Der Wunsch, unabhängig beraten zu werden, steht für die Deutschen bei der Geldanlage ganz oben auf der Liste. Bislang leisten das nur Honoraranlageberater oder die Verbraucherzentralen, die sich direkt vom Kunden vergüten lassen.
Nach einer Studie von NFS Netfonds wünschen sich 97 Prozent der Deutschen eine Beratung mit Empfehlungen, die auf sie zugeschnitten sind. 95 Prozent der Befragten wollen, dass ihr Berater unvoreingenommen bei der Auswahl von Finanzprodukten ist, also unabhängig agiert. Der Wunsch zeigt: Die bisherige Beratung wird als ineffektiv und überteuert wahrgenommen, allzu oft kollidieren die Interessen der Berater mit denen der Kunden. Das zeigt auch die unlängst veröffentlichte Studie der Verbraucherzentralen. Darin wird ein vernichtendes Fazit der Beratungsleistung in Deutschland gezogen und die Gründe vor allem in den durch Provisionen verursachten Interessenkonflikten gesehen: Es gäbe erkennbar bessere und günstigere Produkte für Verbraucher, nur würden diese kaum angeboten, heißt es in der Studie der Verbraucherzentralen. Dieses Problem habe System, so ein Fazit der Studie. Denn die Finanzberatung von Banken, Sparkassen und Finanzvertrieben finanziert sich über die in den Produkten einkalkulierten Provisionen. Dem Interesse des Kunden an günstigen und effizienten Produkten stehe das Interesse des Beraters an hohen Provisionen gegenüber.
„Nachhaltiger Vermögensaufbau funktioniert nur mit unabhängiger Anlageberatung gegen Honorar, da sie frei von Interessenkonflikten ist“, sagt Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der quirin bank AG. Dabei steigt nicht nur der Wunsch der Verbraucher nach unabhängiger Beratung, sondern auch der nach Transparenz. So möchten laut der NFS-Netfonds-Studie 84 Prozent der Befragten wissen, ob und von welchen Unternehmen ihr Berater eine Provision bekommt. „Diese Erkenntnisse beweisen einmal mehr, dass das Misstrauen der Anleger gegenüber dem Provisionsmodell besonders hoch ist“, konstatiert Schmidt.
Politik ist gefordert, MiFID II positiv zu begleiten „Die Politik ist jetzt konkret gefordert, die Vorgaben der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II positiv zu begleiten und in deutsches Recht umzusetzen“, erklärt Schmidt. Auf europäischer Ebene sei die Förderung von unabhängiger Finanzberatung klar erkennbar. Mit der Umsetzung der MiFID-II-Richtlinie zum 1. Januar 2017 soll es ein Zuwendungsverbot für die Vermögensverwaltung und die unabhängige Anlageberatung geben. Damit wird das seit Mitte 2014 in Deutschland für die unabhängige Honoraranlageberatung bereits geltende Provisionsverbot ausgeweitet. Im Gegensatz zur Vermögensverwaltung bleibt es aber zulässig, Anlageberatung auch in abhängiger Form zu erbringen und Provisionen von Produktanbietern zu vereinnahmen. In diesem Fall müssen die vereinnahmten Provisionen nachweislich zum Nutzen des Kunden verwendet werden. Der europäische Gesetzgeber fordert zudem die Aufklärung des Kunden darüber, wie sich die Kosten der Beratung auf die Rendite auswirken. „Die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID II wird die unabhängige Anlageberatung stärken“, erklärt Schmidt. „All dies wird dazu führen, dass das herkömmliche Provisionsmodell stärker unter Druck gerät und sich die unabhängige Anlageberatung gegen Honorar als Alternative im deutschen Banken- und Finanzdienstleistungsmarkt etablieren wird.“
Fast ebenso wichtig wie Qualität und Unabhängigkeit in der Beratung sei es aber auch, die empfohlene Anlagestrategie und deren Umsetzung nicht zu trennen. „Es nutzt dem Kunden nichts, wenn er mit einer bedarfsgerechten Empfehlung zu seiner Hausbank geht und der Berater dort im Gegenzug alles tut, um ihm doch die hauseigenen, teuren und intransparenten Produkte zu verkaufen“, so Schmidt. Entscheidend sei deshalb, dass Beratung und Umsetzung in einer Hand lägen. Dies könnten spezialisierte Honoraranlageberater leisten.