1992 wechselte Meyer zu Drewer als Fondsmanager zu der ADIG Investment GmbH, der ehemaligen Kapitalanlagegesellschaft der Commerzbank (heute Teil von Allianz Global Investors), in Frankfurt.
Während dieser Tätigkeit war Thomas Meyer zu Drewer für die Verwaltung von Indexfonds, das sogenannte passive Management, verantwortlich und ist durch diese Tätigkeit einer der Pioniere im Bereich des indexbezogenen Investierens in Deutschland.
Im Jahr 1999 übernahm er die Leitung des Fondsmanagements der Activest Investmentgesellschaft mbH (heute Pioneer Investments Kapitalanlagegesellschaft mbH), einer Tochtergesellschaft der HypoVereinsbank in München. Drei Jahre später wechselte Thomas Meyer zu Drewer als Chief Investment Officer (CIO) und Vorstandsmitglied zu der zur HypoVereinsbank-Gruppe gehörenden INDEXCHANGE Investment AG, einem Anbieter von börsengehandelten Indexfonds (ETFs), der heutigen iShares Deutschland GmbH.
Ab Januar 2006 war Meyer zu Drewer für Société Générale tätig, wo er das Geschäft mit Lyxor Exchange Traded Funds in Deutschland und Österreich aufbaute und leitete. 2011 kehrte Thomas Meyer zu Drewer als Geschäftsführer für die ETF Marke ComStage zur Commerzbank zurück.
Herr Meyer zu Drewer, als Volkswirt hätten Sie in verschiedensten Bereichen arbeiten können. Warum haben Sie sich für eine Tätigkeit in der Finanzindustrie entschieden?
Meyer zu Drewer: Eigentlich war es ein Zufall, der mich in die Finanzindustrie geführt hat. Nach Abschluss meines Studiums hatte ich Angebote von Arbeitgebern aus verschiedenen Branchen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwar noch keine praktischen Erfahrungen im Portfoliomanagement, aber ein Interesse an Investmentfonds. Da mir das Angebot der Commerzbank am meisten zusagte, entschloss ich mich dazu, hier eine Traineeausbildung zu beginnen.
Sie haben ihre Karriere bei einem Anbieter gestartet, der für aktives Management bekannt war, wie sind Sie in den Bereich der passiven Produkte gekommen?
Meyer zu Drewer: Die ADIG war zwar für ihre aktiv gemanagten Fonds bekannt, ergänzte das Angebot dann aber auch um Indexfonds. Noch etwas genauer gesagt war es die Commerzbank als einer der Eigentümer der ADIG die sich im Jahr 1988 als erste in Deutschland mit dem Management von indexbasierten Anlagen beschäftigte und entsprechende Produkte auf den Markt gebracht hatte.
Warum passiv? Ich bin der Ansicht, dass sich jeder Portfoliomanager längerfristig auf seine Stärken konzentrieren sollte und muss, um erfolgreich an den Märkten agieren zu können. Denn nicht jeder Fondsmanager kann in allen Bereichen herausragend sein und daher gelingt es vielen nicht, für ihre Anleger einen Mehrwert, die sogenannte Outperformance, zu erzielen. Viele Studien zu der Wertentwicklung von aktiv gemanagten Fonds zeigen, dass es der Durchschnitt der aktiven Manager nicht schafft, seine Benchmark zu schlagen.
Aus diesem Grund bin ich übrigens ein passionierter Verfechter des sogenannten Core-Satellite-Ansatzes. Bei diesem Ansatz kann der Anleger seine Marktmeinung und die sich daraus ergebende Aufteilung des Portfolios (Asset Allocation) mit passiv und aktiv gemanagten Produkten umsetzen. Wobei Investoren immer bedenken sollten, dass die grundsätzliche Aufteilung von anzulegendem Geld auf Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Rohstoffe, Immobilien und so weiter einen wesentlich größeren Einfluss auf die Wertentwicklung des Portfolios hat als die Auswahl von Einzeltiteln. Mit anderen Worten: Es ist also meist wichtiger, die richtigen Anlageklassen auszuwählen als einen Fondsmanager zu finden, der in seinem speziellen Anlagesegment besser als der Index ist.
Wie sollten Anleger diesem Ansatz nach ETFs nutzen?
