Die diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Konflikt werden noch einmal intensiviert. Der amerikanische Präsident Joe Biden will heute mit Regierungschefs verbündeter Staaten und den Spitzen von EU und NATO über das weitere Vorgehen beraten. Thema der Telefonkonferenz soll unter anderem die Aufstockung der russischen Truppen an der Grenze zur Ukraine sein, hieß es aus dem Weißen Haus.
Neben Kanadas Premierminister Justin Trudeau sollen führende Politiker aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Rumänien an dem Gespräch teilnehmen, teilte Trudeaus Büro mit. Auch die Europäische Union und die NATO seien vertreten. Der Westen ist angesichts des russischen Truppenaufmarsches im Grenzgebiet zur Ukraine äußerst besorgt. Befürchtet wird, dass die Verlegung Zehntausender Soldaten der Vorbereitung eines Krieges dienen könnte. Russland weist das zurück.
Biden hatte zuvor gesagt, die Gefahr einer Invasion sei „sehr hoch“. Nach seiner Einschätzung könne es „in den nächsten paar Tagen“ dazu kommen. Es gebe keine Pläne dafür, dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren werde, fügte er hinzu.
Der Kreml erklärte laut der russischen Agentur RIA, Bidens Warnung verstärke die Spannungen noch. Der stellvertretende Außenminister Sergej Werschinin wies vor dem UN-Sicherheitsrat die Befürchtungen des Westens vor einem bevorstehenden Einmarsch erneut zurück. Eine Invasion sei entgegen der Warnungen ausgeblieben. Gleichzeitig gibt es aber beunruhigende Berichte aus der Ostukraine, wo es zu zehlreichen Verstößen gegen die Waffenruhe gekommen ist.
US-Außenminister Antony Blinken will sich nächste Woche mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow treffen – solange Russland nicht in die Ukraine einmarschiert. Terminvorschläge der Russen für Ende nächster Woche seien unter der Bedingung akzeptiert worden, „dass es keine russische Invasion der Ukraine gibt“, erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums.
US-Außenminister Blinken hatte vor dem UN-Sicherheitsrat ebenfalls gewarnt, Russland bereite sich auf einen Angriff in den kommenden Tagen vor. Russlands Plan sei, dafür einen Vorwand zu schaffen. Möglich wären ihm zufolge ein vermeintlicher Terroranschlag in Russland, die „erfundene Entdeckung eines Massengrabes“ und Vorwürfe eines Völkermordes.
Die EU-Kommission rechnet bei einer weiteren Verschärfung des Ukraine-Konflikts mit der Flucht zahlreicher Menschen in die Europäische Union. Geschätzt wird, dass bis zu einer Million Menschen kommen könnten und dass Flüchtlinge, ebenso wie zuvor in Belarus, gegen die EU instrumentalisiert und bewusst als Druckmittel eingesetzt werden könnten.
uwelehmann/ surpress