Seit zehn Jahren werden geschlossene Fonds gleichwertig mit offenen Fonds im Kapitalanlagegesetzbuch reguliert. Bis vor wenigen Wochen konnte man sagen „Zehn erfolgreiche Jahre“, da bis dato keine Probleme oder Skandale aufgetreten waren. Bis vor wenigen Wochen …
Mitte August hat ein Emissionshaus – mit, gemäß Presseberichten, über 30.000 Anlegern und einem investierten Eigenkapital von deutlich über einer Milliarde Euro – Insolvenz anmelden müssen. Wie konnte das jetzt passieren?
Diese Frage wird sicherlich noch eine lange Zeit Anleger, Vertriebspartner und final vermutlich wieder Gerichte beschäftigen, was aber hier nicht im Zentrum der Diskussion stehen soll.
Stattdessen wollen wir uns den Auswirkungen auf den Markt für geschlossene Investmentvermögen in Form von Alternativen Investmentfonds zuwenden. Was kann man zwei Monate nach der Insolvenz bereits feststellen?
In vielen Gesprächen haben die Kolumnisten erfahren, dass diese Insolvenz eine große Belastung für die Vertriebe darstellt. Entweder, weil eigene Kunden betroffen sind und jetzt ein erhöhter Beratungs- und Unterstützungsbedarf gesehen wird oder aber, dass der Berater selbst unsicher ist, ob ein AIF eigentlich noch das richtige Produkt ist. Ist dieses Verhalten rational?
Lassen Sie uns exemplarisch einen ETF zum Vergleich heranziehen. Der immer wieder in der Presse prominent genannte ARK Innovation (ISIN US00214Q1040) hatte sich vom Tiefpunkt am 19. März 2020 bei 37,81 US-Dollar innerhalb von nicht einmal einem Jahr auf den bisherigen Höchststand von 156,58 US-Dollar (per 12.02.21) mehr als vervierfacht. Medien lobten den disruptiven Ansatz und vor allem die Managerin Catherine Wood. Dem Fonds flossen Ende 2020 monatlich über drei Milliarden Euro Kapital zu. Ärgerlich nur, dass der Kurs vom „All Time High“ innerhalb von drei Wochen fast 30 Prozent an Wert verlor und der Fonds seitdem eine Talfahrt bis hinunter auf 29,64 US-Dollar am 28. Dezember 2022 machte. Ein Verlust von über 80 Prozent!
Vermutlich hat kein Berater in dieser Phase den Versuch unternommen, alle offenen Fonds oder zumindest alle ETFs als „gefährlich“ zu branden und diese Anlageklasse nicht mehr angeboten.
Ein anderes Beispiel könnte die Kursentwicklung des Bitcoins sein. Nach dem Hoch im November 2021 bei über 56.000 Euro fiel der Kurs bis Dezember 2022 um fast drei Viertel auf knapp über 15.000 Euro. Werden deshalb alle Krypto-Werte verworfen?
Wir Emittenten und Vermittler in der Branche der Sachwerte sollten aus diesen Beispielen eine klare Konsequenz ziehen. Es gibt keine Sippenhaft und definitiv kann nicht jedes Investment zum prognostizierten Erfolg führen!
Manche Anlagestrategien funktionieren besser, andere schlechter. Manche funktionieren vielleicht auch gar nicht oder zumindest in einem bestimmten Marktumfeld nicht oder nicht mehr. Das darf aber nicht als Grund herangezogen werden, ein Segment für die Zukunft komplett zu meiden, sondern sollte eher als Anlass dienen, künftig noch genauer die zugrundeliegende Geschäftsstrategie des Emittenten und die Anlagebedingungen des Fonds zu analysieren. Dabei kann man sich unter anderem auf externe Berater wie Analysten oder Pools stützen. Aber auch der Austausch mit anderen Vertrieblern, zum Beispiel auf Veranstaltungen, kann helfen, einen besseren Eindruck von der Kompetenz und Zuverlässigkeit von Emissionshäusern und den handelnden Personen zu erhalten.
Wir sollten gemeinsam nicht zulassen, dass ein einzelnes schwaches Ergebnis die gesamte Branche in Misskredit bringt. Dafür ist der Markt der Sachwertanlagen zu wichtig für eine optimale Diversifikationsstrategie vermögender Privatkunden und auch zur Erreichung der Klimaziele. Nicht nur im aktuellen Inflationsumfeld können Sachwerte einen positiven Mehrwert in Form einer realen Rendite ermöglichen, sondern auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Transformation gibt es keine Branche, die stärkeren Einfluss nehmen kann als dies über Sachwerte möglich ist.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, Transparenz und Klarheit noch weiter zu stärken, damit Vertriebe und Anleger auch weiterhin diese überaus hilfreiche und spannende Assetklasse nutzen.
JENS FREUDENBERG UND DR. MICHAEL KÖNIG