Mit 45,1 nach 47,8 im Vormonat wurde zudem der niedrigste Wert seit der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 erreicht, teilt S&P Global mit.
Das erneute Absacken des EMI lag vor allem an den kräftigeren Einbußen sowohl bei der Produktion als auch bei den Auftragseingängen. Letztere schrumpften mit einer der markantesten Raten in der Umfragegeschichte. Lediglich während der globalen Finanzkrise und zu Beginn der Corona-Pandemie fielen die Rückgänge noch heftiger aus. Zahlreiche Befragte berichteten, dass in erster Linie die hohe Inflation, die steigenden Energiekosten sowie die zunehmende Zurückhaltung der Kunden angesichts der unsicheren Aussichten die Nachfrage drückten, was wiederum zur Drosselung der Fertigung bei vielen Unternehmen führte.
„Ein Ende des Negativtrends ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die finalen Oktober-Daten des EMI bestätigen den seit Juli anhaltenden Abschwung, denn auch im Berichtsmonat notierte der deutsche PMI mit 45,1 deutlich unter der 50-Punkte-Referenzlinie“, betonte Dr. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Freitag in Eschborn. Schrumpfende Auftragseingänge und ein sich weiter verdüsternder Geschäftsausblick seien deutliche Warnzeichen für eine drohende Rezession.
„Im dritten Quartal konnte sich die deutsche Volkswirtschaft noch ins Plus retten. Alle Vorlaufindikatoren – inklusive der jüngste EMI – weisen allerdings darauf hin, dass es von jetzt an Minusraten geben wird“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Freitag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. „Die aktuellen Unterstützungspakete sollten jedoch dazu beitragen, dass das Minus sich in Grenzen hält und ab dem Frühjahrsquartal wieder ein Plus zu verzeichnen sein wird. Nichtsdestotrotz ist im Jahresdurchschnitt 2023 mit einem Rückgang um 0,6 Prozent beim deutschen Bruttoinlandsprodukt zu rechnen“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Die deutschen Unternehmen werden im Winter gleich von mehreren Seiten in die Zange genommen werden. Schon jetzt beurteilen die Einkaufsmanager die Nachfragesituation immer schlechter und sprechen von zunehmenden Fertigwarenlagern, weil die Produktion nicht mehr vollständig abgesetzt werden kann. Gleichzeitig erhöht sich die Kostenbelastung durch die hohen Energiepreise, durch steigende Zinsen und auch durch einen wachsenden Lohndruck“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Freitag dem BME.
„Die Geschäftserwartungen in der deutschen Wirtschaft sind so schlecht wie selten. Die hohen Kosten für Energie und Vorleistungen belasten die Industrieproduktion“, teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen am Freitag dem BME mit. Rezessionsangst und eine trübe Weltkonjunktur drückten die Neuaufträge nach unten. Zenzen: „Der deutschen Wirtschaft steht ein ungemütlicher Rezessionswinter bevor.“
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Freitag dem BME folgende Einschätzung: „Primär aufgrund niedriger Energiepreise gaben die Weltrohstoffpreise im Oktober deutlich nach. Obwohl die deutschen Erdgasspeicher erfreulicherweise nun zu über 98 Prozent gefüllt sind, geht kein Weg an weiteren Verbrauchsreduzierungen vorbei. Dies gilt umso mehr, als Katar zuletzt Europa im Fall eines Gaspreisdeckels mit möglichen Liefereinschränkungen drohte, was ein erhebliches Anziehen der Gaspreise zur Folge hätte. Bei Erdöl war die Versorgungslage im bisherigen Jahresverlauf deutlich besser; durch die ab Anfang November geltende Kürzung der Fördermenge der OPEC könnte sie sich jedoch etwas verschlechtern und zu anziehenden Preisen führen. Bei metallischen Rohstoffen ist die Versorgung vielfach weiter eng, Rezessionsängste halten die Preise derzeit noch niedrig.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Produktion: Die Produktion ging auch im Oktober und damit den fünften Monat hintereinander zurück. Darüber hinaus beschleunigte sich der Rückgang und fiel so stark aus wie seit Mai 2020 nicht mehr, nachdem er sich in den beiden Vormonaten noch abgeschwächt hatte. In allen drei Teilbereichen schlug ein Minus zu Buche – angeführt vom Konsumgüterbereich – was in den meisten Fällen der schleppenden Nachfrage und teilweise den hohen Energiekosten zugeschrieben wurde.
