Dass unsere technische Ausstattung und das Kinderspielzeug aus Fernost kommen, ist für uns schon normal. Nun könnte es aber auch bald so sein, dass die Regelwerke der Finanzwirtschaft aus China kommen. Wie kann das sein?
Der Gesetzgeber kann unmöglich alle Bereiche der Wirtschaft regeln. Er konzentriert sich daher auf die großen Linien und überlässt die Details anderen Institutionen. Das ist grundsätzlich sehr gut, da in den Institutionen meist Experten arbeiten und eben keine Politiker, die auf die nächsten Wahlen schielen. Da der berühmte Teufel so häufig im Detail steckt, ist die Detailregelung damit meist mindestens so wichtig wie die große Linie. Da stellt sich die Frage: Wer ist verantwortlich für diese Detailregelungen? Wer gestaltet beispielsweise die internationalen Normen?
Aktuell gab es gerade einen Normungsantrag für eine internationale Norm durch den SAC –die Normungseinrichtung aus China. Es geht dort um die „General Principles for ESG Disclosure“ (Allgemeine Grundsätze für die ESG-Offenlegung). Die Chinesen waren mit dem Vorstoß offensichtlich schneller als wir Europäer und haben damit auf das Regelwerk einen höheren Einfluss.
Aus allen Ländern der Welt werden unterschiedliche Normen angestoßen. Und das ist gut so. Normen verbessern die internationale Zusammenarbeit. Sie sorgen für mehr Rechtssicherheit und bessere Kooperation. Gleichzeitig stellen alle Regelungen aber auch die Möglichkeit einer Einflussnahme oder sogar einer Macht-Ausübung dar. Normen bestimmen früher oder später unser ganzes Leben und wir sollten darauf achten, nicht als Beobachter daneben zu stehen, sondern als aktiver Akteur die Regelungen zu gestalten.
Nicht umsonst werden sehr viele ISONormen durch Deutschland beziehungsweise den DIN e. V. eingebracht. Lediglich einige Branchen – wie zum Beispiel unsere Finanzbranche – verschlafen den Trend. Solange die Akteure am Markt nicht hinter den deutschen Normen stehen, ist es schwer, diese Normen auf europäische oder sogar internationale Ebene zu heben. Diese Aufgabe überlassen wir damit anderen Ländern. Und China macht uns jetzt vor, wie das geht. Am Ende laufen wir Gefahr, nach den Vorstellungen anderer Nationen arbeiten zu müssen. Da hilft nur eins: Mitarbeit bei der Entwicklung von Normen und die konsequente Nutzung der Normen.
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WOLFGANG KUCKERTZ