Insbesondere zu folgenden Punkten äußert sich der AfW kritisch:
Der AfW kritisiert die vorgesehenen Aufzeichnungspflichten von Telefongesprächen. Die Implementierung eines solchen Aufzeichnungssystems würde für Gewerbetreibende mit erheblichen Kosten und administrativem Mehraufwand verbunden sein, denen kein nennenswerter Vorteil für die Kunden gegenübersteht. Außerdem besteht die Gefahr, dass viele Gewerbetreibende zukünftig telefonische Dienstleistungen überhaupt nicht mehr anbieten, weil sie die Kosten scheuen oder schlicht nicht tragen können. Die vorgesehene Regelung ist zudem nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Geregelt werden dürfen – wenn überhaupt – nur telefonische Beratungsgespräche. Dementsprechend sind die Passagen, welche sich im Zusammenhang mit Taping auf die Anlagevermittlung ohne Beratung beziehen, von vorneherein zu streichen. Ungeachtet dessen bestehen ernstliche Bedenken, ob die Regelungen hinreichend bestimmt sind.
Die Gewerbetreibenden sollen die nach der Verordnung erforderlichen Aufzeichnungen in ihren „Geschäftsräumen aufbewahren“. Dies ist im Internetzeitalter mit vielfältigen Möglichkeiten, Daten an anderen Orten (z.B. in einer Cloud) zu speichern, nicht praxisgerecht.
Der Entwurf sieht vor, dass Produkte nur innerhalb des definierten Zielmarktes vermittelt werden dürfen. Während für Banken ein Vertrieb auch außerhalb des Zielmarkts zulässig ist, wenn hierfür berechtigte Gründe vorliegen, sind in der FinVermV keine Ausnahmen vorgesehen. Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Insbesondere da nur durch eine flexible Handhabung im Einzelfall ein für den Anleger individuell geeigneter Abschluss gewährleistet werden kann.
Der AfW begrüßt ausdrücklich, dass im Entwurf nicht die für Wertpapierdienstleistungs-unternehmen bestehenden Vorschriften zu den Zuwendungen übernommen wurden. Es wird in der Stellungnahme vorsorglich jedoch detailliert auf die diesbezüglich fehlerhafte und restriktive Verwaltungspraxis der MiFID2-Regelungen durch die BaFin eingegangen,
Mit vielen Verweisungen auf eine EU-Verordnung in der FinVermV mag zwar eine exakte Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben besser gewährleistet sein. Allerdings wird das Verordnungswerk hierdurch erheblich unübersichtlicher und erschwert eine sichere Rechtsanwendung. Insbesondere auch, da an vielen Stellen diese Verweisungen in sich nicht schlüssig sind. Insofern hat der AfW erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
Nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Entwurf keine Übergangsfrist vorsieht. Eine solche ist zwingend erforderlich, um den Gewerbetreibenden eine ordnungsgemäße Umsetzung der umfangreich erweiterten Pflichten zu ermöglichen. Die neuen Pflichten sind zweifelsfrei sehr zeitintensiv in ihrer Umsetzung. Insoweit ist eine Übergangsfrist von mindestens sechs Monaten geboten.
Die Stellungnahme des AfW enthält eine weitere Vielzahl von konkret benannten Kritikpunkten und weist Alternativen auf, um eine sinnvolle Anwendung der neuen Regelungen besser zu gewährleisten.
Geschäftsführender Vorstand des AfW Norman Wirth: „Als Interessenverband der unabhängigen Finanzdienstleister und Makler begrüßt der AfW im Kern einen Großteil der Regelungen als sachgerecht. Positiv ist zu werten, dass der Entwurf das Bemühen erkennen lässt, die Änderungen auf das Notwendige zu beschränken. Allerdings schießt der Entwurf an einigen Stellen doch sehr über das Ziel hinaus. Zudem sehen wir ganz erheblichen Nachbesserungsbedarf bei der rechtstechnischen und systematischen Ausgestaltung. Und: Soweit im Entwurf ein Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung vorgesehen ist, kann man sich ehrlicherweise nicht des Eindrucks verwehren, dass verloren gegangene Zeit auf dem Rücken der Gewerbetreibenden wieder aufgeholt werden soll.“
(Bundesverband Finanzdienstleistung AfW)