Ein leichtes Nachlassen der Inflationsdynamik und Gewinnprognosen über den Erwartungen haben in den vergangenen Wochen für kräftigen Aufwind an den Aktienmärkten gesorgt. Nachdem die Börsen Mitte Juni ihr bisheriges Jahrestief erreicht hatten, hat sich die Stimmung unter den Anlegern damit wieder etwas aufgehellt. Übertriebene Euphorie ist dennoch nicht angebracht. Bei den aktuellen Kursgewinnen handelt es sich um eine temporäre Erholung innerhalb eines übergeordneten Abwärtstrends. Denn das Fundament, auf dem die momentane Erholung beruht, ist weiterhin äußerst fragil.
US-Unternehmen unter Kostendruck
Auch wenn die US-Wirtschaft zuletzt einige Entspannungssignale gesendet hat, bleiben die Unternehmensgewinne ein kritischer Faktor. Der Lohndruck durch den Aufschwung am Arbeitsmarkt und höhere Einkaufspreise bedeuten steigende Kosten für die US-Unternehmen. Da die hohe Inflation wiederum zu negativen Reallöhnen führt, erscheint eine vollständige Weitergabe dieser Kosten an die Verbraucher ausgeschlossen. Hinzu kommt die starke Aufwertung des Dollars. US-Exportgüter werden dadurch teurer. Dies könnten vor allem die großen US-Aktiengesellschaften zu spüren bekommen, die einen wesentlichen Teil ihrer Gewinne im Ausland erwirtschaften. Schon jetzt zeichnet sich bei den Gewinnschätzungen, die auf täglicher Basis aktualisiert werden, eine rückläufige Ertragsdynamik ab. Steigt der Druck auf die Margen weiter, sind Einschnitte bei den Gewinnen unausweichlich.
Aktienmärkte vor dem „Reality Check“
Ein weiterer Faktor, der im klaren Widerspruch zum momentanen Zwischenhoch an den Aktienmärkten steht, sind die erneut steigenden Zinsen. Noch wird dieser Zusammenhang größtenteils ignoriert. Führende Notenbanker der Fed haben zuletzt mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Leitzinsen – gerade im Hinblick auf 2023 – deutlich stärker ansteigen könnten als gegenwärtig erwartet. Anleger sollten den Aktienkursen daher nicht hinterherlaufen, sondern abwarten, bis der künftige Zinserhöhungspfad klarer zu erkennen ist. Sollten die Märkte in den kommenden Monaten von größeren Zinsschritten überrascht werden, sind erneute Korrekturen an den globalen Börsen wahrscheinlich. Dann wäre ein guter Zeitpunkt für Nachkäufe gekommen.
(FERI Gruppe)