Meyer zu Drewer: Da börsengehandelte Indexfonds den ihnen zugrundeliegenden Index nachbilden, erfordert der aktive Einsatz dieser Produkte Grundkenntnisse in der Vermögensaufteilung und über Märkte sowie der Renditeerwartungen an einzelne Anlageklassen. Da ETFs aber, wie gesagt, einen Markt oder ein Marktsegment abbilden, können Anleger durch den Einsatz von ETFs ihre Markteinschätzung sehr exakt in ihrem Portfolio abbilden. Dementsprechend sind ETFs besonders gut für die Umsetzung der strategischen oder langfristigen Asset Allocation geeignet. Ihre Liquidität und vergleichsweise geringe Handelskosten legen zudem den Einsatz bei taktischen Anpassungen nahe.
Hinzu kommen die grundsätzlich niedrigen Managementgebühren bei börsengehandelten Indexfonds. Dieser Kostenvorteil führt im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds gerade langfristig dazu, dass ETFs dem Investor einen Wertentwicklungsvorteil bringen können. Treu nach dem Motto „Performance durch Kosten, die nicht entstanden sind“.
Das klingt jetzt so als wären ETFs nur für professionelle Anleger oder Vermögensverwaltungskunden geeignet. Sollten Privatanleger auch in ETFs investieren? Meyer zu Drewer: Absolut. ETFs sind für alle Privatanleger geeignet, die keine aktive Allokation in ihrem Portfolio durchführen wollen. Denn wie gesagt, der Großteil der aktiven Manager schafft es aufgrund der für das aktive Management anfallenden Kosten nicht, die Benchmark, also den Markt, zu schlagen. Entsprechend haben Anleger, die zum Beispiel bei ihrer Altersvorsorge oder anderen langfristigen Sparzielen auf ETFs setzen, den Vorteil, dass sich ihr Investment besser entwickelt als der Durchschnitt der aktiv gemanagten Fonds. Gerade langfristig betrachtet hat jeder Basispunkt an zusätzlicher Rendite große Auswirkungen auf den Betrag, der am Ende der Laufzeit verfügbar ist.
Wenn man die Zahlen zu der Nutzung von ETFs und der daraus resultierenden Mittelzuflüsse betrachtet, stellt man fest, das gerade die Nachfrage von Privatanlegern stark wächst. Der größte Wachstumstreiber dabei ist derzeit sicherlich noch der Einsatz von ETFs durch Vermögensverwalter und Anlageberater in den Portfolios von vermögenden Privatkunden. Aber auch die Nutzung von Sparplänen mit börsengehandelten Indexfonds ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Gerade hier zeigt sich, dass die Idee des ETFs, allen Kunden einen preislich attraktiven und effizienten Zugang zu den globalen Wertpapiermärkten zu geben, auch bei Privatanlegern angekommen ist. Klar ist, dass die Zahl der ETF-Anleger noch ausbaufähig ist im Vergleich zu Anlegern, die in aktiv gemanagte Produkte investiert sind. Klar ist aber auch, dass sich das über die Zeit aber deutlich verändern wird.
Bei der Fondsauswahl wird häufig behauptet, dass Anleger, die auf ETFs setzen, auf die Chance eines Mehrertrages verzichten. Wie sehen Sie diesen Kritikpunkt?
Meyer zu Drewer: Diese Aussage ist zwar grundsätzlich richtig, doch selbst wenn es dem Anleger gelingen sollte einen aktiv gemanagten Fonds auszuwählen, der sich besser entwickelt als sein Index, wird es sehr wahrscheinlich einen anderen Fonds geben, der noch besser war. Somit hat der Anleger zwar auf den ersten Blick die richtige Wahl getroffen, muss sich aber trotzdem ärgern, da er nicht den besten Fonds ausgewählt hat. Zudem gibt es aber auch die deutlich wahrscheinlichere Möglichkeit, dass sich der ausgewählte Fonds schlechter entwickelt als der jeweilige Markt. In diesem Fall würde der Anleger seine Auswahl, im Sinne der entgangenen Rendite, dann teuer bezahlen. Aus meiner Sicht ist es daher durchaus sinnvoll auf einen ETF zu setzen, da der Anleger mit diesen Produkten zumeist besser abschneidet als der Durchschnitt aller aktiven Anleger.
Bei der Fondsauswahl, wie auch bei der späteren Beurteilung der Ergebnisse, müssen Anleger beachten, dass an der Börse die mögliche Zukunft, also Fantasie, gehandelt wird. Aber diese ist in aller Regel nicht zuverlässig vorhersehbar. Also wissen Anleger erst heute, was sie gestern hätten kaufen sollen. Dies führt dazu, dass Investoren ihre Anlageentscheidung im Nachhinein oftmals falsch bewerten. Sich von dem Satzanfang „hätte ich doch…“ zu befreien, ist die grösste Disziplin, die Anleger aufbringen müssen.
