Gut anzulegen, war in den letzten 20 Jahren im Grunde sehr einfach. Insgesamt boten die globalen Finanzmärkte Investoren attraktive Renditen. Die Markterträge reichten pro Jahr von 2,5 Prozent für Euro-Anleihen über sieben Prozent beim Weltaktienmarkt bis hin zu 14 Prozent bei Tech-Aktien. Studien unter anderem der Bundesbank zeigen jedoch, dass es Anlegern schwerfiel, diese Wertsteigerungen auch einzufangen. Die Gründe dafür können zu geringe Aktienquoten oder hohe Produktkosten sein. Vor allem bei Fonds dürften auch eine mangelhafte Produktqualität und ein ungenügendes Fondsmanagement eine entscheidende Rolle spielen. Bedeutender für das schwache Abschneiden der Anleger als all diese Gründe sind aber andere Renditekiller: Vertriebsmechanismen und Anlegerverhalten.
Um Produktkosten zu kompensieren oder die oftmals als zu gering empfundene Marktrendite zu übertreffen, begeben sich professionelle wie private Anleger auf die Suche nach der Mehrrendite – eine Herkulesaufgabe. Strukturelle Wachstumstrends wie erneuerbare Energien oder Internetaktien übergewichten, vermeintliche Verlierer vermeiden, Faktorprämien einsammeln und Fonds mit nachgewiesener Outperformance kaufen: Die Bandbreite an gewinnbringenden Anlagestrategien scheint riesig. Doch die Realität spricht eine andere Sprache. Mittels der kapitalgewichteten Anlegerrenditen lässt sich nachvollziehen, wie die gesammelten Erträge – gemessen daran, wann die Anleger ihr Geld investierten – wirklich aussahen. Diese Anlegerrendite liegt oft deutlich unterhalb der zeitgewichteten Fondsrendite. Nicht selten liegt sie sogar in negativem Terrain, obwohl der jeweilige Fonds eine tolle Performance aufweist. Das Analysehaus Morningstar nennt diesen Unterschied den „Investor Return Gap“, also die Lücke zwischen Fondsund Anlegerperformance.
Es überrascht nicht, dass Fonds mit der am höchsten jemals gemessenen jährlichen Wertentwicklung, die während der Corona- Pandemie 2020 auftrat, die größten Renditelücken aufweisen. Fonds wie der Thematica – Future Mobility (+188 %), Green Benefit Global Impact (+172 %) oder BIT Global Internet Leaders (+170 %) erreichten 2020 so außergewöhnliche Kurssteigerungen, dass sie in der Folge Scharen neuer Anleger anzogen. In den Jahren 2021 bis 2022 folgten dann Kursverluste, die zu den höchsten Renditelücken am europäischen Fondsmarkt führten. Minus 33 Prozent, minus 28 Prozent und minus elf Prozent pro Jahr lauten die Renditeunterschiede für diese Fonds über drei Jahre. Anleger verzeichneten über diesen Zeitraum dadurch insgesamt sogar Wertverluste! Doch wer denkt, diese beispielhaft aufgeführten Fonds würden die unschöne Ausnahme bilden, irrt. Die Mehrheit aller Fonds weist negative Return Gaps auf. Für ETFs ist die Return Gap nicht messbar, doch dürfte es auch Passiv-Anlegern so ergangen sein. Branchen- und Themeninvestments sind besonders betroffen. Für auf den ersten Blick weniger performante Fonds wie den DNB Technology (+15 % p. a.) oder gar wahre Langweiler-Fonds wie den DWS Top Dividende (+8 % p. a.) liegt die Renditelücke hingegen bei null Prozent. Anleger konnten somit über die letzten drei Jahre die Performance dieser Fonds wirklich einfahren.
Die Lehre der Geschichte? Eine Mehrrendite ist für Anleger wünschenswert, die Suche nach ihr verleitet aber auch zu prozyklischem und renditeminderndem Verhalten. Strategische Portfolios, die nicht zwingend mit Highflyer-Fonds bestückt sind, gewinnen zwar keine Performance- Preise, liefern aber echten Kapitalzuwachs. Tiefergehende Kenntnisse über die Fondsstrategie und das -management sowie das potenzielle Fondsverhalten helfen Anlegern, realistische Ertragserwartungen zu formulieren und auch in schwierigen Zeiten am Investment festzuhalten. Entscheidend dafür ist ein qualitätsorientierter Fondsauswahlprozess. Progressive Themen- und Branchenfonds sind per se keine schlechten Investments. Doch erfordern sie ein besonderes Maß an Disziplin und möglichst antizyklische Investmententscheidungen, damit die Kurspotenziale auch in echtem Anlageerfolg münden.
DANIEL ARNDT