Herr Pellis, mittlerweile scheint das von der Bundesregierung geplante Altersvorsorgedepot auf die Zielgerade einzubiegen. Wie zufrieden sind Sie?
CHRISTIAN PELLIS: Das, was über den Gesetzesentwurf aktuell bekannt ist, stimmt mich positiv. Wenn die Regierungskoalition bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält und das Gesetz tatsächlich zustande bringt, wäre dies ein wichtiger Beitrag für die private Altersvorsorge in Deutschland. Denn Stand heute sind die Bedingungen der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge hierzulande nicht attraktiv genug. Die Folge: Zu wenige Menschen nutzen die Möglichkeiten der Finanz- und Kapitalmärkte, um finanziell für das Alter vorzusorgen. Das geplante Vorhaben könnte das nun ändern.
Worin sehen Sie die Vorteile des neuen Instruments?
CHRISTIAN PELLIS: Die lassen sich in drei Punkten zusammenfassen. Mehr Flexibilität, mehr Vielfalt und mehr Renditechancen. So haben Vorsorgesparer künftig zum Beispiel die Möglichkeit, zwischen zwei verschiedenen Modellen zu wählen. Sicherheitsorientierte Sparer können auf geförderte Garantieprodukte mit unterschiedlichen Sicherheitslevels setzen. Chancenorientierte Anleger hingegen können sich für das Vorsorgedepot entscheiden,das über keine Garantien verfügt, dafür aber mehr Renditechancen ermöglicht. Das Mehr an Chancen erwächst vor allem dadurch, dass im Rahmen des Vorsorgedepots ein vielfältiges Spektrum an Anlageklassen genutzt werden kann. Dazu zählen unter anderem auch Aktien und andere Sachwertanlagen. Für den langfristigen Vermögensaufbau sind diese Assetklassen unverzichtbar.
Die sind aber mit Risiken verbunden.
CHRISTIAN PELLIS: Das ist richtig. Risiko bedeutet Wertschwankungen, also das Auf und Ab an den Märkten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich Marktschwankungen in der Regel über einen langen Zeithorizont wieder ausgleichen. Langfristig ausgerichtete Konzepte wie das Altersvorsorgedepot benötigen daher keine zusätzlichen Garantieanforderungen. Solch eine verpflichtende Sicherheitsorientierung würde lediglich die Renditechancen der Vorsorgenden unnötig reduzieren. Bei der RiesterRente konnte man diesen Effekt leider gut beobachten.
Gibt es Punkte, die Ihnen Sorgen bereiten?
CHRISTIAN PELLIS: Nach den Worten des zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Florian Toncar, soll mit dem Altersvorsorgedepot ein einfaches und transparentes Angebot geschaffen werden. Die Förderungssystematik soll unkompliziert und unbürokratisch sein. Gelingt dies tatsächlich, dürfte ein zentrales Hindernis aus dem Weg geräumt sein, das viele Menschen bisher daran gehindert hat, privat vorzusorgen. Man wird abwarten müssen, ob das finale Gesetz diesem Anspruch am Ende gerecht werden kann. Sicher ist, dass gegenüber dem bisherigen Fördersystem einige Hürden abgebaut werden müssen.
Die Deutschen gelten eher als ein Volk der Sparer. Der Kapitalmarkt ist ihnen fremd. Kann das Altersvorsorgedepot daran etwas ändern?
CHRISTIAN PELLIS: Das wird sich zeigen. In jedem Fall könnte das Depot eine solide Brücke darstellen, auf der man gut auf die Seite der Kapitalmärkte gelangen kann. Diese Brücke zu betreten, ist letztendlich Sache der Menschen selbst. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass etliche diesen Schritt machen werden, vor allem, wenn wir mehr ins Thema finanzielle Bildung investieren. Und dass das Interesse in der Bevölkerung wächst, zeigen aktuelle Umfragen. So etwa eine Befragung der Postbank aus dem Sommer. Danach scheint das Interesse der Menschen an der neuen Vorsorgeform groß zu sein. 58 Prozent der Erwerbstätigen erwägen das Altersvorsorgedepot zu verwenden. Fast jeder zweite Befragte, der bislang nicht am Kapitalmarkt anlegt, würde dank des geplanten Förderprogramms erstmalig Geld in Wertpapiere investieren, um für das Alter vorzusorgen. 86 Prozent der Befragten, die bereits Fonds und Aktien für die Altersvorsorge nutzen, würden ihre Investitionen erhöhen. Das stimmt doch hoffnungsfroh.
Vielen Dank für das Gespräch.