Das vorläufige Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum für das zweite Quartal 2022, das Ende Juli veröffentlicht wurde, hatte positiv überrascht. Mit 0,7 Prozent lag die Wirtschaftsleistung deutlich über den erwarteten 0,2 Prozent.
Vom postpandemischen Nachfrageschub nach Dienstleistungen haben vor allem stark vom Tourismus geprägte Länder wie Italien und Spanien profitiert. Der Arbeitsmarkt blieb durch den Fachkräftemangel unterstützt.
Die endgültigen Zahlen des europäischen Statistikamtes haben das gestern mit einer Quartalsrate von 0,6 Prozent nahezu bestätigt. Jedoch hat sich der Ausblick deutlich eingetrübt. Wir rechnen im weiteren Jahresverlauf mit keinen positiven Überraschungen mehr – im Gegenteil.
Bestenfalls ist in der Europäischen Währungsunion mit Stagnation zu rechnen, wenn nicht sogar mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Deutschland wird aufgrund der besonderen Abhängigkeit von russischem Gas an einer leichten Rezession nicht vorbei kommen.
Zunehmende Belastungsfaktoren, nachlassende Konsumfreude
Die Belastungsfaktoren nehmen überall zu. Die Konsumfreude lässt bereits spürbar nach. Höhere Lebenshaltungskosten schmälern das verfügbare Einkommen der Haushalte und höhere Herstellungskosten drücken die Gewinnmargen der Unternehmen. Auch trüben steigende Zinsen die Finanzierungsbedingungen für die Firmen ein.
Als neue Belastung kommt das akute Niedrigwasser im Rhein dazu, weil es bei einer längeren Dauer die Gefahr birgt, dass wichtige Rohstoffe und Vorprodukte schlicht nicht ihr Ziel erreichen und Produktionsstopps drohen.
Für eine konjunkturelle Entwarnung ist es damit leider zu früh. Bevor es besser wird, wird es zunächst noch einmal ungemütlich – im Alltag und wohl auch an den Kapitalmärkten.
(Union Investment)