der
Regel von Spezialisten verwaltet werden. Dieser Trend zeigt sich auch bei der Anzahl der neuaufge-
legten Produkte und dem Anstieg der verwalteten Vermögen.
Doch wodurch unterscheiden sich inflationsgeschützte Anleihen von herkömmlichen Rentenpapieren? Während konventionelle Staats- oder Unternehmensanleihen den Anlegern einen fixen Zinssatz und einen festgelegten Rückkaufswert bieten, besteht der Zinssatz einer inflationsgeschützten Staatsanleihe aus einem unter dem allgemeinen Zinsniveau liegenden fixen Zinssatz und einer Anpassungskomponente, die den Nominalwert der Anleihe und den Zinssatz an die Entwicklung eines festgelegten Inflationsindex anpasst. Das heißt, wenn ein Anleger zu Beginn eines Jahres eine inflationsgeschützte Anleihe mit einem Nominalwert von 100 kauft und die Inflation im darauffolgenden Jahr fünf Prozent beträgt, erhöht sich der Nominalwert der Anleihe zum Ende des Jahres auf 105. Durch diese dynamische Anpassungskomponente wird sichergestellt, dass die Kaufkraft des angelegten Kapitals erhalten bleibt.
Den ebenfalls inflations-angepassten Kupon bekommt der Anleger dann noch extra dazu. Anders ausge- drückt, während konventionelle Anleihen negativ mit der Inflationsrate korrelieren, haben inflations- geschützte Anleihen eine positive Korrelation, wodurch sie als Schutzschirm im Portfolio dienen können. Dieses Beispiel wurde zur Veranschaulichung der Funktionsweise einer inflationsgeschützten Anleihe stark vereinfacht. Denn es gibt viele Faktoren wie zum Beispiel die Restlaufzeit der Anleihe, der gewählte Inflationsindex, das allgemeine Zinsumfeld oder die Kreditwürdigkeit des Emittenten, die in der Realität einen hohen Einfluss auf die Wertentwicklung und Schwankungsanfälligkeit der Anleihe haben können und somit bei der Analyse von inflationsgeschützten Anleihen berücksichtigt werden müssen.
Auch wenn das angeführte Beispiel den Anlagezeitraum von einem Jahr betrachtet, sollten Anleger, die in inflationsgeschützte Anleihen investieren möchten, einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont haben und über eine entsprechende Risikotragfähigkeit verfügen. Zudem müssen Investoren beachten, dass sie aufgrund des niedrigeren Kupons bei inflationsgeschützten Anleihen auf Zinserträge verzichten, wenn die in die Anleihe eingepreiste Inflationserwartung nicht erfüllt wird.
DETLEF GLOW