Auftragseingang: Der saisonbereinigte Teilindex Auftragseingang rutschte im Berichtsmonat noch tiefer in den roten Bereich und signalisierte damit einen noch deutlicheren Nachfragerückgang. Die Schrumpfungsrate war eine der markantesten in der Umfragegeschichte (seit 1996) und wurde lediglich von denen, die während der globalen Finanzkrise und zu Beginn der Coronavirus-Pandemie gemessen wurden, übertroffen. Laut Befragten nimmt die Zurückhaltung der Kunden und damit auch die Auftragsvergabe angesichts der stetig steigenden Preise für Gas und Strom, der hohen Inflation sowie des unsicheren Geschäftsausblicks weiter zu.
Auftragseingang Export: Auch die Neuaufträge im Export gingen abermals und so kräftig wie seit fast zweieinhalb Jahren nicht mehr zurück. Rund 42 Prozent der Umfrageteilnehmer verzeichneten Einbußen, darunter waren einige Berichte über rückläufige Verkaufszahlen in China. Im Vergleich dazu meldeten nur elf Prozent ein Plus im Auslandsgeschäft.
Geschäftsaussichten: Die Zuversicht in der deutschen Industrie schwindet weiter. Der Teilindex Jahresausblick – der die Erwartungen der Unternehmen hinsichtlich der Produktion in den nächsten zwölf Monaten widerspiegelt – fiel noch tiefer unter die Referenzlinie von 50,0, die Optimismus von Pessimismus trennt, und signalisierte die düstersten Aussichten seit der ersten Covid-19-Welle Anfang 2020. Die größten Sorgen bereiten den Managern die hohe Inflation, die massiv anziehenden Energiepreise, die steigenden Zinsen sowie die Aussicht auf eine Rezession – sowohl im In- als auch im Ausland.
Beschäftigung: Trotz der deutlichen Abwärtstrends bei Produktion und Neuaufträgen hielt der Stellenaufbau in der Industrie weiter an. Mehr noch, nachdem sich die Zuwächse in den letzten vier Monaten sukzessive abgeschwächt hatten und im September auf ein 19-Monatstief gesunken waren, zog die Rate im Berichtsmonat wieder an. In den meisten Fällen wurden offene Stellen besetzt, wie einige Umfrageteilnehmer berichteten. Zugpferd des Beschäftigungswachstums war erneut der Investitionsgüterbereich.
Einkaufspreise: Nachdem die Inflationsrate der Einkaufspreise im September erstmals seit fünf Monaten leicht anzog, setzte sie im Oktober ihren Abwärtstrend fort und fiel auf den niedrigsten Stand seit Januar 2021. Angesichts der hohen Energiepreise blieb sie aber nach wie vor über dem langjährigen Durchschnittswert. Wie einige EMI-Umfrageteilnehmer berichteten, hatte sich vor allem Stahl verbilligt.
Verkaufspreise: Die Verkaufspreise verharrten auf hohem Niveau, da viele Hersteller weiter versuchten, ihre gestiegenen Kosten weiterzugeben. Der saisonbereinigte Teilindex notierte höher als jemals zuvor in der Geschichte dieser Datenreihe vor Mai 2021, gab allerdings unter anderem aufgrund von Berichten über Preisrückgänge für einige Rohstoffe und des zunehmenden Wettbewerbsdrucks leicht auf ein 18-Monatstief nach.
(BME)