Unermüdlich wird auf die Vorteile von Sachwertinvestitionen, egal in welcher Verpackung, hingewiesen. Meist in Abgrenzung zu reinen Geldwertinvestments wie Festgelder oder Anleihen sollen Sachwerte vor allem eine höhere Stabilität und einen mittelfristigen Inflationsschutz bieten. Vertreter der auf Harry Markowitz zurückgehenden Portfoliotheorie verweisen zudem darauf, dass die Schwankung des Vermögens durch Beimischung von zusätzlichen Assetklassen wie Immobilien, Private Equity oder Energieund Infrastrukturprojekten abnimmt und die Gesamtrentabilität steigt.
Die Zinssteigerungen der Jahre 2022 und 2023 führten vor allem bei Immobilien zu teils deutlichen Verwerfungen. Nicht nur Projektentwickler wie René Benko sind in die Insolvenz gerutscht, auch Fondsanlagen und vor allem fondsähnliche Konzepte, zum Beispiel in Form von Nachrangdarlehen, waren betroffen. Die Folge sind verschobene Auszahlungen, geringere Neuinvestitionen und teilweise auch Insolvenzen. Aber wie kann das sein?
Bei einem historischen Blick auf den Markt für Sachwertinvestitionen erinnern sich die Kolumnisten noch gut an die Zeit vor und nach der Jahrtausendwende. Vor allem steuerliche Vorteile (insbesondere Schiffe oder Immobilien als Bauherrenmodell oder Fördergebietsabschreibung) motivierten Anleger zur Zeichnung von geschlossenen Fonds. Das zugrundeliegende Asset war im Verkaufsgespräch oftmals nebensächlich und eher Mittel zum Zweck. In der Spitze führte dies vor 20 Jahren dazu, dass einzelne Emissionshäuser über eine Milliarde Euro Eigenkapital im Jahr platzierten.
Durch diverse Pleiten, Pech und Pannen dieser als „Beteiligungen“ benannten Fonds wurde der Anlegerschutz immer mehr in den Mittelpunkt gerückt, was in der letzten Evolutionsstufe im Alternativen Investmentfonds (AIF) mündete, der ab 2013 gemeinsam mit den offenen Investmentfonds weitgehend einheitlich nach Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) reguliert wurde. Knapp zehn Jahre war dies wirtschaftlich für Anleger eine Erfolgsgeschichte, auch wenn die jährlichen Umsatzzahlen aller AIFs meist kaum höher waren als vor zwanzig Jahren bei einem Anbieter allein.
Vielleicht wurden Berater und Kunden dabei zu sorglos bei der Risikobewertung und Detailprüfung der Anlagen? Jedenfalls hat der unerwartet schnelle Zinsanstieg seit 2022 vor allem im Immobilienbereich zu einem Stillstand am Transaktionsmarkt, rückläufigen Preisen und final zu Insolvenzen vormals bekannter und großer Gesellschaften geführt. Dass der erste betroffene Anbieter die Stabilität seiner Fonds vorher immer mit dem Verweis auf den Verzicht auf Fremdkapital hervorgehoben hatte, kann sicherlich als Nebenaspekt vernachlässigt werden. In jedem Fall belasten diese Insolvenzen von Sachwertanbietern oder als solche wahrgenommene Immobilieninvestments der letzten Monate deutlich den Neuabsatz.
Die Lösung – so hört man es derzeit auf allen Fluren – soll der „European Long-Term Investment Funds“, kurz ELTIF, bieten. Die neue Variante ELTIF 2.0 kann dabei eher als geschlossenes Investmentvermögen, ähnlich einem geschlossenen AIF, ausgestaltet sein oder mit Kündigungsfristen und damit tendenziell einem offenen Immobilienfonds (OIF) nahekommend. Die Herausforderung, einen grundsätzlich illiquiden Sachwert (wie Immobilien, Anlagen zur Energieerzeugung oder Infrastruktur) mit einer Frist von zum Beispiel zwölf Monaten kündigen zu können, zeigt sich seit einem Jahr bei den OIFs. Mit einem genossenschaftlichen OIF hat im Juni der zweite namhafte Fonds eine Wertkorrektur im zweistelligen Prozentbereich vorgenommen, die angesichts der bisherigen Renditen von zumeist deutlich unter drei Prozent eher als Erdrutsch zu bezeichnen ist.
Sowohl AIF als auch OIF hatten sehr ruhige Jahre hinter sich und wurden entsprechend positiv wahrgenommen. Beide Kategorien mussten aber in der aktuellen Situation erfahren, dass es IMMER auf das Asset und das Management ankommt. Zu hohe Risiken werden in einer Stresssituation schnell zur Herausforderung. Daher wird es auch künftig für Berater und Investoren darauf ankommen, ein eigenes Bild von den Chancen, aber auch Risiken der Anlagen zu entwickeln. Auch der ELTIF 2.0 wird sich in Zukunft also erst in Krisenzeiten bewähren können, trotz neuer und auf den ersten Blick spannender Verpackung!
Mit dieser, unserer letzten Kolumne, möchten wir uns von Ihnen verabschieden. Die letzten drei Jahre haben uns – und hoffentlich Ihnen auch – viel Spaß gemacht. Mit den Kolumnen wollten wir zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln anregen und gerne auch anderen Sichtweisen Raum geben. Jetzt wird es Zeit, dass andere Kolumnisten dies fortführen. Wir hoffen, Sie bleiben „Mein Geld“ und den Sachwertinvestitionen weiter gewogen, denn auch ohne unsere Kolumne bleibt diese Assetklasse immer jeden Blick wert.
JENS FREUDENBERG UND DR. MICHAEL KÖNIG