„Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert, und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren.“ Die vergangenen Tage haben den Gedanken hinter diesem Sprichwort eindrucksvoll bestätigt.
Am 2. April hatten die USA die umfangreichsten Zollmaßnahmen seit fast einem Jahrhundert angekündigt und die Talfahrt an den US-Aktienmärkten noch verstärkt. Dann, am 9. April, als das breit angelegte Zollprogramm in Kraft trat, stiegen die Renditen 30-jähriger US-Staatsanleihen infolge eines Ausverkaufs am Anleihemarkt sprunghaft an. Noch am selben Tag setzte Präsident Donald Trump einen Großteil der Zölle für 90 Tage aus – die Aktienmärkte reagierten mit kräftigen Gewinnen.
Es war eine außergewöhnlich dynamische Woche an den Finanzmärkten. Investoren waren schwer damit beschäftigt, Einführung und Umsetzung der Zölle einzuordnen. Insbesondere in dieser volatilen Phase ist die langfristige Perspektive entscheidend. Tatsächlich hält die derzeitige Wirtschafts- und Marktlage einige Investmentchancen bereit.
Wirtschaft und Inflation
Die Zölle steigen
Die Pause verschafft zwar Verhandlungsspielraum, doch die generelle Richtung ist klar: Höhere Zölle auf absehbare Zeit. Der durchschnittliche effektive US-Zollsatz wurde auf ein Niveau angehoben, das seit den 1930er Jahren nicht mehr erreicht wurde. Die Folgen dürften im Inland stagflationär, und global konjunkturdämpfend wirken.
Die Inflation dürfte wieder anziehen
In den am 10. April veröffentlichten US-Inflationsdaten war ein milderer als erwarteter Preisanstieg im Verbraucherpreisindex (CPI) zu erkennen. Hintergrund ist, dass eine nennenswerte Preisanpassung noch nicht erfolgt war und zeitgleich der Dienstleistungssektor schwächelte. Mit Blick nach vorn rechnen wir jedoch damit, dass die Zollmaßnahmen einen erneuten Anstieg der Inflation auslösen – unklar ist lediglich das Ausmaß.
Verbraucherstimmung sinkt
Die vorläufige April-Erhebung der Universität Michigan, die am Freitag veröffentlicht wurde, zeigte eine Verbraucherstimmung nahe dem Rekordtief und gleichzeitig die höchsten Inflationserwartungen seit 40 Jahren.
Divergenz der Notenbanken?
Wenn die Zölle die Preise in den USA steigen lassen, während zeitgleich schlechter werdende Konjunkturaussichten für Zinssenkungen sprechen, könnte die US-Notenbank in eine Zwickmühle geraten. Im Gegensatz dazu dürften andere Notenbanken bei Zinssenkungen weniger stark eingeschränkt sein.
Märkte und Anlagechancen
US-Staatsanleihe-Auktionen zeigen stabile Marktverfassung
Trotz starken Kursschwankungen stießen die Auktionen für 30-jährige US-Bonds am vergangenen Donnerstag sowie für 10-jährige Papiere am Mittwoch auf reges Investoreninteresse – ein Zeichen für eine stabile und funktionierende Marktinfrastruktur. Auch die kurzfristigen Geldmärkte arbeiteten weiterhin reibungslos.
Renditen blieben innerhalb langfristiger Spanne
Die Kursbewegungen der letzten Woche verliefen zwar in ungewöhnlich hohem Tempo, doch das allgemeine Niveau der Renditen gibt zunächst keinen Anlass zu größerer Sorge. Die Rendite 10-jähriger US-Anleihen liegt wieder auf dem Niveau vom Februar und bewegt sich weiterhin in der Spanne der vergangenen 18 Monate und auch innerhalb der von uns erwarteten mittelfristigen Bandbreite von 3,75 bis 4,75 Prozent. Die Anleiherenditen sind aus unserer Sicht weiterhin attraktiv und bieten in unterschiedlichen Wirtschaftsszenarien einen Puffer – das gilt auch bei einer konstant hohen Inflation oberhalb des Zentralbankziels.
Fallender US-Dollar trotz steigender US-Renditen
Der US-Dollar wertete letzte Woche ab, obwohl die realen US-Renditen zulegten. Wenn die Zölle den Handel einschränken, verringert sich auch der Zufluss ausländischer Ersparnisse in die USA. Das würde natürlich Fragen aufwerfen, inwiefern die Sonderstellung der US-Kapitalmärkte haltbar ist.
Chancen zur Erhöhung globaler Duration
Wir haben die jüngsten Marktbewegungen genutzt, um die Duration – ein Maß für die Zinssensitivität – sowohl in den USA als auch global zu erhöhen, da die Renditen attraktiver geworden sind. Dabei haben wir unser Zinsengagement zuletzt graduell in andere Anleihemärkte außerhalb der USA diversifiziert. Wir verbleiben derzeit bei einer leichten Übergewichtung der Duration. Dabei bevorzugen wir Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren, während wir das lange Ende der Zinskurve untergewichten.
Kreditrisiken und finanzielle Voraussetzungen im Blick
Der drohende Rückgang des Welthandels und die gestiegene Rezessionswahrscheinlichkeit erhöhen das Risiko einer Welle von Kreditausfällen, insbesondere durch unterbrochene Lieferketten. Solange unklar bleibt, wohin die US-Zollpolitik letztlich führt, werden Unternehmen ihre Investitionen voraussichtlich zurückstellen. In Kombination mit hohen Zinsen könnte dies die finanziellen Rahmenbedingungen zusätzlich verschärfen.
Fokus auf Qualität
In der aktuellen Lage halten wir es für sinnvoll, bei Investitionen auf Qualität und Widerstandsfähigkeit zu setzen.
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