Wirtschaft

EconPol: Die Bankenunion schützt die europäischen Banken nicht vor den Auswirkungen des italienischen Haushaltsstreits

Die Haushaltspläne der neuen italienischen Regierung haben dem ifo-Forscher Timo Wollmershäuser zufolge das Potenzial, eine neue Finanzkrise auszulösen.

Wenn die Gondeln Haushaltsstreitigkeiten tragen

„Der Gleichlauf von Risikoprämien für Banken und Staaten im Euroraum hat seit der Rettung zweier italienischer Banken im Juni 2017 wieder deutlich zugenommen und war zuletzt so hoch wie vor Beginn der Bankenunion“, schreibt Wollmershäuser in einem Papier für das Forschungsnetz EconPol Europe. „Es war genau dieser verheerende Zusammenhang zwischen Staaten und Banken, in dem wackelige Bankbilanzen die Zahlungsfähigkeit ihrer Staaten verschlechtern und umgekehrt, den doch die Bankenunion auflösen sollte.“

Die Haushaltspläne der italienischen Regierung und der damit verbundene Streit mit der EU-Kommission haben zu einem deutlichen Anstieg der Risikoaufschläge für italienische Staatsschuldtitel geführt, von durchschnittlich 1,3 Prozentpunkten zwischen Januar und April 2018 auf 3,3 Prozentpunkte im November 2018. Zu den wichtigsten Gläubigern des italienischen Staates zählen italienische Geschäftsbanken. Sie hielten zur Jahresmitte 2018 rund 20 Prozent (350 Milliarden Euro) der ausstehenden Staatsanleihen.

Da die Gläubiger infolge der Rendite-Anstiege Kursverluste bei den Wertpapieren des italienischen Staates verbuchen mussten, die das Eigenkapital der Banken abschmolzen und damit deren Ausfallwahrscheinlichkeit erhöhten, nahmen zeitgleich mit dem Anstieg der Risikoaufschläge für den italienischen Staat auch jene italienischer Banken zu. „Die durchschnittlichen Risikoprämien, die Investoren für Geldleihen an italienische Geschäftsbanken verlangen, haben sich seit Anfang 2018 vervierfacht“, sagt Wollmershäuser. Aber, so fügt er hinzu, auch ausländische Geschäftsbanken halten einen erheblichen Anteil an der italienischen Staatsverschuldung. „Seit Mai 2018 erhöhten sich auch deren Risikoprämien infolge der Kursverluste italienischer Staatsanleihen und liegen aktuell etwa doppelt so hoch wie im Durchschnitt der ersten vier Monate des Jahres.“

Eine Eskalation des Haushaltsstreites gefährdet somit nicht nur die Stabilität des italienischen Bankensystems, das ohnehin durch seinen überdurchschnittlich hohen Anteil ausfallgefährdeter Kredite am gesamten Kreditvolumen geschwächt ist. Er kann sich auch auf die Bankensysteme anderer Länder übertragen, die Forderungen gegenüber dem italienischen Staat halten. Geraten die Banken in finanzielle Schwierigkeiten, besteht die Gefahr, dass die mit einer Bankenrettung verbundenen Risiken auf den jeweiligen Staat, in dem die Banken ihren Sitz haben, übertragen werden. „Gerade dieser Teufelskreis hat während der Weltfinanz- und Eurokrise zu einer Eskalation der europäischen Staatsschuldenkrise geführt“, sagt Wollmershäuser weiter.

Zwar sollte die Bankenunion, die mit der Übernahme der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht durch die EZB im November 2014 effektiv startete, den Risikoverbund zwischen Staaten und Geschäftsbanken durchtrennen. Insbesondere sollten künftig die Verluste, die bei der Abwicklung einer in Not geratenen Bank entstehen, primär die Anteilseigener und Gläubiger einer Bank und nicht mehr der Staat und damit die Steuerzahler tragen. Aus der unmittelbar nach dem Beginn der Bankenunion deutlich gesunkenen Korrelation zwischen den Risikoprämien lässt sich auch schließen, dass dieses Vorhaben zunächst glaubwürdig erschien.

„Der seit 2017 synchronisierte Anstieg der Risikoprämien für Staaten und Banken zeigt jedoch, dass diese Glaubwürdigkeit verspielt wurde. Die Abwicklung der beiden italienischen Häuser Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza im Juni 2017, für deren Liquidation der italienische Staat Beihilfen in Form von Garantien in Höhe von 12 Milliarden Euro und Kapitalzuführungen in Höhe von 5 Milliarden Euro leistete, dürfte wesentlich dazu beigetragen haben.“

Auch wenn diese Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Bankenunion standen, da die Europäische Bankenaufsicht aufgrund der nicht systemrelevanten Größe der beiden Banken die Zuständigkeit der Abwicklung in die Hände der nationalen Aufsichtsregeln delegierte, so widersprachen sie dennoch ihrem Geist. „Der Fall zeigt einmal mehr, dass die von der europäischen Staatengemeinschaft entworfenen Regeln, mit denen eine stabilere Währungsunion erreicht werden soll, genügend Schlupflöcher bieten, sodass die mit den Regeln verbundenen Ziele nicht erreicht werden können“, sagt Wollmershäuser weiter.

(EconPol)

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