Der Markt für ESG-Investments boomt. Das unter dem Label „Nachhaltigkeit“ verwaltete Vermögen wächst beständig weiter. Daran werden wohl auch die Greenwashing- Vorwürfe gegen die Fondstochter der Deutschen Bank DWS kaum etwas ändern. Im Gegenteil: Angesichts drohender Nachfragen zum Leistungsversprechen nachhaltiger Fonds durch die Regulierungsbehörden dürften die Fondsgesellschaften bei ihren ESG-Produkten künftig noch genauer hinschauen. Und das kommt vor allem den Privatanlegern zugute. Denn gerade diese müssen sich in besonderem Maße darau verlassen können, dass das, was an ESG-Versprechen angekündigt wird, auch tatsächlich im Fonds vorhanden ist. Für Rückenwind sollte in dieser Hinsicht auch die von der EU im März dieses Jahres auf den Weg gebrachte Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor sorgen.
Etwas anders verhält es sich bei den institutionellen Investoren, auf die volumenmäßig nach wie vor der Löwenanteil an ESG-Investments entfällt. Auch sie benötigen Transparenz. Aber im Gegensatz zum Privatanleger haben die meisten inzwischen ausreichend ESG-Expertise aufgebaut, um sich in Sachen Nachhaltigkeit kein X für ein U vormachen zu lassen. Das jedenfalls lässt eine globale Umfrage der britischen Großbank HSBC vermuten, die im Juli und August dieses Jahres durchgeführt worden ist. Danach verfügen inzwischen 91 Prozent der europäischen Investoren über Richtlinien für verantwortliche Investments oder für Themen rund um Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG), berichtete die Börsen-Zeitung. Und auch in Deutschland ist ESG als fester Bestandteil der Kapitalanlage etabliert. Darauf wies zuletzt Union Investment in ihrer aktuellen Nachhaltigkeitsstudie hin. „Drei Viertel der befragten Großanleger bewerten ihre Kenntnisse zu nachhaltigen Anlagen als gut oder sehr gut“, heißt es darin.
INSTITUTIONELLE INVESTOREN ERWARTEN WEITERES WACHSTUM
Das Wissen um die Wirkung von ESG-Strategien im Portfolio ist einer der wichtigsten Gründe für das fortgesetzte Wachstum nachhaltig ausgerichteter Investmentansätze. Die wenigsten Investoren lassen sich derzeit allein von ihren guten Absichten leiten. Hauptgrund für das nachhaltige Engagement ist vielmehr die Erkenntnis, dass nachhaltige Strategien bei teilweise sogar höheren Renditen ein besseres Rendite- Risiko-Profil aufweisen können. Der Einsatz von Nachhaltigkeit erfolgt also zuerst aus einem wirtschaftlichen Interesse. Hinzugekommen ist zuletzt ein externer wie interner Druck, sich vor allem am klimaneutralen Umbau der Wirtschaft zu beteiligen. Politik
sowie interne Stakeholder fordern hier verstärkt ein aktives Handeln der Investoren ein. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass laut Umfrage von Union Investment 92 Prozent der institutionellen Investoren hierzulande in den kommenden zwölf Monaten ein weiter wachsendes Volumen nachhaltiger Investments erwarten.
EMITTENTEN ALS TREIBER VON ESG
Ein weiteres Indiz für das anhaltende Wachstum des Marktes für ESG-Investments findet sich in der bereits erwähnten HSBC Sustainable Financing and Investing Survey 2021. Diese wirft auch einen Blick auf die Emittenten. Und bei diesen scheint das Thema Nachhaltigkeit inzwischen ebenfalls fest verankert. „Auf der ganzen Welt bekennen sich Unternehmen inzwischen zu Umwelt- und Sozialthemen, aber in Europa sind sie am stärksten vertreten: 76 Prozent halten diese Themen dort für sehr wichtig“, heißt es in der Studie. Ablesen lässt sich diese Erkenntnis auch am Boom der Green Bonds, bei denen Emittenten die Ausgabe von Anleihen explizit mit nachhaltigen Zielen verbinden. Es sind also längst nicht mehr nur die Investoren, die den Markt für ESG-Investments antreiben. „Unsere Umfrage deutet darauf hin, dass sie den Staffelstab an die Emittenten weitergegeben
haben, die sich nun stärker für diese Themen engagieren als die Investoren“, so die Studien-Autoren bei HSBC. Auch auf die Frage, was die Emittenten zu ihrem stärkeren ESG-Engagement veranlasst, liefert die Studie Anhaltspunkte. So gaben 40 Prozent der in Europa befragten Investoren den Druck von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und anderen Interessengruppen als Motiv an. 36 Prozent verwiesen auf entsprechende Wünsche ihrer Kunden.