Seit Wochen ächzt Europa unter einer Hitzewelle. Abseits der Folgen für Mensch und Natur verschärft sich hierdurch auch die wirtschaftliche Lage hierzulande, und auch zwischen den USA und China bleibt die Stimmung erhitzt.
Lage vor Ort angespannt
Nach dem Taiwanbesuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bleibt die Lage vor Ort angespannt. Die chinesische Regierung, welche den Besuch missbilligte, führte als Reaktion Militärübungen vor der Küste Taiwans durch. Entgegen vorherigen Aussagen, wurden diese erst am Mittwoch beendet.
Gleichzeitig veröffentlichte die chinesische Regierung ein Weißbuch, in dem man versichert, stets große Anstrengungen zu unternehmen, eine friedliche Wiedervereinigung mit Taiwan zu erreichen. Jedoch behält man sich vor „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“ und nennt auch die Anwendung von Gewalt als „letzten Ausweg“.
Die Spannungen zwischen China und den USA dürften die Verhandlungen über eine Abschaffung von Zöllen, die unter der Regierung von Donald Trump verhängt worden waren, erschweren. Eine weitere Eskalation der Situation erwarten wir in Anbetracht der im Herbst in China anstehenden Wahlen jedoch aktuell nicht.
Es bleibt heiß in Europa
Der diesjährige Juli war der zweitheißeste seit Beginn der Aufzeichnung in Europa. Die Folgen der Hitze und der damit verbundenen Dürre verschärfen die Energiekrise in Europa weiter. Aufgrund der hohen Temperaturen steigt der Bedarf an Strom zur Kühlung. Gleichzeitig liegen die Pegelstände der Flüsse wie zum Beispiel im Rhein niedrig, und die Wassertemperaturen hoch.
In der Folge musste beispielsweise Frankreich in einem Großteil seiner Atommeiler die Stromproduktion deutlich drosseln, da es an benötigtem Wasser zur Kühlung mangelt sowie eine weitere Erwärmung der Flüsse zu einer Schädigung der Ökosysteme führen würde.
Zudem verteuert sich durch die eingeschränkte Schiffbarkeit der Transport von alternativen Quellen zur Stromerzeugung wie beispielsweise Kohle. Entsprechend lässt sich der Gasverbrauch zur Stromerzeugung langsamer reduzieren.
Gasspeicher derzeit mit über 72 Prozent gefüllt
Derzeit liefert Russland noch rund 20 Prozent der möglichen Gasmengen nach Deutschland. Positiv hervorzuheben ist, dass man dennoch weiter im Plan liegt, die Gasspeicher aufzufüllen. So sind die Speicher in Europa derzeit mit über 72 Prozent gefüllt. In den nächsten Wochen wird jedoch auch in den USA mit einer Hitzewelle gerechnet.
Rund ein Drittel der dortigen Stromerzeugung erfolgt mittels Gas, was auch dort zu Steigerungen beim Gaspreis führen könnte und zu geringeren Lieferungen von US-Flüssiggas nach Europa. Die Energieversorgung Europas wird damit weiterhin unsicher bleiben, und mögliche Gasrationierungen bleiben ein unkalkulierbares Risiko für Europas Unternehmen. Proaktiv versuchen die Firmen nun, ihren Energieverbrauch kurzfristig einzuschränken bzw. anzupassen.
Wirtschaftliche Auswirkungen zeigen sich hierzulande bereits am schwächelnden Konsum, und auch die Aussichten in der Industrie verschlechtern sich. Entsprechend halten wir die aktuellen Marktschätzungen der künftigen Unternehmensgewinne für zu hoch und erwarten Anpassungen nach unten. Daher präferieren wir trotz der sehr günstigen Bewertungen europäischer Aktien weiterhin den US-Markt.
Licht am Horizont?
In der Vorvorwoche sorgte der Arbeitsmarktbericht in den Vereinigten Staaten für ein Ausrufezeichen. So wurden mehr als doppelt so viele neue Stellen geschaffen als erwartet, wodurch die Arbeitslosenquote wieder den Tiefpunkt aus der Zeit vor der Corona-Pandemie markierte. Zudem stiegen die Löhne im Juli kräftiger.
In einer ersten Reaktion interpretierten die Kapitalmärkte den starken Arbeitsmarktbericht so, dass die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) nun doch nicht wie erhofft ihr Zinserhöhungstempo drosseln dürfte.
Es gibt jedoch auch am Arbeitsmarkt bereits erste Anzeichen, dass die Zinserhöhungen der Fed Wirkung zeigen. So ging die Anzahl offener Stellen etwas zurück, und die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen an. Der US-Arbeitsmarkt bleibt angesichts der weiterhin hohen Anzahl unbesetzter Stellen zwar überhitzt, eine leichte willkommene Abkühlung scheint jedoch einzusetzen.
Inflation wird noch erhöht bleiben
Auch im Hinblick auf die Inflation dürfte der Hochpunkt in den USA überschritten sein. Er lag im Juli mit 8,5 Prozent zwar weiterhin auf sehr hohem Niveau, angesichts rückläufiger Benzinkosten aber geringer als die im Juni verzeichneten 9,1 Prozent.
Wir erwarten, dass die Inflation noch längere Zeit erhöht bleiben und nur langsam sinken wird. In Deutschland ist diese im Juli ebenfalls auf 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Auslaufende Effekte durch den Tankrabat, das 9-Euro-Ticket sowie die kommende Gas-Umlage dürften hier in den kommenden Monaten jedoch wieder zusätzlichen Inflationsdruck ausüben.
Solange die Inflation hoch bleibt, werden die Notenbanken weiter die Zinsen erhöhen, es sei denn die Wirtschaft rutscht in eine tiefe Rezession. Damit dürften die Märkte in den kommenden Monaten weiter angespannt bleiben und die aktuelle Kurserholung der Aktien nochmals auf die Probe gestellt werden.
(Weberbank)