Wirtschaft

Künstliche Intelligenz als Treiber des nächsten Aufschwungs?

Von Rolando Grandi, Fondsmanager bei LFDE

geralt / Pixabay

Wir leben in einer hypervernetzten Welt, in der Daten eine immer zentralere Rolle spielen. Mit dem Aufkommen generativer künstlicher Intelligenz (KI) entstehen heute vielversprechende Möglichkeiten zur Bewältigung von Herausforderungen in sämtlichen Bereichen, vom Gesundheitswesen bis zum Transportsektor. Der technologische Wettlauf zwischen verschiedenen Ländern und Unternehmen in Verbindung mit KI bringt wertvolle Vorteile und hat eine transformierende Wirkung. Die Implementierung von KI wird für den Erfolg von Unternehmen im kommenden Jahrzehnt entscheidend sein.

Wirtschaftlicher Produktivitätsschub dank KI

Mit der Verbreitung generativer KI wie ChatGPT eröffnen sich auch für Investoren neue Perspektiven. Wenn 70 % der Unternehmen bis 2030 beginnen, Formen von KI zu nutzen, könnte dies für einen Anstieg des weltweiten BIP um 1,2 % pro Jahr sorgen [1]. Ohne den Beitrag durch KI und die von ihr profitierenden Unternehmen würde der S&P 500 in diesem Jahr um 2 % fallen [2]. Dem US-amerikanischen Fondsmanager Paul Tudor Jones zufolge ließ sich in den letzten 75 Jahren kaum eine Dynamik beobachten, die dem aktuellen wirtschaftlichen Produktivitätsschub im Zusammenhang mit KI nahekommt.

Bisher hat sich die Beschleunigung dieses KI-Wettlaufs an der Börse im Höhenflug von Unternehmen wie NVIDIA gezeigt. Der weltweit führende Hersteller von Grafikprozessoren, der vor Kurzem eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Billion US-Dollar erreicht hat, wird Schätzungen zufolge im kommenden Quartal seinen Umsatz im Segment Rechenzentren verdoppeln. Die ersten Gewinner sind die Halbleiterhersteller: Die Nachfrage nach Grafikprozessoren ist hoch, da sie sich zur Entwicklung neuer KI-Algorithmen einsetzen lassen. Davon profitiert die Branche als Ganzes, und es entstehen Investitionsmöglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In den USA hat der Halbleitersektor einen Wertzuwachs von 32 % seit Jahresbeginn verzeichnet, während die Softwarebranche bisher 18 % zugelegt hat. Doch sobald der Wettlauf im Chip-Bereich beendet ist, wird er sich bei den Apps fortsetzen. Daher dürfte insbesondere der Softwaresektor ab dem nächsten Jahr eine Beschleunigung erleben – mit Aussichten auf nachhaltiges Wachstum.

Biotech, Telekom, additive Fertigung – die Transformation hat begonnen

Bisher ungekannte Mengen an verfügbaren Daten und rasante Fortschritte bei der Rechenleistung eröffnen neue Möglichkeiten für den Einsatz generativer KI. KI, Biotech, Telekommunikation, Raumfahrt, intelligente Materialien und additive Fertigung: Die Konvergenz und die Auswirkungen dieser Technologien werden für tiefgreifende Transformation sorgen (das „T“ in Chat GPT steht für Transformer). Das deutsche Biotech-Unternehmen BioNTech hat beispielsweise angekündigt, InstaDeep [3], ein Start-up mit Schwerpunkt auf KI und maschinellem Lernen, für über 600 Millionen Euro zu übernehmen. Ziel ist der Aufbau eines weltweit führenden Unternehmens, das biopharmazeutische Forschung und KI miteinander verbindet. Der Einsatz generativer KI zur Entwicklung von personalisierten Immuntherapien, Proteinen und neuen Behandlungsmethoden für Krebs oder Alzheimer steht ebenfalls erst am Anfang.

Mit der zunehmenden Verbreitung von KI gehen strategische, wirtschaftliche und finanzielle, wissenschaftliche und ethische Herausforderungen einher. Natürlich sind entsprechende Vorschriften nötig. So wurde etwa im Mai auf dem G7-Gipfel in Hiroshima eine Arbeitsgruppe zu generativer KI und der verantwortungsbewussten Nutzung von KI gegründet. Wir stehen, wie der Microsoft-CEO Satya Nadella erklärte, am Beginn einer neuen Ära der KI. Die Gewinner werden Unternehmen sein, die gut aufgestellt sind, um die Entwicklungsschübe der KI für sich zu nutzen – sowie Investoren, die auf Innovation und nachhaltiges Wachstum setzen.

(LFDE)

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