Opinion Leader

Edda Schröder

Gründerin und Geschäftsführerin, Invest in Visions

"Hat die Fondsbranche das Thema ESG auf den Vormarsch gebracht?"

Einhergehend mit der Einführung der EU-Taxonomie hat sich die Fondsbranche in den 2020er Jahren intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit und Impact Investing befasst. Erhebliche Mittelzuflüsse waren insbesondere in grüne Geldanlagen zu verzeichnen. Angetrieben wurde dies zum einen durch ein wachsendes Verständnis der Öffentlichkeit für Nachhaltigkeit und die Konsequenzen des Klimawandels und zum anderen durch die zunehmende Regulierung. Die EU-Taxonomie, im Zuge derer die Klassifizierung von Fonds in der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) geregelt wird, hat der Fondsbranche die Notwendigkeit nachhaltigen Investierens verdeutlicht.  Sie hat außerdem das Bewusstsein geschärft, dass es zur nachhaltigen Transformation der Wirtschaft wichtig ist, Investmentgelder stärker in nachhaltige Geldanlagen anzulegen oder umzuschichten. Zwar gab es dann noch Nachjustierungen bei den Vorschriften aufgrund von „Greenwashing-Vorwürfen“, jedoch hat es letztendlich die Fondsmanager dazu bewegt solche Unternehmen zu begünstigen, die aktiv zur Nachhaltigkeit beitragen. Profitiert haben bisher vor allem grüne Anlagen, die Dekarbonisierung unterstützen und den Klimawandel einzudämmen versuchen.

Hier ist aber lediglich nur ein Aspekt von ESG (Environment, Social, Government) berücksichtigt, nämlich das „E“ (deutsch Umwelt). Was die Ausführung und Umsetzung von ESG insgesamt mit all seinen Facetten betrifft, gibt es jedoch noch Verbesserungspotenzial. Für die nachhaltigen sozialen Investitionsmöglichkeiten, also das „S“ und das „G“, gibt es immer noch keine klaren Regularien und einheitlichen Messmethoden. Somit ist es nicht verwunderlich, dass diese Bereiche nur wenig Beachtung finden. Denn ohne eine klare Maßgabe, was und wie gemessen werden soll, ist es für Investoren schwierig eine Wirkung nachzuweisen. Aber bei aller Kritik, der Anfang ist in der Fondsbranche gemacht, und es gibt zunehmend Asset Manager, die auch die sozialen und Governance-Aspekte bei ihren Anlagen berücksichtigen.

Ein Bereich innerhalb der alternativen Anlageformen, der noch großes Potenzial birgt, sind Privatmarktanlagen, wie Private Equity oder Private Debt. Da es sich hier um langfristige Finanzierungen handelt, eröffnet dies enorme Möglichkeiten, einen künftig noch stärkeren und noch größeren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten. Zwar sind diese Produkte Privatanlegern bisher nur schwer zugänglich, jedoch ändert sich dies allmählich. Hier haben Anleger bessere Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensstrategie und die Berücksichtigung von ESG.

Leider ist in den vergangenen Monaten das Thema des nachhaltigen Investierens jedoch aufgrund des Ukrainekriegs, der darauf folgenden Energiekrise und der überbordenden Bürokratie als Folge der EU-Taxonomie in den Hintergrund gerückt. Das hat die Akzeptanz nachhaltiger Investments ins Wanken gebracht und ihre Wichtigkeit in Frage gestellt. Die Unternehmen sind größtenteils überfordert und verlieren sich im Kleinklein der gesetzlichen Vorschriften. Fortschritte sind nur möglich, wenn es klare, messbare und einfach umzusetzende Richtlinien gibt, anhand derer Unternehmen und Asset Manager agieren und private sowie institutionelle Anleger nachhaltige Investments erkennen können. Hier wäre Weitblick auf Seiten der Politik wünschenswert sowie klarer definierte Zeiträume und Ziele. Am Ende kann es nicht nur darum gehen, lediglich bis zum eigenen Tellerrand zu blicken. Sinnvoll betriebene Nachhaltigkeit darf nicht an nationalen oder regionalen Grenzen aufhören. Wir haben es mit globalen Problemen zu tun. Und zwar betrifft das nicht nur den Klima­wandel, das gilt genauso für das Migrationsproblem oder eine zuletzt wieder gestiegene Ungleichheit in der Welt.

Bei aller Kritik sollte man jedoch nicht vergessen, dass die Regulierung einen wichtigen Beitrag zum Umdenken geleistet hat – sowohl in der Fondsbranche als auch allgemein in der Bevölkerung. Es werden heute erheblich mehr Gelder nachhaltig angelegt als dies noch vor fünf oder zehn Jahren der Fall war. Jedoch muss die Politik Augenmaß und Weitblick beweisen, wenn Investoren dazu ermutigt werden sollen, zunehmend Kapital in nachhaltige Investments zu investieren. Außerdem sind Transparenz und für den privaten Anleger einfach zu verstehende Produktklassifikationen notwendig, um zunehmend Gelder in nachhaltige Anlageprodukte fließen zu lassen. An dieser Stelle kann auch die Fondsbranche, die bereits einen guten Anfang geleistet hat, erheblich zum Erfolg von ESG und nachhaltigen Investments beitragen.

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