Lag der mittlere Return on Equity (ROE) der zehn größten Institute zwischen 2001 und 2007 noch bei durchschnittlich 16 Prozent, so sank er zwischen 2008 und 2014 nach der Finanzkrise auf 5 Prozent. Die Gründe: höhere Kosten und ein regulatorisch bedingter niedrigerer Leverage. Auch die aktuelle Rendite liegt immer noch unter den Eigenkapitalkosten.
Zwar haben die Corporate- und Investment-Banken in den letzten Jahren schon Geschäftsbereiche optimiert, sich aus bestimmten Segmenten zurückgezogen und weitere Maßnahmen ergriffen. Doch das reicht nicht aus; Finanzinstitute sollten sich grundlegend verändern, wenn sie künftig ihre Eigenkapitalkosten decken wollen, so die neue Studie von Roland Berger Strategy Consultants, Nomura Global Research und Tricumen „CIB Outlook 2015: Industrial Journey – Episode II“.
Hohe Einmalkosten belasten Rendite
Die Erträge im Corporate- und Investment-Banking werden 2015 nicht wesentlich steigen, denn höhere Erlöse aus dem Handel mit Aktien oder durch M&A-Transaktionen werden durch rückläufige Umsätze beim Handel mit festverzinslichen Wertpapieren geschmälert. Zudem belasten Einmalaufwendungen die Cost-Income-Ratio weiter. Bei den zehn größten Marktakteuren mussten im Jahr 2014 insgesamt 12,5 Prozent der gesamten Kosten für Restrukturierung, Compliance und insbesondere Rechts- und Prozesskosten aufgewendet werden. Der Hauptanteil davon sind Strafzahlungen, die sich seit der Finanzkrise auf insgesamt 160 Milliarden Dollar summiert haben.
„Um diese erheblichen Kosteneffekte zu kompensieren, werden viele Banken ihre Kosten weiter reduzieren müssen“, sagt Roland Berger-Partner Dominik Löber. „Gelingt dies und gehen die Einmalaufwendungen zurück, so ist eine Steigerung des ROE auf 11-14 Prozent bis 2016 realistisch.“ Wichtig ist dabei die Entwicklung der Risikokosten, da sich diese durch den Rückgang der Kreditausfallraten aktuell auf sehr niedrigem Niveau befinden.
Kundenzentrierte Industrialisierung – der richtige Mix aus Fabrik und Boutique
In einigen Gebieten spielen Know-How und Agilität eine wichtige Rolle, um Produkte mit hohen Margen in kleinen Mengen erfolgreich anzubieten. In anderen Bereichen sind hingegen Skaleneffekte entscheidend, um standardisierte Produkte mit geringen Margen in großen Mengen herzustellen. Diese zwei Ansätze müssen Finanzinstitute im Corporate- und Investmentbanking nun verbinden – je nach Kundenwünschen.
Viele Banken haben bereits darauf reagiert und ihre gesamte Organisation und Back-Office-Prozesse stärker auf die Kundenanforderungen ausgerichtet. Diese Strategie erfordert allerdings eine detaillierte Segmentierung der Kunden sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen Kundenberatern, Produktexperten und Back-Office-Abteilungen. „Firmenkunden erwarten ein breites Leistungsspektrum – vom klassischen Kredit bis hin zur komplexen Akquisitionsfinanzierung“, sagt Dominik Löber. „Um diesen Spagat hinzubekommen sowie regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Banken die Rentabilität ihrer Kunden und Produkte systematisch analysieren, um bei negativen Entwicklungen schnell reagieren zu können.“ Wichtig ist außerdem, dass Finanzinstitute Compliance-Strukturen entsprechend ihrem Leistungsspektrum implementieren.
Digitalisierung des Geschäftsmodells vorantreiben
Um den Kundenwünschen besser entgegen zu kommen, sollten Banken die Digitalisierung schnell vorantreiben. Hier wird das digitale Kundenerlebnis – etwa bei e-trading-Plattformen – eine sehr wichtige Rolle spielen. Ein höherer Digitalisierungsgrad wird aber auch bei internen Prozessen aus Kosten- und Effizienzgründen immer relevanter. Dies erfordert hohe Investitionen in neue Systeme, wird aber zukünftig eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Institute sein. Eine zentrale Rolle in der Digitalisierung des Corporate- und Investmentbankings spielen außerdem Big Data-Analysesysteme. Denn damit lassen sich relevante Kunden- und Risikoinformationen genauer auswerten und Banking-Prozesse besser steuern.
Doch der digitale Wandel betrifft nicht nur Banken; mit FinTech-Unternehmen treten neue Marktakteure in die angestammten Geschäftsfelder ein. Diese agieren allerdings nicht nur als Konkurrenten, sondern können auch als Partner der Banken in digitale Ökosysteme eingebunden werden. „Allein den digitalen Wandel zu schaffen, ist für Finanzinstitute sehr schwierig“, erklärt Roland Berger-Partner Klaus Juchem. „Partnerschaften und digitale Ökosysteme bieten Banken und FinTech-Firmen die Chance, voneinander zu lernen und gemeinsam von diesem Markt zu profitieren.“
Neues Geschäftsmodell erfordert kulturellen Wandel
Nicht nur der Aufbau eines digitalen Geschäftsmodells erfordert einen kulturellen Wandel im weltweiten Bankensektor. Auch die neuesten Skandale wegen Zins- und Währungsmanipulationen oder die fehlerhafte Beratung bei Kreditgeschäften führten zu hohen Strafzahlungen. Dies hat zudem das Image der Banken in den vergangenen Jahren stark beschädigt und ihre Attraktivität als Arbeitergeber leiden lassen. Deshalb sollten Banken traditionelle Personalmaßnahmen mit innovativen Ideen verbinden. Beim so genannten „Reverse-Mentoring“ wird jeder Führungskraft ein „Digital Native“ als Mentor zur Seite gestellt, um das Bewusstsein für digitale Trends zu erhöhen. Ebenso wichtig ist es, branchenfremde Mitarbeiter einzustellen, um tiefgründige Kompetenzen in den Bereichen Industrialisierung und Digitalisierung zu gewinnen.
Doch dieser kulturelle Wandel kann nur erfolgreich sein, wenn ihn alle Führungskräfte eines Finanzinstitutes mittragen und vorleben. Denn das schafft Vertrauen in neue Strukturen und Verantwortlichkeiten. „Auch wenn Kostendruck, Industrialisierung und Regulierung weiterhin die größten Herausforderungen für den Bankensektor sind, sollten Corporate- und Investmentbanken den Wandel zur kundenzentrierten, digitalen Bank konsequent umsetzen, um künftig auch gegenüber neuen Marktteilnehmern wettbewerbsfähig zu sein“, fasst Juchem zusammen.