Investmentfonds

Wertorientiertes Investieren – die Rückkehr eines Klassikers?

Nachdem sich Wachstumswerte in den Jahren 2020 und 2021 im Allgemeinen sehr gut entwickelt haben, sind diese Werte im Jahr 2022 unter Druck geraten. Gleichzeitig haben sich die sogenannten Value-Titel, insbesondere aus den Sektoren Energie und Versorger, zum Teil deutlich besser entwickelt als die Aktienmärkte. Doch handelt es sich dabei um einen Trendwechsel von Growth zu Value oder kehren die Wachstumstitel nach den deutlichen Kursabschlägen im Jahr 2022 zu alter Stärke zurück?

Bevor ich versuche, diese Frage zu beantworten, schauen wir uns erstmal an, was Value Investing ist und wie es funktioniert. Bei dem sogenannten Value Investing (wertorientiertes Investieren) handelt es sich um einen der ältesten systematischen Investmentansätze überhaupt. Mit diesem Ansatz versuchen Investoren die alte Börsenweisheit, Unternehmen günstig zu kaufen und später teuer zu verkaufen, umzusetzen. Anders formuliert kann man sagen, dass der Value-Ansatz genau dem entspricht, was man als rationales Handeln bezeichnet. Doch was sich in der Theorie einfach anhört, ist in der Praxis nicht ganz so leicht umzusetzen.

WIE FUNKTIONIERT VALUE INVESTING?

Im Detail zeichnet sich der wertorientierte Investmentansatz dadurch aus, dass der Portfoliomanager versucht, in Aktien zu investieren, die aus seiner Sicht günstig bewertet sind. Zur Bewertung werden bei dem klassischen Value-Ansatz Kennzahlen wie zum Beispiel das Kurs-Gewinn- Verhältnis, das Preis-Buchwert-Verhältnis oder die Dividendenrendite verwendet. Welche der unterschiedlichen Kennzahlen bei der Aktienauswahl wie genutzt werden, ist von Fonds zu Fonds unterschiedlich und liegt im Entscheidungsbereich des jeweiligen Fondsmanagers. Da billig nicht bedeutet, dass eine Aktie auch preiswert ist, versuchen die Manager, die diesen Anlagestil verwenden, mit der fundamentalen Analyse den realen Wert des Unternehmens zu ermitteln. In einem weiteren Schritt wird dann mittels einer qualitativen Analyse versucht zu klären, warum sich die jeweiligen Kennzahlen so darstellen wie sie sind, sowie deren zukünftige Entwicklung abzuschätzen. Gleichzeitig versuchen viele Fondsmanager mit Hilfe der qualitativen Analyse, die Qualität der Unternehmensführung zu bewerten, um so die Unternehmen herauszufiltern, bei denen die Unternehmenslenker im Sinne der Aktionäre handeln.

Bei der modernen Auslegung des Value-Ansatzes werden neben den klassischen Bilanzkennzahlen auch das erwartete zukünftige Wachstum des Unternehmen mitbewertet. Durch die Einbeziehung des Unternehmenswachstums können sich mehr Titel als Value-Werte qualifizieren, wodurch sich das Anlageuniversum vergrößert. Allerdings kann die Schätzung des zukünftigen Unternehmenswachstums auch eine zusätzliche Fehlerquelle bei der Beurteilung eines Unternehmens sein.

Zusätzlich zu einer günstigen Bewertung achten viele Value-Investoren auch darauf, dass die von ihnen gewählten Aktien ihnen eine Sicherheitsmarge, die sogenannte „Margin of Safety“, bietet. Dies bedeutet, dass der Marktwert eines Unternehmens an der Börse unterhalb des Bilanzwertes liegen sollte. Wie hoch diese Sicherheitsmarge sein soll, ist jedoch von Investor zu Investor unterschiedlich.

ANLAGEERFOLG IST ABHÄNGIG VON DER MARKTPHASE

Auch wenn dieser Ansatz logisch erscheint, kann mit einem wertorientierten Investmentansatz nicht in jeder Marktphase ein Mehrertrag erzielt werden, denn es gibt durchaus lange Phasen, in denen die Bewertungen der Unternehmen an den Börsen keine oder nur eine geringe Rolle spielen, da die Marktteilnehmer in einzelnen Phasen wie zum Beispiel im Jahr 2020 eher auf das Wachstum der Unternehmen achten. Dementsprechend zeigt der Value-Ansatz beispielsweise bei starken Anstiegen des Gesamtmarktes oftmals eine schlechtere Wertentwicklung als der Markt.

Auch in Phasen mit stark fallenden Kursen zeigt das wertorientierte Investieren häufig Schwächen. Viele Value-Titel stammen aus reifen Branchen und haben daher eine hohe Marktkapitalisierung mit einer entsprechend hohen Liquidität an den Börsen. In schwierigen Marktphasen nutzen Anleger die hohe Liquidität dieser Titel oftmals, um ihre Aktienquote schnell zu senken. Zudem kann auch die Sicherheitsmarge in solchen Phasen nicht vor Kursabschlägen schützen, da diese zwar in der Bilanz zu finden ist, sich aber nicht unberdingt im Verhalten der Titel an den Börsen widerspiegelt.

In der derzeitigen Marktphase könnten die sogennanten modernen Value-Ansätze erfolgversprechend sein, da die Fondsmanager hier auf ein breites Anlageuniversum zurückgreifen können als die traditionell ausgerichteten Ansätze. Insgesamt betrachtet zeigen viele akademische Studien, dass der Value-Ansatz, trotz der Schwächen in einigen Marktphasen, aufgrund der eingesetzten fundamentalen Bewertungskriterien und der umfassenden Analyse der Aktien, für den langfristig orientierten Investor ein erfolgsversprechender Investmentansatz ist.

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