Wieviele ETFs sollte ein gut strukturiertes Portfolio enthalten?
Meyer zu Drewer: Ein gut strukturiertes Portfolio sollte breit gestreut sein, da Diversifikation dabei hilft, während einer Krise die Verluste im Portfolio zu reduzieren. Um eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen hinweg zu erreichen, benötigt ein Anleger 6 – 10 ETFs mit unterschiedlichen Anlageschwerpunkten in seinem Portfolio. Der Ausgangspunkt kann dabei ein ETF auf den MSCI World Index sein, da dieser weltweit gestreut in eine Vielzahl von Unternehmen aus Industrieländern investiert. Wer sein Aktienportfolio noch breiter aufstellen möchte, könnte dann zum Beispiel noch den MSCI Emerging Markets hinzukaufen. Damit investiert der Anleger dann nicht nur in die Industrienationen, sondern auch in Schwellenländer.
Bei dem Aufbau des Portfolios sollten die Anleger meiner Ansicht nach zwei grundlegende Dinge beachten. Erstens: Das Portfolio sollte in seiner Struktur übersichtlich bleiben, damit der Anleger gezielte Entscheidungen treffen kann. Zweitens: Investoren sollten darauf achten, dass sie bei der Kapitalanlage nicht zu stark auf ihren Heimatmarkt setzen, den sogenannten Home-Bias vermeiden, da sie so die Chancen einer weltweiten Anlage verpassen und ihr Portfolio zudem dem Risiko einer lokalen Krise aussetzen.
Da ETFs Bausteine für die Portfoliokonstruktion sind, die durchaus aktiv genutzt werden sollten, können alle Anleger, die über eine entsprechende Expertise bei der Kapitalanlage verfügen, ihr Portfolio hinsichtlich der Anlageregionen und –themen sicherlich selbst zusammenstellen. Alle anderen Investoren sollten einen Anlageberater hinzuziehen, der ihnen hilft, ihr Portfolio entsprechend ihres Risikoprofils und Anlagehorizonts zu gestalten.
Sie sprachen im Bezug auf das zukünftige Wachstum der ETF-Branche auch Privatanleger als Wachstumstreiber an. Gerade in diesem Bereich sind ETFs aber noch nicht wirklich präsent. Was muss die Industrie tun, um auch diese Anlegergruppe für sich zu gewinnen?
Meyer zu Drewer: Gerade Privatanleger wünschen sich für ihre Anlageentscheidungen einfachen Zugang zu transparenten Informationen. Hier hat die ETF-Branche im Vergleich zu anderen Produkten sicherlich schon heute eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Herausforderung ist jedoch, dass alle Anbieter miteinander im Wettbewerb stehen. Dies bedeutet, das jeder Anbieter nur Informationen zu seinen Produkten zur Verfügung stellt und natürlich auch nur auf die Vorteile seiner Produkte im Vergleich zur Konkurrenz hinweist. Dies kann bei den Anlegern zu Irritationen führen, was im schlimmsten Fall zur Folge hat, dass Anleger gar nicht in ETFs investieren. Das heißt, im Bereich der sogenannten „Client-Education“ müssen wir alle noch mehr machen, um als Industrie neue Kundengruppen erschließen zu können.
Allerdings kann die ETF-Industrie nicht die ganze Arbeit leisten und ist auf die Unterstützung von Medien, Verbänden und Dienstleistern angewiesen. Gerade im Bereich der Informationsaufbereitung und Auswertung ergeben sich meiner Ansicht nach interessante Geschäftsfelder, die einzelne Unternehmen für sich nutzen können. Dies spiegelt sich insbesondere in der Entwicklung der unabhängigen Informationsplattformen in Deutschland, wie aber auch in ganz Europa wider.
Was war bisher Ihre größte Herausforderung?
Meyer zu Drewer: Natürlich gab es in meinem Leben einige große Herausforderungen. Was mich jedoch über meinen gesamten Berufsweg hinweg begleitet, ist die intensive Zusammenarbeit und der Austausch mit unseren Kunden. Diese haben sehr hohe Anforderungen an ihre Anlageprodukte. Die Aufgabe, von der Idee des ETFs und der Qualität unserer Produkte zu überzeugen, fordert und freut mich jeden Tag aus Neue. Dabei ist mir jeder Kunde wichtig!
Vielen Dank für das Gespräch.