Nachdem die Bauzinsen bereits seit 2021 leicht und seit Anfang 2022 stark angestiegen sind und im Juli 2022 Werte von über drei Prozent erreichten, bricht sich die viel besprochene Zeitenwende nun vollends am Immobilienmarkt Bahn, wie aktuelle Marktdaten des Baufinanzierungsberaters Hüttig & Rompf zeigen.
Während die durchschnittlichen Gestehungskosten für Eigennutzer im zweiten Quartal 2022 nur moderat um knapp zwei Prozent stiegen und für Kapitalanleger nahezu unverändert blieben, sank die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahresquartal.
Neben den gestiegenen Finanzierungskosten sorgten gestörte Lieferketten und mangelnde Materialverfügbarkeit, Fachkräftemangel sowie die Energiekrise zusätzlich für Unsicherheit am Immobilienmarkt und bei den Verbrauchern.
Selbstgenutzte Immobilie auf den letzten Metern kaufen
Als Reaktion auf den Zinsschock versuchten insbesondere Eigennutzer vermehrt, sich im Beobachtungszeitraum eine Immobilienfinanzierung mit noch tragbaren Zinsen zu sichern und einem weiteren Zinsanstieg vorzubeugen.
Die Nachfrage von Eigennutzern nach Finanzierungen für Einfamilienhäuser stieg im zweiten Quartal um knapp sechs Prozentpunkte an, für Doppelhaushälften um rund zwei Prozentpunkte. Bei den Festschreibungen ergab sich ein Trend hin zu längeren Laufzeiten von 15 und 20 Jahren.
Dabei wurden Finanzierungen für Bestandsobjekte im Alter von 20 Jahren und mehr stärker nachgefragt (plus acht Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum) als Finanzierungen für Neubauten.
Demgegenüber stand ein deutlicher Rückgang von neun Prozentpunkten bei Eigennutzern und sogar über zehn Prozentpunkten bei Kapitalanlegern. Hier materialisieren sich bereits Material- und Personalknappheit im Baugewerbe.
Finanzierende Banken bleiben noch gelassen
Angesichts der gestiegenen Zinsen bringen Kaufinteressenten zunehmend mehr Eigenkapital in ihre Finanzierungsvorhaben ein. Im zweiten Quartal 2021 lag die Eigenkapitalquote bei Eigennutzern im Durchschnitt noch bei 20 Prozent, im zweiten Quartal 2022 bei rund 25 Prozent.
„Aus unserer Praxis sehen wir hierbei jedoch nicht etwa vorsichtiger werdende Banken als Grund. Vielmehr sind es die Kunden, die von sich aus mehr Eigenkapital einbringen, um beispielsweise den Beleihungsauslauf zu senken, der zu einer besseren Kondition bei vielen Banken führt“, sagt Ditmar Rompf, Vorstandsvorsitzender der Hüttig & Rompf AG.
Spürbar höhere Belastungen für Verbraucher
Doch auch mehr Eigenkapital konnte im zweiten Quartal 2022 in der Breite nicht verhindern, dass die Finanzierung von Immobilien teurer geworden ist. Betrug die durchschnittliche monatliche Gesamtrate der Hüttig & Rompf-Kunden (Zins und Tilgung) im zweiten Quartal 2021 noch 1.447 Euro, belief sie sich im zweiten Quartal 2022 bereits auf 1.754 Euro. Der Tilgungssatz sank von 2,7 Prozent auf 2,4 Prozent in den Vergleichszeiträumen.
„Durch die Zinsanstiege der letzten Monate ist die Zins-Belastung jetzt häufig schon hoch. Im Ergebnis sinkt die Tilgung, um die Belastung des Kunden noch erträglich zu halten“, so Ditmar Rompf.
Ausblick – Bauzinsen
„Die angekündigten Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank könnten noch einen zusätzlichen Effekt auf die Baufinanzierung haben, wobei auch schon einiges vorweggenommen wurde. Drei Prozent Zinsen haben wir bereits heute überschritten und halten ein vergleichbares Niveau auch zum Jahresende für realistisch. Die Zeit der Niedrigzinsen ist definitiv vorbei“, sagt der Vorstandsvorsitzender der Hüttig & Rompf AG.
Ausblick – Kaufpreise
„Wir erwarten moderat steigende Kaufpreise aufgrund des Überhangs an Nachfrage zu Angebot. Zudem ist die Bautätigkeit derzeit an vielen Orten aufgrund von Material- und Personalengpässen unterbrochen, mancher Bauträger verschiebt Projekte in der Hoffnung auf sinkende Materialpreise. Andererseits ist die Nachfrage nach Immobilien durch die deutlich gestiegenen Zinsen zurück gegangen – der Markt hat sich noch nicht ganz neu eingependelt.“, so Rompf.
(Hüttig & Rompf)