In einer Umfrage blicken erfahrene Vermittler auf die Marktveränderung zurück, bewerten die dienstleistungsorientierte Arbeit mit ihren Kunden und nehmen Stellung zu den bevorstehenden Neuerungen. Unter der Überschrift „Was hat sich durch die Vermittlergesetzgebung von 2007 für Kunden und Vermittler geändert?“ beantworteten Vermittler, die länger als zehn Jahre ihrer Tätigkeit nachgehen, Fragen zu den Auswirkungen der damals vom Gesetzgeber eingeführten Regulierungen. Das Resümee zeigt sich zwiespältig bis ablehnend und wirft Fragen zur Sinnhaftigkeit von reglementierenden, gesetzlichen Neuerungen auf.
Zugang zum Vermittlerberuf umstritten
Positiv äußerte sich die überwiegende Mehrheit der Befragten zu der damaligen Einführung von gesetzlichen Regelungen für die Zugangsvorrausetzungen für Vermittler im Versicherungsvertrieb. Diese sorgten, so die Umfrageteilnehmer, für eine langfristig auftretende Qualitätsverbesserung der in ihrem Segment neu hinzugewonnen Vermittler.
Aber auch kritische Stimmen waren in diesem Zusammenhang zu hören. So habe die Regelung nicht die Lücke geschlossen, die Versicherer und Vermittlungs-Gesellschaften noch immer bei der Rekrutierung ihrer Mitarbeiter nutzen. Als Zugang zum Beruf empfinden viele Makler den Abschluss „Fachmann“ (Geprüfte/-r Versicherungsfachmann/-frau IHK) als Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit als zu niedrig. Die Mehrzahl wünscht sich der Umfrage zufolge den „Kaufmann für Versicherungen und Finanzen“ als bindenden Ausbildungsabschluss in der Versicherungswirtschaft.
Ein weiteres Thema der Befragung war die Veränderung des Ausbildungsniveaus in den letzten Jahren. Dabei erhielt die Initiative „gut beraten“ beinahe ausnahmslos unbefriedigende Beurteilungen, denn die gut gemeinten Ansätze seien doch zu oft in der Umsetzung an den Versicherungs-Unternehmen gescheitert. Dies sei darüber hinaus auch auf die vielen Veränderungen bezüglich der Produkte und Bedingungswerke zurückzuführen, die selbst für erfahrene Vermittler zum Teil überfordernd seien. Trotzdem konstatieren die Befragten ein allgemeines Ansteigen des Ausbildungsniveaus.
Wettbewerbs- und Einkommenssituation stagniert
Ein Ziel der Einführung gesetzlicher Regelungen war die Verbesserung der Wettbewerbs- und Einkommenssituation professioneller Vermittler. Hier sehen die Befragten zwar eine Verbesserung insofern, dass der Vermittlermarkt schrumpft und sich die Nachfrage deshalb auf weniger Anbieter verteilt, andererseits jedoch neue digitale Makler auf den Markt drängen. Diese würden die zusätzlich freigewordenen Kapazitäten wieder auf das ursprüngliche Maß zurückschrumpfen lassen. Zusätzlich wird die Einkommenssituation dadurch belastet, dass immer mehr Verwaltungstätigkeit der Versicherer auf die Vermittler übertragen wird, was vor allem zeitliche Ressourcen bindet. Administrative Arbeiten gehen zulasten der Kunden, die selbst die Übersicht über die anfallenden Dokumentationen zu verlieren drohen und keinerlei Mehrwert aus der Menge der Unterlagen ziehen können.
Sehr unterschiedlich äußerten sich die Befragten auch bei der Einschätzung der Professionalisierung der Arbeitsabläufe durch die eingeführten Standards und Kodzies. Unterstützten etwa die Hälfte der Befragten die These, dass die Neuerungen zu Verbesserungen der qualitativen Tätigkeiten geführt hätten, so zeigte sich auch hier eine klare Gegenseite mit einer anderweitigen Einschätzung. Zuviel Protokollierungen und unpraktikable Kodexe lähmen das Geschäft eher, als dass sie es beflügeln. Wiederholt wurden einige der neuen Kodexe als reines Instrument gesehen, dass der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte und nicht der operativen Tätigkeit nützlich sei. Die Frage nach der eigentlichen Sinnhaftigkeit solcher Standards und Kodzies bleibt bestehen.
