Wirtschaft

IPO-Geschäft in Deutschland braucht einen Eisbrecher

Das Geschäft mit Börsengängen ist in Deutschland im ersten Quartal nahezu zum Erliegen gekommen

Börsensaal Frankfurt

Wie sich der Markt im weiteren Jahresverlauf entwickeln wird, erläutert Dr. Markus Käpplinger, Partner bei der globalen Wirtschaftskanzlei Goodwin in Frankfurt.

Der deutsche IPO-Markt benötigt dringend einen Eisbrecher.

Die jüngste Korrektur an den Börsen mit hohen Kursschwankungen und die diversen geopolitischen Spannungen verunsichern viele Anleger. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Cinven und Bain den geplanten Stada-IPO verschoben haben. Diese Unsicherheit sehen wir auch bei unseren Mandanten, die sich im Rahmen von Kapitalerhöhungen über die Börse finanzieren wollen und den Schritt immer wieder hinauszögern.

Sobald sich ein Boden gebildet und die Handelskonflikte zwischen den USA und anderen Ländern sowie die innen- und geopolitische Lage beruhigt haben, könnte sich das Klima für IPOs aber rasch bessern. Das Geld ist bei den Anlegern nämlich vorhanden, ebenso besteht eine gut gefüllte IPO Pipeline: Thyssenkrupp hat bereits beschlossen, die U-Boot-Sparte TKMS an die Börse zu bringen, und Continental plant ähnliches für den Bereich Automotive.

Diese potenziellen Mega-IPOs könnten das Vertrauen der Anleger stärken und das Geschäft mit Börsengängen in Deutschland im zweiten oder dritten Quartal des Jahres wiederbeleben. Mit dem Krypto-Finanzdienstleister Bitpanda und der auf Kleinkraftwerke spezialisierten Blue Energy Group stehen weitere Unternehmen mit spannenden Geschäftsmodellen in den Startlöchern.

Sollte der Markt weiterhin so volatil bleiben, werden wir wieder öfter Dual-Track Verfahren sehen wie heute Nacht bei der OLB – im Zuge eines solchen Dual-Track-Verfahrens kam statt des geplanten Börsengangs ein Verkauf an einen strategischen Investor zustande, hier an die Targobank.

Sehr beunruhigend für den europäischen Markt ist dagegen der sich schon seit längerem abzeichnende Trend, dass europäische Unternehmen immer öfter an die Wall Street flüchten, wie der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna es plant.

Die Alternativen Frankfurt, London, Paris und Amsterdam sind für ein schwedisches Unternehmen wie Klarna offenbar nicht besonders attraktiv, auch weil sich an NYSE und Nasdaq höhere Emissionserlöse erzielen lassen.

Um dem entgegenzuwirken, muss der deutsche und europäische Kapitalmarkt seine Attraktivität für internationale Unternehmen steigern und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehört vor allem, dass sich die wirtschaftliche Lage im Euro-Raum insgesamt stabilisiert, um einer Flucht der Investoren in den vermeintlich stabilen Dollar entgegenzuwirken.

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