Der Global Infrastructure Outlook von Oxford Economics geht davon aus, dass bis 2040 in den 50 Ländern, die in die Untersuchung einbezogen wurden, ein Investitionsbedarf in die Infrastruktur in Höhe von 94 Billionen US-Dollar besteht. Diese Summe wäre nötig, um die länderspezifischen Defizite im Schienen-, Flug- und Straßenverkehr, in der Energie- und Wasserversorgung sowie bei Krankenhäusern und Schulen zu schließen.¹
Das McKinsey Global Institute schätzt den jährlichen Infrastruktur-Investitionsbedarf für Europa auf 500 Milliarden US-Dollar, sieht aber ein Investitionsdefizit von 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr mit steigender
Tendenz. Grund für dieses Defizit ist der hohe finanzielle Druck, unter dem die europäischen Staaten aktuell stehen, etwa wegen wachsender Zahlungsverpflichtungen für Renten und Gesundheitsversorgung oder der Bewältigung von Krisen wie der Corona- Pandemie. Gleichzeitig ziehen sich traditionelle Kredit- geber wie Banken infolge neuer regulatorischer Anforderungen zunehmend aus diesem Geschäftsfeld zurück.²
Diese Situation bietet Chancen für private Investoren. Denn: Es gibt eine wachsende Zahl von Infrastruk- turprojekten, die für Anleger interessant sein könnten.
Was Investoren derzeit mindestens ebenso umtreibt wie die Suche nach positiven Renditen sind nach- haltige Anlagelösungen, die Umweltaspekte (Environment), soziale Fragen (Social) und Kriterien der Unternehmensführung (Governance) berücksichtigen. In diesem Zusammenhang könnte der ECPI Global ESG Infrastructure Index für Anleger von Interesse sein, der Unternehmen mit hohen ESG-Bewertungen aus dem Infrastruktursektor zusammenstellt.
Der gleichgewichtete Index der ECPI-Gruppe mit Sitz in Mailand umfasst die 100 Unternehmen weltweit, die sich am intensivsten an der Entwicklung und Erhaltung nachhaltiger Infrastruktur beteiligen und Anlegern gute Perspektiven bieten. Die Indextitel, die ein ECPI ESG-Rating zwischen EEE (sehr gut) und
E- (befriedigend) aufweisen müssen, sind in sechs Themenbereiche untergliedert: Kommunikation, Energie, Transport, Abfallwirtschaft, Wasser und soziale Infrastruktur (zum Beispiel Schulen, Kranken- häuser, Seniorenheime). Die Mindestmarktkapitalisierung der in den Index aufgenommenen Aktien muss 500 Millionen Euro betragen und das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen der letzten sechs Monate über fünf Millionen Euro liegen. Waffenhersteller und Tabakproduzenten sind ausgeschlossen, sofern der Anteil dieser Tätigkeitsbereiche am Umsatz des Unternehmens mehr als zehn Prozent beträgt. Unternehmen, die systematisch die UN Global Compact-Prinzipien verletzen, werden ebenfalls nicht in den Index aufgenommen. Eine Überprüfung und ein eventueller Austausch der Indexbestandteile finden zweimal im Jahr im Januar und Juli statt.
Der nachhaltige Ansatz des Index zeigt sich besonders deutlich im Energiesektor. Aufgenommen werden nur Versorger, deren CO2-Bilanz dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens entspricht.
Ist der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens nicht verfügbar, kann es nur dann in den Index aufgenom- men werden, wenn es maximal zehn Prozent der benötigten Energie aus Kohle beziehungsweise maximal 30 Prozent aus Öl, Gas oder Kernenergie bezieht. Zudem wird auch hier darauf geachtet, dass die Unter- nehmen die UN Global Compact-Prinzipien einhalten.
Vor dem Hintergrund nachhaltiger Überlegungen ist es Anlegern auch immer wichtiger, dass ihre Investi- tionen den 17 Sustainable Development Goals entsprechen, die die politische Zielsetzung für eine nach- haltige ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung der Vereinten Nationen (UN) zusammen- fassen. Der ECPI Global ESG Infrastructure-Index steht im Einklang mit Ziel 3 (Gesundheit und Wohl- ergehen), Ziel 4 (Hochwertige Bildung), Ziel 6 (Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen), Ziel 7 (Bezahl- bare und saubere Energie), Ziel 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur) sowie Ziel 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) der Sustainable Development Goals.
(CLAUS HECHER, Leiter ETFs & Indexlösungen (D/A/CH) bei BNP Paribas Asset Management)
1 Oxford Economics, 2017
2 McKinsey & Co., 2017