In der Sommerpause regulierte die Bundesregierung im Eiltempo die Lebensversicherung. Die massiven Veränderungen betreffen nicht nur die Versicherungsindustrie, sondern auch die Vermittlerwelt. Einige Reformen waren durch die andauernde Absenkung des Höchstrechnungszinses zu erwarten, insbesondere wenn man bedenkt, dass in den nächsten Jahren eine hohe Anzahl von Versicherungsverträgen mit 4 bzw. 3,5 Prozent zur Auszahlung kommen. Von Vermittlerseite aus war mit den Reformen zu rechnen. Die Regulierungen für Berater und Makler fingen schon vor einigen Jahren mit dem Paragrafen 34d und dann 34f an. Die Beratungsqualität sollte soweit optimiert werden, dass der Status des Honorarberaters anerkannt werden sollte. Nun geht es in der Vermittlerwelt um die Absenkung des Höchstzillmersatzes von 40 auf 25 Promille, was selbstverständlich Auswirkungen auf die Vergütung der Vermittler haben wird. Doch genau was diesen Punkt betrifft, ist ein neues Vergütungsmodell schon längst überfällig, welches nicht nur die Kosten bei den Versicherern reduzieren soll, sondern auch den Vermittlern durch Bestandsprovisionen ein langfristiges Überleben ermöglicht. Eine Bestandsprovision bedeutet Werthaltigkeit und somit eine garantierte Altersvorsorge für den Berater. Das Problem ist eine für alle Seiten akzeptable, vertragliche Umsetzung. Damit ist nicht nur die Übergangszeit von einer einmaligen Provisionsauszahlung hin zu einem Mix von einmaliger und Bestandsprovision gemeint, sondern auch von Vergütungsmodellen aller Art, die die Vermittler anbieten können. Jedes Vergütungsmodell hat seine Berechtigung, es stellt sich nur die Frage: Wie können Vermittler eine qualifizierte Vergütung und Kundenorientierung umsetzen, ohne dabei ihre Existenz auf das Spiel zu setzen?
Einer der Kernpunkte des neuen Gesetzes ist die Absenkung des Höchstrechnungszinses, da befürchtet wird, dass die Lebensversicherung für den Kunden nicht mehr attraktiv genug ist. Dabei sind jedoch zwei entscheidende Faktoren zu beachten. Jede Art der Garantie (Zinsgarantien) in einem Versicherungsvertrag kostet Geld, welches dann in der Überschussbeteiligung fehlt. Darüber hinaus gibt es zurzeit kein anderes Produkt auf dem Markt, das eine lebenslange Rente garantiert. Bei jeder anderen Anlageform gibt es eine einmalige Auszahlung, die nur über eine begrenzte Zeit verteilt werden kann. Die Lebensversicherung hingegen bietet eine lebenslängliche Rente an, was bei der heutigen Lebenserwartung oft bedeutet, dass die Einzahlungsdauer fast so lange ist wie die ausgezahlte Rentendauer.
Ein weiterer entschiedener Punkt der Reform ist die Regelung der Verteilung der Bewertungsreserven. Man könnte davon ausgehen, dass die Rückkaufswerte bei einer Kündigung höher sind als in der Vergangenheit, doch dies sollte sorgfältig geprüft werden, da die Berechnungen von den Sockelbeiträgen abhängig sind. Die gesetzlich gewollte starke Beteiligung der Versicherungsunternehmen an den Risikoüberschüssen (von 75 auf 90 Prozent) könnte dazu führen, dass Produkte im Bereich Risiko-, Berufs- und Pflegeversicherung teurer werden. Eine Deckelung der möglichen Gewinne steht für die Versicherer im Gegensatz zur weiterhin unverminderten Leistungspflicht.
Fakt ist, die Gesellschaften und Vertriebe müssen sich beeilen, um geeignete Lösungen zu entwickeln, denn die Anzahl der Berater schwindet. Gegenüber dem Höchststand des Vermittlerregisters von Anfang 2011 haben knapp 21.000 Vermittler den Markt verlassen.
Eine Bereinigung des Marktes war zu erwarten, doch nicht auf Kosten von qualifizierten Beratern oder Verlusten von geeigneten Produkten. Mehr denn je ist die Zusammenarbeit von Versicherungsgesellschaften mit Vermittlern gefragt, insbesondere für den weiterhin bestehenden sozialpolitischen Auftrag der Altersvorsorge.
I. Hägewald