Vertrauensvolles Verhältnis nicht durch Gesetze regelbar
Zu einem eindeutigen Urteil kommen die Vermittler bei der Frage, ob die damaligen Regelungen den Kundenkontakt positiv beeinflusst hätten. Hier sieht der überwiegende Teil keinerlei Verbesserung, denn sowohl Kunden als auch Vermittler wünschen eine schlanke und unbürokratische Abwicklung von Vorgängen und Antragsprozessen. Dagegen habe die gesetzliche Regelung zu einer Bürokratisierung geführt, die eine kaum zu bewältigende Papierflut bedeute, was auch sicherlich nicht im Sinne der Kunden wäre. Es wird auf den persönlichen Kontakt und die damit einhergehende Vertrauensbasis zwischen Vermittler und Kunden verwiesen, die weder durch Papier noch Gesetzgebung verbessert oder reguliert werden könne. Auch eine positive Entwicklung der Versorgungssituation durch die neuere Gesetzgebung wird durch die Vermittler nicht gesehen.
Nimmt man die Antworten der erfahrenen Vermittler als Grundlage, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn und Zweck der regulierenden Gesetzgebung. Sollte diese ursprünglich dem Wohle der Kunden dienen, so muss man die Initiative der Legislative heute als unzureichend bezeichnen, denn die diversen Gesetze und Änderungen haben die Bürokratie gefördert, was zum Schaden der Kundenbindung geführt habe. Dabei wird in der Umfrage vor allem beanstandet, dass die Förderung eines professionellen Einstiegs in die berufliche Existenz mit dem Preis der „bürokratischen“ Belästigung gezahlt wurde. Die angestrebte wesentliche Verbesserung für Kunden sei nicht erreicht worden. Und auch die Aussichten auf die anstehenden Änderungen werden mit gesteigerten Vorbehalten betrachtet. Der Weg weiterer Regulierungen führt unweigerlich zu noch mehr Verwaltungswesen und weg von der eigentlichen Dienstleistung, so bemängeln die Vermittler.
Regulierungen nicht marktgefährdend
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass sich offenbar die Versorgungssituation mit Versicherungsschutz durch die Gesetzgebung laut der professionellen Zeitzeugen nicht verbessert zu haben scheint. Da drängt sich die Frage auf, ob nicht die „Falschen“ reguliert wurden. Allerdings sollte man auch keine falschen Vorstellungen bezüglich gesetzgeberischer Eingriffe haben. Es ist nicht jeder und alles reguliert, Freiheiten im Markt sind noch immer verbreitet und können genutzt werden.
Eine Intervention des Landes Nordrhein-Westfalen zu den aktuellen Gesetzgebungsverfahren bezüglich „unverhältnismäßiger“ Weiterbildungs-Anforderungen vom Juni dieses Jahres zeigt auf, dass auch das Interesse an zu viel Regulationen von Seiten der Politik eingeschränkt ist. Eine flächendeckende Beratung von Kunden, so heißt es, sei nicht mehr gewährleistet, wenn die „bestehende heterogene Vertriebsstruktur in Deutschland“ nicht berücksichtigt werde. Im Klartext bedeutet dies, dass eine weitgehende Gewährung eines jeden Vermittlers gewünscht sei. Dabei gehen die Verfasser jedoch nicht so weit, Missstände und Fehlentwicklungen der letzten Jahre aufzuführen. Man spricht von „Augenmaß“ und „individuellem Beratungsbedarf“, wenn es um die Zukunft geht.
Nun stehen einmal mehr Veränderungen an – ähnlich wie vor zehn Jahren. Geht es nach eben angesprochener Intervention, so muss sich kein Marktteilnehmer vor den Neuregelungen durch IDD & Co. fürchten. Aber wozu dient dann das Ganze? Führt es nun trotz weiterer Reglements zu einer Nicht-Veränderung der gegenwärtigen Situation? Dann stellt sich die Frage, welchem Zweck die Neuregelungen überhaupt dienen sollen. Die Zukunft wird es zeigen.
(Ingo Blisse, Mein Geld)